Konzepte

Die Rolle von Motivation im Coaching

Die Karriereleiter schwungvoll erklimmen

Eine Besonderheit von Coaching ist es, dass ohne die Mitarbeit des Klienten keine Wirkung möglich ist. Motivation ist also eine nötige Voraussetzung für Wirksamkeit. Und zwar über den gesamten Coaching-Prozess hinweg und sogar noch darüber hinaus. Doch wer kennt ihn nicht – den inneren Schweinehund? Was sich im Coaching gut anhört, muss im Business-Alltag erstmal umgesetzt werden. Die Motivation des Klienten im Coaching aufrechtzuhalten, ist demnach eine wesentliche Aufgabe von Coaches.

15 Min.

Erschienen im Coaching-Magazin in der Ausgabe 4 | 2016 am 23.11.2016

Coaching hat viele Wurzeln: Eine kommt aus dem Sport. Coaches stehen in diesem Kontext am Spielfeldrand und rufen den Spielern auf dem Feld zu, welcher Spielzug von außen betrachtet sinnvoll erscheint. Dieses Bild ist zwar eindrücklich, doch wohl kaum genauso auf die Praxis im Business-Coaching zu übertragen. Wie gelingt es also dem Coach, die Motivation des Klienten für dessen nächsten Zug zu fördern?

Das Erleben von Motivation ist ein komplexer psychischer Prozess, der sich spürbar emotional ausdrückt, von bewussten und unbewussten Bedürfnissen konstituiert wird und situativ unterschiedlich ist.

Die tagtägliche Motivation entsteht durch Grundbedürfnisse und Motive, die in einer Situation ausgelöst werden. Ähnlich wie bei Persönlichkeitsmerkmalen unterscheiden sich Menschen in der Ausprägung ihrer grundliegenden Motive. Was für den einen z.B. interessant ist, nimmt der andere gar nicht wahr. Motive setzen uns also eine Art Brille auf, durch die wir Situationen bewerten. In Folge dessen stellt sich eine aktuelle Motivation ein oder eben nicht. Zur tatsächlichen Umsetzung der Motivation ist dann ein fester Willensentschluss nötig. Nur weil ich z.B. gerade Hunger und Lust auf ein Eis habe, gehe ich noch nicht zum Kühlschrank, wenn die Sendung im Fernsehen gerade zu spannend ist. Daran wird auch deutlich, dass sich unterschiedliche Motive gegenseitig widersprechen können. Im Grunde genommen ist sämtliches menschliches Verhalten auf motivationale Ziele ausgerichtet. Mit jeder Handlung wollen wir etwas erreichen oder vermeiden (Annäherungs- oder Vermeidungsziele) (Grawe, 2004). Dabei konkurrieren viele Ziele miteinander. Es muss also im Coaching erst klar werden, welches Ziel als nächstes wirklich verfolgt werden soll.

Daher ist das übergeordnete Ziel eines Coachings, die individuellen Grundbedürfnisse und Motive kennenzulernen, miteinander in Einklang zu bringen und im beruflichen Kontext ausleben zu können (Schiersmann et al., 2015).

Phasen im Motivationsprozess

Sicher kennt jeder das Gefühl, eigentlich etwas tun zu müssen, doch man beginnt einfach nicht damit. Gerade wenn die Tätigkeit mit etwas Unangenehmen verbunden ist, Mut erfordert oder nicht klar ist, was überhaupt konkret als nächstes zu tun wäre, ist der innere Schweinehund mächtig genug, uns abzuhalten. Das kennen auch Coaches, wenn Klienten z.B. die To-dos aus der letzten Sitzung nicht erledigt haben oder den Termin plötzlich verschieben.

Motivation ist ein Prozess, der Bestandteil des gesamten Coachings ist: Bereits zur Kontaktaufnahme ist Motivation wichtig. Wird der Klient geschickt oder kommt er freiwillig? Warum kontaktiert er ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt einen bestimmten Coach? Welche Hoffnung ist mit dem Coaching verbunden? Direkt zu Beginn des Coachings ist also eine Abstimmung hinsichtlich Anlass, Anliegen und Auftrag nötig.

Bei der Zielklärung kann es durchaus sein, dass Motive im Konflikt zueinander stehen. Der Klient benennt ein Ziel, doch unbewusst ist ihm etwas anderes viel wichtiger. Das muss erst einmal bewusst werden. Dabei sind Ziele hierarchisch angeordnet. Es kann daher hilfreich sein, das konkrete Coaching-Ziel in einen größeren Zusammenhang einzuordnen und die Stimmigkeit bezogen auf den übergeordneten Sinn zu prüfen. Um also ein motivierendes Ziel zu erarbeiten, ist es nötig, bewusste und unbewusste Motive zu kennen sowie in sinnhafte Ziele zu übersetzen.

Ist das Ziel klar, ist Motivation nötig, um die Schritte zur Zielerreichung zu gehen. Um vom guten Willen wirklich aktiv zur Tat zu schreiten, sind zudem der feste Entschluss und eine positive Erfolgserwartung wichtig – der sogenannte Rubikon muss überschritten werden und es gibt dann kein Zurück mehr (Grawe, 2004). Diese werden stets von Emotionen begleitet. Emotionen sorgen für die nötige Energie, die zur Umsetzung erforderlich ist.

Nach dem Rubikon, also dem Entschluss, weichen Unsicherheit, Abwägen und Zögern der Sammlung von Informationen und der Erstellung von Plänen. Dabei sollte man bedenken, dass der Klient nun in gewisser Weise Scheuklappen trägt (Goal Shilding). Informationen werden nur noch gemäß ihrer Zielkonformität bewertet. Der Entschluss steht fest und das Ziel wird anvisiert. Dies ist wichtig, um den Fokus in der Phase der Umsetzung zu behalten. Als Coach sollte man daher dabei achtsam sein, damit keine wichtigen Informationen verdrängt werden.

Auch nach der Umsetzung kann ein Coach einen wichtigen Beitrag für die künftige Motivation des Klienten leisten: Bei der Evaluation der Umsetzung sollte die Selbstwirksamkeit des Klienten gestärkt werden. Gemeinsam kann analysiert werden, welche Stärken eingesetzt wurden, was Erfolg bringend war oder welche Umstände vielleicht einfach unglücklich waren, was daraus gelernt wurde, etc. Diese Sammlung ist wichtig, da positive Selbstwirksamkeitserfahrungen den Ressourcenpool für künftige Herausforderungen füllen. Wurde das Ziel trotz Anstrengung und angemessener Planung nicht erreicht, kann es in dieser Phase durchaus sinnvoll sein, sich davon zu lösen und das Ziel gemeinsam neu auszurichten, bevor Motivation und Selbstwert leiden.

Veränderungen, die im Coaching angestoßen werden, erfolgen meistens nicht von jetzt auf gleich, sondern brauchen Zeit zum Gedeihen. Diesen Veränderungsprozess bis zum Schluss engagiert zu gehen, erfordert Mut und Motivation vom Klienten sowie eine flexible und bedürfnisangepasste Unterstützung vom Coach. An den zwei folgenden Fallbeispielen werden die Bedeutung und Entwicklung von Motivation im Prozess veranschaulicht.

Fall 1: sich selbst im Lot ausrichten

Der Klient in diesem Praxisbeispiel war Berater in einem mittelständischen Unternehmen der IT-Branche. Er startete dort direkt nach dem Studium in den Beruf, da er über persönliche Kontakte fast zufällig von der Ausschreibung erfuhr und eine Beraterrolle seine Neugier weckte. Nach drei Jahren war er an einem Punkt angekommen, an dem die anfängliche Euphorie nachgelassen hatte, und er hinterfragte sich: Was bedeutet Karriere eigentlich? Ist es der Umstand, einen angesehenen Job zu haben, der auch gut bezahlt wird, wert, ständig auf Achse zu sein?

Eine Alternative wäre es gewesen, das Familienunternehmen seines Vaters zu übernehmen, was dieser sehr gern gesehen hätte. Eine weitere Möglichkeit wäre es auch gewesen, einfach weiterzumachen wie gehabt, denn eigentlich lief es gut und vielleicht waren nur die Ansprüche zu hoch. Es galt also, nach dem erfolgreichen Start in das Berufsleben das persönliche Lot dafür zu finden, was Karriere ausmacht. Außerdem war wichtig zu sehen, wo der Weg langfristig hingehen sollte und zu prüfen, ob zu diesem Zeitpunkt nachjustiert werden musste.

Karriere ist nicht gleich Karriere

Welche Motive standen also hinter dem Wunsch, sich beruflich neu zu orientieren? Die vordergründig attraktiv wirkenden Positionen als viel reisender Berater oder Unternehmer mussten nicht zu den individuellen Zielvorstellungen und Grundbedürfnissen des Klienten passen. Das gesellschaftlich skizzierte und vielleicht verzerrte Bild von Karriere im Sinne von „schneller, höher, weiter!“ steht oft im Konflikt mit persönlichen Motiven. Was bedeutet Karriere individuell, wenn es nicht dem allgemeinen Bild der Karriereleiter entspricht? Das Bedürfnis des Klienten in diesem Beispiel lag zunehmend darin, zuhause bei seiner Freundin bleiben zu können, eine Familie zu gründen und geregelte Arbeitszeiten zu haben, anstatt viel gefragt und immer auf Achse zu sein. Die Frage war also: Wann lohnt sich Karriere und was meint Karriere überhaupt?

Im Wandel der Zeit

Eine wirkungsvolle Methode, um herauszufinden, welche persönlichen Ansprüche der Klient an seine individuelle Karriere stellt, war in diesem Fall die „Geburtstagsrede“: Was sollten meine Familie und engen Freunde über mich an meinem 80. Geburtstag zu sagen haben? Alternativ könnte diese Aufgabe sogar aus der eigenen Grabesrede bestehen. Mit dem Blick vom Ende her werden wichtige Dinge plötzlich klar. Diese Aufgabe hilft, den Fokus zu weiten und aus dem aktuellen, stressigen, befangenen Hier und Jetzt den Blick auf die Zukunft zu richten. Damit wurde eine Hierarchie der wichtigsten Werte und Bedürfnisse im Beruf aufgestellt.

Ergänzt wurde diese mit dem Schulterblick zurück: Dabei notierte der Klient seine wichtigsten beruflichen Stationen jeweils auf einer Karte. Zusätzlich schrieb er sein Gefühl, das Ausmaß an Zufriedenheit sowie die eingebrachten Stärken auf. Die Karten wurden entlang eines Zeitstrahls auf den Boden gelegt, sodass Station für Station abgegangen und reflektiert werden konnte. Im Nachhinein betrachtet ergibt sich oft plötzlich ein sinniges und stimmiges Bild der individuellen Berufsbiografie und die einzelnen Stationen fügen sich wie Teile zu einem großen Puzzle zusammen. Auf diese Weise wurden Interessen und Tätigkeitsschwerpunkte des Klienten gesammelt, die als Ressourcen bei neuen beruflichen Herausforderungen wirken. Mit dem Wissen um die persönlichen Zufriedenheitskriterien fiel es ihm leicht, die nächsten Schritte des individuellen Karriereweges zu definieren und motiviert zu gehen.

Ergebnis

Für den Klienten in dem Fallbeispiel bestand die Lösung darin, eine Tätigkeit zu finden, in der zwar eine anspruchsvolle Aufgabe zu bewältigen ist, doch die Rahmenbedingungen die Vereinbarkeit mit der Familie zulassen. Inhaltlich sollte sie nach wie vor in der IT-Branche angesiedelt sein, da das schon seit der Kindheit einem Interessensfokus des Klienten entsprach. Nachdem das Lot ausgerichtet war, fand er scheinbar wie von selbst eine neue, herausfordernde Position in einem kooperierenden Unternehmen. Die neue Rolle beinhaltete nun auch Führungsverantwortung, doch kaum Reisetätigkeit. Noch wichtiger als diese objektiven Merkmale war das subjektive Gefühl des Klienten bei der Bewertung der Karrierechance: Er wusste, was Karriere bedeutet – für ihn ganz individuell. Daher schaffte er es, sich von gesellschaftlichen Ansprüchen und elterlichen Erwartungen zu befreien und zufrieden und selbstbewusst seine persönliche Karriereleiter weiter zu erklimmen. Dabei hatte er nach der Arbeit Zeit für Familie und Freunde. Er ist nach wie vor eine ausgeglichene Führungskraft, die einen zwanglosen, souveränen Führungsstil an den Tag legt.

Fall 2: Vorsicht Rückfallgefahr

Die Klientin des zweiten Fallbeispiels war zu Beginn des Coachings Führungskraft im mittleren Management eines öffentlich geförderten Verbundes im Bereich der Frühpädagogik. Beim Wiedereinstieg nach ihrer Familienphase dachte sie zunächst, eine interessante und höhere Position als zuvor gefunden zu haben. Nach etwa einem Jahr in diesem Job erlitt sie jedoch einen Burn-out und war zu Beginn des Coachings bereits seit einiger Zeit krankgeschrieben. Da die Krankschreibung innerhalb der kommenden Monate enden sollte, wollte sie die verbleibende Zeit aktiv zur beruflichen Neuorientierung nutzen. Auffallend war, dass die Leitungsposition oberflächlich betrachtet auch in diesem Fall einen Karriereschritt darstellte. Genauer betrachtet waren damit aber Verpflichtungen verbunden, die die Klientin nicht dauerhaft leisten konnte. Sie musste Entscheidungen der Geschäftsführung gutheißen, obwohl sie eigentlich nicht dahinterstehen konnte. Noch schlimmer war, dass dadurch das Gefühl in ihr geweckt wurde, letztlich den betreuten Kindern zu schaden. Der Wunsch im Coaching war, eine neue, erfüllende berufliche Aufgabe zu finden, in der sie authentisch sein konnte.

Der Kopf ist klar – der Bauch auch?

Die Klientin brachte zur ersten Sitzung bereits diverse Tests mit, die ihr helfen sollten, endlich den richtigen Traumjob zu finden. Die Lösung sah sie darunter aber noch nicht und beklagte sich über das Gefühl, bei allen Stationen ihrer Berufsbiografie nur gestrandet zu sein. Sie dachte, sie hätte bislang nichts erreicht.

Zunächst arbeiteten Coach und Klientin Kriterien heraus, nach denen die Führungskraft ihre beruflichen Stationen bewertete: Status und Ansehen, nette Kollegen, gute Bezahlung. Diese hingen alle von äußeren Umständen wie gesellschaftlichen Normen oder anderen Personen ab. Es ging im Coaching immer wieder um die Fragen: Was denken die anderen von mir und wie wirkt mein Beruf nach außen? Die Gefahr bestand darin, dass Erwartungen von außen soweit integriert wurden, dass sie als Teil des Selbstkonzepts erschienen. Daher bestand der nächste Schritt darin, zu erarbeiten, welche Kriterien ihres Traumjobs sie selbst aktiv aufgrund ihrer Stärken beeinflussen konnte.

Denn gemäß dem Motto: „Wähle deine Einstellung“ kann man sich entscheiden, welche motivationale Brille man tragen möchte: Fühle ich mich also schlecht bezahlt, wenig geachtet und kollegial nicht geschätzt, ist das die Brille, durch die ich meine Umwelt wahrnehme. Bin ich mir hingegen klar, was meine Grundbedürfnisse im Beruf sind, wie diese auch im Kleinen erfüllt werden und welchen Beitrag ich persönlich dazu leisten kann, sehe ich plötzlich Positives an der vermeintlich schlechten Situation. Es geht also manchmal gar nicht um die Frage des Traumberufs, sondern um die Einstellung zu ihm. Wenn kein Bewusstsein darüber besteht, wann man sich zufrieden fühlt, kann Zufriedenheit auch im schönsten Beruf nicht bewusst wahrgenommen werden. Somit bleibt man wie die Klientin abhängig von Ansehen, Erwartungen und Urteilen anderer und ist extrinsisch motiviert. Intrinsische Motivation mit dem Gefühl der Zufriedenheit entsteht, sobald Kopf und Bauch integriert werden.

Ein Bild als Anker auswerfen

Die Klientin hatte eine Vorstellung davon, wann sie zufrieden sein könnte. Sie tat diese aber sofort als Utopie ab. Das Gefühl der Unzufriedenheit war in der Diskussion vorherrschend, während Motivation im Coaching durch positive Visionen gefördert wird. Um bei der Zielklärung also positive Emotionen einbeziehen zu können, arbeiteten Coach und Klientin mit einem Zielbild. Dazu wählte die Klientin aus einer Vielzahl von Bildern (Gegenstände, Naturaufnahmen, abstrakte Formen usw.) spontan eines aus, das sie ansprach. Der Anblick des Bildes sollte das gleiche positive Gefühl auslösen, als hätte sie ihr Coaching-Ziel bereits erreicht. Auf ihrem Bild war ein Türmchen aus unterschiedlichen, aufeinandergelegten Steinen zu sehen. Sie sahen zunächst nicht so aus, als passten sie überhaupt aufeinander.

Die Klientin fasste ihr Ziel danach etwa so in Worte: „Ich bin diejenige, die aus diesen Steinen mit meinen Talenten einen stabilen Turm stapelt und es macht mir Spaß, noch einen draufzusetzen!“ Im weiteren Coaching wurden konkrete Strategien erarbeitet, wie dieser sinnbildliche Turm praktisch gebaut werden konnte.

Dabei war es entscheidend, die positive Zuversicht und das Selbstbewusstsein der Klientin immer wieder zu stärken. Einstellungen und Sichtweisen sind gelernte Kognitions-Emotions-Muster. Sie werden mitunter über Jahre hinweg eingeübt, bevor sie Thema im Coaching sind. Wie bei jedem Lernprozess ging es also auch in diesem Fall darum, die neue Einsicht („Ich bin selbst für meine berufliche Zufriedenheit verantwortlich und baue einen stabilen Turm.“) zu üben und sich nicht von Rückfällen in das alte Muster („Es passt nicht zusammen und ich brauche Glück, etwas Passendes zu finden.“) abhalten zu lassen. Für diese positive Selbsthaltung wurde ein Anker erarbeitet. Die Klientin suchte sich dafür eine lange Kette mit einem kleinen Stein als Anhänger aus – ähnlich wie jene auf dem Zielbild. Das Tragen der Kette erinnerte sie mehrmals am Tag an die aufrechte, selbstbewusste Haltung und das gute Gefühl dabei. Das hatte auch nach dem Coaching weiterhin einen stabilisierenden Effekt. 

Ergebnis

Durch die Integration von Kopf und Bauch, also von Vorstellungen und Gefühlen zur Zufriedenheit im Beruf, wurde die Suche einer neuen beruflichen Station der Klientin erleichtert. Inzwischen hat sie so viel Selbstbewusstsein und Zuversicht entwickelt, dass sie kündigte und nach der Krankschreibung nicht mehr auf die alte Position zurückkehrte. Sie orientiert sich nun viel stärker an ihren eigenen Motiven und grenzt sie von äußeren Umständen ab, die sie nicht beeinflussen kann. So schuf sie sich mit der Gründung eines eigenen Büros zur Sprachförderung von Jugendlichen mutig und eigenständig Bedingungen, in denen sie authentisch aufgeht. Vermutlich gerade deshalb erfährt sie dafür entsprechend positive Resonanz aus ihrem privaten und beruflichen Umfeld.

Fazit

Beide Beispiele verdeutlichen, dass bei einem wirksamen Coaching die Aufgabe der Prozesssteuerung für den Coach auch darin besteht, die Motivationslage des Klienten im Blick zu haben. Da Veränderungen oft mit Unsicherheit, Selbstzweifel und mitunter auch Rückschlägen einhergehen, ist die kontinuierliche Unterstützung der Veränderungsmotivation zentral. Je nach Phase des Motivations- und Coaching-Prozesses sowie je nach Klient und Coaching-Stil, ist dazu ein angepasstes Vorgehen nötig. Dem zugrunde liegt ein empathisches Verständnis für die Motive und Grundbedürfnisse des Klienten.

Ein Coach muss also herausfinden, wodurch die Motivation des Klienten im Coaching angetriggert werden kann, und den Klienten bei dessen Selbstreflexion unterstützen. Wofür lohnt es sich, die sichere, wenn vielleicht auch ungemütliche, Situation aufzugeben und einen Schritt in das Ungewisse zu wagen? Wie können einzelne Teile zu einer sinnvollen Karriere zusammengesetzt werden – als Puzzle oder Turm? Welches sind die wesentlichen Werte des Klienten, die die Zufriedenheit beeinflussen und eine individuelle Karriere prägen?

Eine entscheidende Rolle spielen hierbei Emotionen, da sie eng mit dem Motivationssystem verknüpft sind. Ein Annäherungsziel geht mit einem positiven, stimmigen Gefühl einher und motiviert, den nächsten Schritt zu gehen; ein Vermeidungsziel sorgt mit negativen Gefühlen dafür, etwas zu umgehen. Eine endlos wirkende To-do-Liste kann somit durchaus hinderlich für eine erfolgreiche Umsetzung sein. Gleichzeitig sollte aber auf den konkreten Transfer in den Business-Alltag geachtet und vorsorglich eine Rückfallstrategie erarbeitet werden.

Im Verlauf des Coachings werden damit emotional-unbewusste und kognitiv-bewusste Motive klarer. Der Klient synchronisiert sich und die Selbstorganisation wirkt ungehindert (Friesenhahn, 2017). Dabei kann so viel Schwung entstehen, dass auch im Anschluss an das Coaching weiterhin motiviert Sprosse für Sprosse der Karriereleiter erklommen wird.

Literatur

  • Grawe, Klaus (2004). Neuropsychotherapie. Göttingen: Hogrefe.
  • Schiersmann, Christiane; Friesenhahn, Johanna & Wahl, Ariane (2015). Synergetisch beraten im beruflichen Kontext. Göttingen: Hogrefe.
  • Friesenhahn, Johanna (2017). Kommunikation als Basis wirkungsvollen Führungskräfte-Coachings. Heidelberg: Springer.

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