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Hinderliche Verhaltensmuster erkennen und verändern

Konfliktbewältigung im Team-Coaching

Warum fallen wir immer wieder in Verhaltensweisen zurück, die in unserem Umfeld Verunsicherung oder sogar Ablehnung auslösen? Es sind tief verwurzelte Muster und Antreiber, die uns oft unbewusst daran hindern, kooperative Wege des Miteinanders zu gehen. Nur wer bereit ist, diese Muster zu erkennen, kann sie nachhaltig auflösen und ändern. Ein Coaching bietet einen geeigneten Rahmen, um diesen Veränderungsprozess zu begleiten. Es unterstützt dabei, sich selbst und andere besser zu verstehen und die eigene Haltung, Rolle und Kommunikation zu reflektieren.

10 Min.

Coaching-Magazin Online, 25.10.2023

Auf einen Blick

  • Dysfunktionales Verhalten, das etwa die Kommunikation in Teams belastet, kann in Mustern und Glaubenssätzen begründet sein, die sich die jeweilige Person in der Vergangenheit angeeignet hat.
  • Ein Coaching ermöglicht es, entsprechende Muster und Glaubenssätze aufzudecken und daran zu arbeiten, ein im Hier und Jetzt situativ-funktionales Verhalten zu entwickeln.
  • Die Transaktionsanalyse liefert hierfür geeignete Anknüpfungspunkte.

„Ich habe den Eindruck, diese Aufgabe ist zu viel für Dich und Du bist überfordert!“ Diese oder ähnlich Aussagen lösen bei einer Mitarbeiterin zunächst Irritation und dann eine Kränkung aus. Eine sachlich diskutierte Fragestellung führt so zu einer persönlichen Blockade, die lösungsorientierte Kommunikation verhindert. Die vermutlich wenig kooperative Antwort der Kollegin wiederum überrascht den Sender der Botschaft. Angenommen diese Reibungspunkte tauchen immer wieder zwischen ihr und dem konfrontierenden Mitarbeiter auf, wirkt sich das zunehmend auf die Stimmung und Arbeitsweise des gesamten Teams aus.

Da beide Mitarbeitende geschätzte Firmenmitglieder sind, regt der Abteilungsleiter ein Coaching an. Er kennt die beiden Teammitglieder so eigentlich nicht und möchte verstehen, warum es immer wieder zu Unstimmigkeiten kommt, die inzwischen das ganze Team negativ beeinflussen. Welche unbewussten Verhaltensmuster wirken hier und wie können sie transformiert werden, damit alle Mitarbeitenden und das gesamte Team wieder auf gewohnt hohem Niveau arbeiten?

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Die zerstörerische Kraft alter Muster und Glaubenssätze 

Tritt ein bestimmtes Verhalten immer wieder auf, liegen oft alte Muster und Prägungen dahinter, die sich in den immer gleichen Reaktionen des Gegenübers äußern. Gelingt es nicht, sich dieser Muster bewusst zu werden und sie aufzulösen, kann das äußerst negative Folgen für die Kommunikation und das Verhalten sowohl im privaten als auch im beruflichen Kontext haben. Auf der beruflichen Ebene wird nicht nur der eigene Erfolg potenziell verhindert, manchmal (zer-)stört eine unzureichend reflektierte Verständigung ganze Teams.

Diese Muster oder auch Glaubenssätze stammen meist aus Erfahrungen und Erlebnissen der Vergangenheit. Sie haben uns damals geholfen, bestimmte Situationen zu meistern. Im Laufe der Zeit wurden sie verinnerlicht und lenken unbewusst unsere Interaktionen mit anderen. Unsere verbale und nonverbale Kommunikation wird durch sie gesteuert, unabhängig davon, ob sie für die Situation angemessen oder gar zielführend sind.

Coaching für die Veränderung der Muster

Im Coaching werden diese Muster und Glaubenssätze aufgedeckt, hinterfragt und – unter Berücksichtigung akteller Lebensrealitäten – neu ausgerichtet. Ein Coaching muss in die Tiefe gehen und das unbewusste Verhalten an die Oberfläche holen. Dabei bewertet es nicht, teilt die Muster nicht in gut und schlecht ein, sondern überprüft, ob Verhalten und Kommunikation team- und lösungsorientiert oder ob neue Wege notwendig sind, um zielorientiert und erfolgreich agieren zu können.

Mit der Unterstützung eines Coachs werden in einem ersten Schritt die verborgenen Muster und Glaubenssätze sichtbar gemacht und der Prozess der Selbsterkenntnis angeschoben. Nur wenn die im heutigen Arbeits- bzw. Lebenskontext dysfunktionalen Prägungen und Antreiber identifiziert werden können, kann Veränderung gelingen. Tiefverwurzelte Glaubenssätze lassen sich jedoch nicht auf Knopfdruck verändern, sie müssen beharrlich neu eingeübt werden, um sie nachhaltig zu verankern.

Die destruktiven Glaubenssätze werden vor allem deutlich, wenn eine Gruppe oder ein Team das eigene Verhalten spiegeln. Selbst- und Fremdwahrnehmung klaffen oft weit auseinander. Jeder hat das schon erlebt – man sieht das eigene Spiegelbild anders, hört die eigene Stimme anders, erlebt die eigene Dynamik der Körpersprache entweder gar nicht oder anders als das Gegenüber.   

Ein geeignetes Modell, um die zwischenmenschliche Kommunikation signifikant zu verbessern, ist die Transaktionsanalyse als Reflexion des eigenen Verhaltens.

Mit Transaktionsanalyse sich selbst kennenlernen

Begründer der Transaktionsanalyse ist der kanadisch-US-amerikanische Psychiater Eric Berne (1910–1970). Seine Methoden erprobte er in der Praxis und überarbeitete sie laufend, wenn sie nicht den gewünschten Erfolg erzielten. So hat er die Transaktionsanalyse Zeit seines Lebens weiterentwickelt (Eric Berne Institut, 2023).

In Bernes Transaktionsanalyse geht es darum, zwischenmenschliche Kommunikation und Interaktion möglichst leicht verständlich zu analysieren und in zielführendes, situativ angemessenes, „erwachsenes“ Verhalten zu modifizieren. Nicht erwachsenes Verhalten äußert sich entweder durch Introjektion (eine Person agiert gemäß der von den Eltern übernommenen Gebote und Verbote) oder Regression (eine Person fällt in kindliche Verhaltensmuster zurück). Daraus entwickelte Berne sein Modell der drei Ich-Zustände: 
Erwachsenen-Ich, Eltern-Ich und Kind-Ich. Zwischenmenschliche Kommunikation findet laut Berne verbal und nonverbal als Transaktion zwischen diesen drei Ich-Zuständen statt. (Rosenkranz, 2016)

Das Erwachsenen-Ich sieht das sachlich angemessene Verhalten vor. In diesem Zustand gelingen konstruktive Lösungen, man begegnet sich auf Augenhöhe und pflegt einen respektvollen und wertschätzenden Umgang miteinander.

Das Eltern-Ich zeigt sich in einer fürsorglichen und einer kritischen Ausprägung. Das kritische Eltern-Ich hat eine maßregelnde, korrigierende und kritisierende, das fürsorgliche eine unterstützende Haltung, die aber auch leicht zu einer Bevormundung werden kann.

Das Kind-Ich agiert zum einen frei und spontan (nicht an Normen und Werte gebunden), aber auch angepasst oder rebellisch. Das freie Kind-Ich ist voller Lebensneugier und Tatendrang, es ist spontan und kreativ. Das angepasste, aber auch das rebellische Kind-Ich handelt aus Abhängigkeiten heraus und wird von Werten und Normen anderer gesteuert.  Auch das rebellische Kind ist nicht frei in seinem Verhalten, sondern abhängig von den Vorstellungen der Eltern, gegen die es sich auflehnen muss.

Eine Transaktion kann dabei aus dem gleichen Ich-Zustand erfolgen oder aber auch aus unterschiedlichen. So können z.B. zwei Menschen beide aus dem Erwachsenen-Ich oder einer aus dem Erwachsenen-Ich und der andere aus dem Kind-Ich heraus kommunizieren. Dann läuft die Verständigung möglichweise aneinander vorbei.

So lange das Erwachsenen-Ich die Steuerung des Denkens, Fühlens, Verhaltens und der Körpermuster übernehmen kann, erzeugt es zielführendes und situativ angemessenes Verhalten. Wenn es aus irgendeinem Grund diese Steuerungsfunktion nicht mehr ausreichend wahrnehmen kann, kommt es zu nicht zielführendem und situativ nicht angemessenem Verhalten, auf das die Außenwelt irritiert reagiert und dieses als nicht passend wahrnimmt. Beispielsweise wenn ein Mitarbeiter auf eine sachliche Kritik hin überängstlich oder unangemessen heftig reagiert (ebd.).

Eingefahrene Verhaltensmuster ändern

Bernes Modell lässt sich folglich auf jede Form der Interaktion anwenden. Wo immer Menschen kommunizieren, kommt es zu Transaktionen. Personen tauschen sich auf der Ebene der verschiedenen Ich-Zustände aus. Auf Augenhöhe, auf unterschiedlichen Ebenen oder mit verdeckten Botschaften. In unserem Beispiel kommuniziert der angesprochene Kollege aus dem Eltern-Ich und maßregelt die Kollegin. Sie wiederum reagiert aus dem Kind-Ich und zieht sich höchstwahrscheinlich mit unguten Gefühlen zurück. Auch dieses Verhalten lässt sich auf Muster aus der Vergangenheit zurückführen und entspricht wahrscheinlich ihrem Verhaltensmuster bei Konflikten. Das Coaching hilft hier, verfestigte Muster zu erkennen und aufzulösen, um künftig ein neues Verhalten zu praktizieren und z.B. proaktiv Situationen zu entschärfen und konstruktiv zu lösen.  

Wie sieht nun ein Team-Coaching aus, das verkrustete Strukturen aufbrechen und eine nachhaltige Verhaltensänderung bewirken kann? Die hier angewandte Methode des aktiven Erlebens fußt auf vier Säulen:

1. Erkennen: Die Teilnehmenden reflektieren Situationen aus ihrem beruflichen Kontext mit ihren Lernpartnern oder in der Gruppe. Das Feedback der Gruppe spiegelt die Wirkung ihres Verhaltens wider. Oft tritt für alle Beteiligten ein Aha-Erlebnis ein, da sie meist ein völlig anderes Bild von sich haben, sprich Eigen- und Fremdwahrnehmung voneinander abweichen. Der Mitarbeiter aus unserem Beispiel ist erschrocken, als er erkennt, wie harsch er wirkt. Die Kollegin dachte, sie sei bereits proaktiv.

2. Das Warum finden: Wieso laufen immer wieder die gleichen Reaktionsmuster ab? Die Antwort auf diese Frage ist der erste Schritt zu einer nachhaltigen Veränderung des eigenen Verhaltens. Mit Unterstützung des Coachs finden die Teilnehmenden heraus, was sie antreibt. In diesem Fall ist es das Verhalten der Kollegin, die mit ihrer zurückgenommenen, eher angepassten Haltung weniger proaktiv und entschlossen wirkt, als sie denkt, und dadurch bei dem Kollegen das kritische Eltern-Ich anspricht, das sie daraufhin auf eine unangemessen Art und Weise zurechtweist.

3. Neue Wege kennenlernen: In weiterführenden Sessions haben die Teilnehmenden die Möglichkeit, sich von der Lerngruppe oder aus der Erkenntnis des Fremd- und Eigenabgleichs Inspirationen zu holen. So erlernen sie neue Wege, mit Situationen umzugehen und zu entscheiden, was zu ihnen passt und sie sich aneignen möchten.  

4. Neues Verhalten ausprobieren: Mit der Peergroup kann dieses Verhalten direkt in der Praxis geübt und modifiziert werden. Die vertraute Atmosphäre ermöglicht es, zu experimentieren und zu feilen, so lange, bis sich das neue Verhalten für den Betreffenden richtig und stimmig anfühlt.

Rolle und Aufgabe des Coachs

Der Coach hat hier die Rolle des Zuhörers, Moderators und Spiegels für die Teilnehmenden. Er geht auf die Teilnehmenden ein, begleitet sie beim Erkennen der eigenen Muster und antizipiert den Abgleich des Eigen- mit dem Fremdbild aus der Gruppe. Er unterstützt dabei, den Weg in ein neues und für die Betreffenden stimmiges Verhalten zu finden, das von ihnen selbst erarbeitet wird. Es geht hier nicht um therapeutische Arbeit, sondern darum, den Klienten bzw. die Klientin zu unterstützen, …

  • das eigene Verhalten zu verstehen und die Auslöser zu finden, die immer wieder zu bestimmten Verhaltensmustern führen,
  • mögliche Konfliktmuster zu erkennen und abzufangen,
  • die eigene Einstellung zu überprüfen und gegebenenfalls zu verändern und
  • Situationen mit anderen zu klären und konstruktiv für beide Seiten zu lösen.

Die Erfahrung zeigt, dass dieser Prozess der Selbsterkenntnis mitunter herausfordernd sein kann. Daher ist es wichtig, dass der Coach die Teilnehmenden auffängt und ihnen Halt gibt. In der Regel sind die Klientinnen und Klienten offen und überaus positiv gestimmt, wenn sie lernen, wie sie durch Selbsterkenntnis kontraproduktives in förderliches Verhalten umwandeln können. Wenn dies gelingt, gehen sie motiviert und gestärkt aus dem Prozess hervor.

Fazit

Wer sich auf den Veränderungsprozess einlässt, kann einen großen Benefit erzielen: Nicht nur, wie im beschriebenen Fall, für die Mitarbeitenden selbst, sondern auch für die Motivation und Zielerreichung des gesamten Teams und damit für das ganze Unternehmen. Auch Führungskräfte profitieren von einem solchen Coaching. Die Team- und Mitarbeiterführung erreicht im Optimalfall ein neues, konstruktives und damit leistungsfähiges Niveau. Die Führungskraft wird Vorbild für gelingende und wertschätzende Kommunikation.

Literatur

Eric Berne Institut (2023). Geschichte der Transaktionsanalyse. Abgerufen am 17.08.2023: www.ebi-zuerich.ch

Rosenkranz, H. (2016). Wie wir aus Stroh Gold machen können - Wertorientierte Erfolgsstrategien durch Gruppendynamik, Transaktionsanalyse und systemische Organisationsentwicklung. Gräfelfing: Eigenverlag.

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