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Konzepte

Natur als Medium im Coaching

Mehr als „nur“ gesund?

Nicht nur in Anbetracht der gravierenden Burnout-Problematik und der allgemeinen Beschleunigung des Arbeitsalltags besteht zunehmend Bedarf an Unterstützungsangeboten, die entwicklungs- und gesundheitsfördernd zugleich sind. Parallel werden Aufenthalt und Bewegung in der Natur von der breiten Öffentlichkeit als bisher unterschätzte Gesundheitsquelle erkannt. Da liegt es auf der Hand, bewährte Angebote wie Coaching in der Natur durchzuführen. Doch was genau leistet Natur-Coaching und wie kann die Natur konkret als Medium genutzt werden?

14 Min.

Erschienen im Coaching-Magazin in der Ausgabe 4 | 2017 am 22.11.2017

Was ist Natur-Coaching

Natur-Coaching ist zunächst einmal Coaching in und mit der Natur und durch die Natur. Als Coaching wird hier die ziel-, lösungs- und transferorientierte Begleitung von Klienten auf Augenhöhe im Sinne von Hilfe zur Selbsthilfe verstanden. Inhalt von Natur-Coaching können berufliche oder private Themen sein. Als Natur kommt grundsätzlich jede Art von Naturraum infrage, Wälder und Berge ebenso wie städtische Parks. Das Coaching findet im Gehen und bei Aufenthalten an ausgewählten Standorten statt. Die Dauer der einzelnen Termine reicht je nach Wunsch des Klienten und Anlass von 1 bis 1,5 Stunden über 3 Stunden bis hin zu ganzen Tagen oder mehreren Tagen am Stück. 

Methodisch wird die Natur in Abhängigkeit vom Thema und von den Präferenzen von Klient und Coach mehr oder weniger aktiv als Wirkfaktor einbezogen. So kann es durchaus vorkommen, dass einfach ein Coaching-Gespräch durchgeführt wird, bei dem die Natur als Rahmen unterschwellig wirkt. Soll die Natur gezielt in den Coaching-Prozess einbezogen werden, steht eine umfangreiche Palette an handlungs- und prozessorientierten Methoden zur Verfügung, z.B. die Nutzung von Analogien und Metaphern, die Visualisierung mit Natursymbolen, der gezielte Einsatz von Bewegung und Stillstand oder Probehandeln.

Wirkfaktoren im Natur-Coaching

Als Faktoren, die Natur-Coaching so besonders machen, sind hervorzuheben: die Mensch-zu-Mensch-Verbindung zwischen Coach und Klient, die schnelle Aufmerksamkeitserholung, Stimmungsaufhellung und Entspannung, der leichte Zugang zu lösungsorientiertem Denken, die Wirkkraft der Analogien und Metaphern und die gesundheitlichen Wirkungen. 

Die besondere Beziehung zwischen Klient und Coach entsteht unter anderem durch das gemeinsame Gehen in dieselbe Richtung. Die Blickrichtung nach vorne verbindet und nimmt den Druck, etwas sagen zu müssen. Klient und Coach teilen dieselben Sinnes- und Körpererfahrungen. Beim Klienten entsteht so schnell das Gefühl, jenseits von Rollen einfach er selbst sein zu dürfen. Dadurch findet er leichter den Zugang zu passenden Zielen, Kernwerten und Lösungen.  

Natürliche Settings faszinieren und ziehen die Aufmerksamkeit anstrengungslos auf sich. Dadurch kann sich die im Beruf benötigte Fähigkeit zur gerichteten (selektiven) Aufmerksamkeit erholen und Stress abgebaut werden (Flade, 2010). Aktivitäten in der Natur heben Studien zufolge bereits nach wenigen Minuten die Stimmung und steigern das Selbstwertgefühl (Louv, 2012). Der deutliche Abstand zum Alltag unterstützt die Distanzierung vom Problem und einen Perspektivenwechsel. Dadurch fällt lösungsorientiertes, kreatives Denken leichter.  

Die Natur ist aufschlussreicher Spiegel und kraftvolle Metapher für Anliegen, Ressourcen und Lösungen – Landschaften, Wetterphänomene, Tiere und Pflanzen des „Erfolgsunternehmens Natur“ liefern praktisch für jede berufliche und persönliche Fragestellung hilfreiche Anregungen und praktikable Analogien, die in das Coaching eingebaut werden: Sie lösen als Metaphern und Projektionsfläche Assoziationen und Suchprozesse bei Klienten aus, liefern Denkanstöße und ermöglichen den Zugang zu Gefühlen und Fähigkeiten.  

Aufenthalt und Bewegung in der Natur besitzen zahlreiche positive Wirkungen auf die Gesundheit. Schließlich benötigen alle körperlichen, geistigen und selbst emotionalen Abläufe evolutionsbedingt natürliche Umweltbedingungen, um optimal zu funktionieren. Beispielsweise hat Tageslicht eine wohltuende Wirkung, während unter Kunstlicht vermehrt Stresshormone ausgeschüttet werden. Gleichmäßige Naturgeräusche wie Vogelgezwitscher und Bachplätschern aktivieren im Gehirn entspannte Alpha-Wellen, während die Geräuschkulisse in Großraumbüros und Verkehrslärm unkonzentriert und nervös machen können. All diese Faktoren laden den Klienten – und nicht zuletzt auch den Coach – positiv auf und schaffen hervorragende Ausgangsbedingungen für erfolgreiches Coaching.

Kompetenzen des Coachs beim Natur-Coaching

Der Natur-Coach fungiert als Brücke zwischen Klient, Naturraum und Alltagskontext. Aufgrund des besonderen Umfelds und auch, um das Potenzial von Natur-Coaching in vollem Umfang nutzen zu können, benötigt ein Natur-Coach neben klassischen Coaching-Kompetenzen weitere fachliche, methodische und menschliche Kompetenzen. Je umfangreicher sein Wissen um grundlegende Gesetzmäßigkeiten und biologische Abläufe in der Natur ist, desto eleganter kann der Coach dem Klienten die Natur als Inspirationsquelle zugänglich machen.  

Ein gutes Repertoire an naturbezogenen Methoden und Fragetechniken sollte vorhanden sein, damit die Natur nicht zur Kulisse degradiert wird. Sonst ginge ein guter Teil des Mehrwerts des Mediums Natur beim Coaching verloren: die Funktion der Natur als Ideenquelle und kreativer Lösungsraum. Der Coach muss selbst einen engen Bezug zur Natur und – ganz praktisch – gute Ortskenntnisse haben. Die folgenden Fallbeispiele werden veranschaulichen, wie vielfältig die Umsetzungsmöglichkeiten sind.

Praxisfall 1: Berufliche Neuorientierung

Frau L. (39) ist wissenschaftliche Mitarbeiterin mit befristetem Vertrag an einer Universität. Die studierte Geographin sieht keine Weiterentwicklungschancen für sich im Hochschulbereich mehr und spielt mit dem Gedanken, sich selbstständig zu machen. Sie kann sich allerdings zu keiner Entscheidung durchringen. Daher nimmt sie sich einen Coach zur Seite.

Das Anliegen

Beim Vorgespräch schildert sie ihr Dilemma. Sie möchte zu einer klaren Entscheidung in Bezug auf die Selbstständigkeit als Option kommen. Außerdem wünscht sie sich Unterstützung bei dem „Danach“, d.h. dem Weg in die Selbstständigkeit oder in eine passende Stelle. Der Coach erläutert ihr die möglichen (methodischen) Vorgehensweisen, seine Expertise und die Rahmenbedingungen. Die Chemie zwischen den beiden stimmt und auch das vorgeschlagene Natur-Coaching überzeugt Frau L. So vereinbaren sie einen Natur-Coaching-Prozess.

Der Natur-Coaching-Prozess

Der erste Natur-Coaching-Termin ist den möglichen Inhalten einer potenziellen Selbstständigkeit gewidmet, damit ein Gespür für die damit verbundenen Voraussetzungen, Vorteile und Herausforderungen entstehen kann. Um den freien Blick in die Zukunft zu unterstützen, wird eine Route mit sinnbildlicher Weitsicht gewählt. Beim Gespräch im Gehen werden zunächst die Interessen, Tätigkeitsschwerpunkte und Qualifikationen der Klientin beleuchtet. Dann überprüft die Klientin die erarbeiteten Elemente rational und emotional daraufhin, wie wichtig sie ihr für die Zukunft sind. Elemente, die unbedingt Bestandteil ihrer beruflichen Zukunft sein sollen, schickt sie mit Unterstützung des Coachs mental in die ferne Landschaft, die für die Zukunft steht. Aus der Gesamtheit der in der Zukunft gelebten Interessen, Tätigkeitsschwerpunkte und Qualifikationen kristallisiert sich die Eröffnung eines Planungsbüros mit Schwerpunkt auf Umweltplanung, Beratung und Gutachtertätigkeit heraus. Der Reiz liegt für sie neben den Inhalten im eigenverantwortlichen Arbeiten, den abwechslungsreichen Projekten und den Gestaltungsfreiräumen.

Zielüberprüfung

Beim zweiten Termin soll es um die mit einem solchen Planungsbüro verbundenen Voraussetzungen, Vorteile und Herausforderungen gehen. Zur Vorbereitung wird die Klientin beauftragt, sich bei befreundeten Planungsbüroinhabern diesbezüglich zu informieren. Beim Wiedersehen ist die Klientin ziemlich ernüchtert. Die Beschreibungen aus dem Kollegenkreis haben deutlich gemacht, wie viel Durchhaltevermögen, Einsatz und Unwägbarkeiten mit einem eigenen Planungsbüro verbunden sind. „Ich weiß nicht, ob ich auf Dauer die Kraft dazu habe.“ Zur Klärung wird die Natur gezielt in das Coaching einbezogen – in Form einer Visualisierung mit Natursymbolen. Der Coach erläutert, dass Symbole hilfreich sind, um sich Dinge zu vergegenwärtigen und Aspekte darzustellen, die mit dem Verstand schwer zu erfassen sind. Dann schlägt er vor, die Vorteile und Herausforderungen mit Naturmaterialien symbolhaft gegenüberzustellen. Anschließend ist der Klientin klar: „Eine Selbstständigkeit kommt aktuell nicht für mich in Frage! Ich möchte eine Stelle mit einer abwechslungsreichen, eigenverantwortlichen Tätigkeit finden.“ 

Zum nächsten Termin soll sie in einschlägigen Online-Portalen und Print-Medien zehn Stellenausschreibungen, die sie ansprechen und zu ihrem Profil passen, und fünf Kandidaten für Initiativbewerbungen recherchieren und mitbringen. Zu Beginn dieses Termins äußert die Klientin den Wunsch, aufzutanken, bevor mit dem eigentlichen Coaching begonnen wird. „Ich habe kaum geschlafen und fühle mich völlig zerschlagen.“ Der spontane Vorschlag des Coachs, mit einer achtsamen Atemübung zu beginnen, sagt ihr zu. So praktizieren Coach und Klientin mit geschlossenen Augen und dem beruhigenden Rauschen der Blätter lauschend tiefe Bauchatmung. Anschließend ist die Klientin erfrischt und denkfähig.

Sie zeigt die mitgebrachten Stellenangebote und potenziellen Arbeitgeber. „Ich möchte nicht irgendeine neue Stelle, sondern eine, für die ich jeden Morgen gerne aufstehe“, betont sie. Unter diesem Fokus werden die ausgedruckten Angebote besprochen. Um über die rationalen Argumente auch das Unbewusste zu Wort kommen zu lassen, bezieht der Coach die Natur verbal als Metapher ein. „Wenn dieses Angebot ein Tier oder eine Pflanze wäre, was ist es dann?“ So wird die Verkehrsplanung beispielsweise zum Oktopus, der Research Specialist zur Eule und der Projektmanager International zur Sonnenblume. Die Gefühle, die mit den Metaphern assoziiert werden, machen deutlich, wohin die Reise gehen soll: eine Tätigkeit in internationalen Projekten mit Auslandsaufenthalten.

Zum Abschluss dieses Coachings wird die Klientin mit Tipps für ihre Bewerbungsunterlagen versorgt und erhält den Auftrag, bis zum nächsten Treffen gezielt nach weiteren Stellen in diesem Bereich zu suchen, Bewerbungen zu formulieren und eine Bewerbungsmappe zusammenzustellen.

Umsetzungsphase

Der Termin zur Optimierung ihrer Bewerbungsunterlagen findet indoor statt, damit die Unterlagen auf alle Fälle trocken bleiben. Es muss nur wenig an ihnen gefeilt werden. Die Klientin nimmt sich vor, innerhalb von zwei Wochen 15 Bewerbungen zu versenden. Der nächste Termin soll vereinbart werden, wenn die Klientin erste Resonanz erhalten hat. 

Nach zwei Monaten meldet sich die Klientin niedergeschlagen, da sie bisher nur Absagen erhalten hat. „Ich kann mich nicht aufraffen, auch nur eine weitere Bewerbung loszuschicken.“ So wird ein Natur-Coaching zur Stärkung ihres Selbstwertgefühls vereinbart. Einleitend erläutert der Coach das in der Natur geltende Prinzip, von vornherein mit Verlusten zu rechnen. „Stellen Sie sich doch die Unmengen an Eicheln vor, die jedes Jahr produziert werden. Die meisten davon werden von Tieren gefressen, vertrocknen oder fallen auf widrige Standorte. Genau deswegen haben die Mutterbäume so viele Samen.“ Die übertragene Vorstellung, dass Absagen normal und nicht zwangsläufig selbstverschuldet sind, beruhigt und motiviert die Klientin. „Bei der nächsten Bewerbung betrachte ich mich als Muttereiche und die Bewerbungen als meine Eicheln.“ 

Erfreulicherweise erhält sie tatsächlich einige Einladungen zu einem Vorstellungsgespräch. Dieses wird beim nächsten Termin an einem Bach im Rollenspiel erprobt. Der Bach als Umgebungsrahmen soll einen ressourcenvollen Zustand, nämlich die Vorstellung unterstützen, dass die Dinge jetzt in Bewegung kommen. Zunächst werden mögliche Strategien für ein erfolgreiches Vorstellungsgespräch gesammelt: Überzeugungskraft, Selbstvertrauen, den eigenen Wert für das Unternehmen unterstreichen, Blickkontakt, feste Stimme. Inzwischen ist die Klientin so angetan vom Nutzen von Metaphern, dass sie eigene vorschlägt, die einbezogen werden. Die Klientin geht so in ihrer Rolle auf, dass sie absolut überzeugend auf den Coach wirkt.

Das Ergebnis

Letztendlich findet die Klientin die passende Stelle. Für den Abschlusstermin wünscht sie sich außer der Auswertung des Coaching-Prozesses, diesen Erfolg in irgendeiner Form in der Natur zu feiern. Als geeigneter Ort wird ein hoher Aussichtsturm gewählt. Die Zwischenplattformen des Aussichtsturms stehen für die verschiedenen Etappen des Coaching-Prozesses. Die oberste Plattform steht dafür, das Coaching-Ziel erreicht zu haben. Die dabei entstehenden positiven Gefühle und Körperempfindungen bestätigen ihr eindrücklich, dass sie sich richtig entschieden hat.

Praxisfall 2: Naturinspiriertes Team-Coaching

Ein führender Hersteller von Hilfsmitteln für Senioren kontaktiert den Coach. Das Unternehmen ist auf der Suche nach einer Maßnahme zur Verbesserung der Kommunikation und des Informationsflusses in seinem von fünf auf neun Personen gewachsenen Produktentwicklungs-Team.

Das Anliegen

Bei der Auftragsklärung beschreibt der Teamleiter folgende Herausforderungen: anhaltende Abstimmungsprobleme und Störungen im Informationsfluss, z.B. Arbeiten mit falschen Informationen, Parallelkommunikation, Wissensmonopole, zu viele E-Mails, uneffektive Meetings, unklare Aufgabenverteilung. Mit Hilfe des Team-Coachings sollen Lösungen gefunden und Veränderungsstrategien entwickelt werden – gerne unter Einbeziehung von sinnvollen Analogien und Prinzipien aus der Natur.

Der Coaching-Tag

Team und Coach treffen sich im hügeligen Umland des Unternehmensstandortes. Nach Klärung der Erwartungen und der Aspekte mit dem größten Optimierungsbedarf im Hinblick auf Kommunikation und Informationsfluss folgt eine längere Sequenz, bei der die vom Coach eingebrachten Naturanalogien in wechselnden Kleingruppen auf ihre Übertragbarkeit in den Arbeitsalltag beleuchtet werden. Der Coach macht vorab deutlich, dass es nicht um eine 1:1-Übertragung geht, sondern dass die Analogien zu kreativen Lösungsideen einladen sollen. Er begleitet die Gruppen abwechselnd mit Coaching-Impulsen. Einige Beispiele: 

Delfine als Vorbild für eine adäquate Teamgröße: 
Delfinschulen ändern die Größe und Zusammensetzung ihrer Untergruppen flexibel je nach Ziel, z.B. Beutesuche, Jagd, Aufzucht oder Wanderung. Arbeitsfrage: Sollte und kann die Größe des aktuellen Teams eventuell flexibel verringert werden? 

Der Eichelhäher als Analogie für die eindrückliche Übermittlung wichtiger Informationen:
Eichelhäher warnen im Vergleich zu anderen Vögeln besonders laut vor Feinden. In der Rolle als „Wächter des Waldes“ informieren sie dadurch alle anderen Tiere im Umkreis. Arbeitsfrage: Wie kann das Team effektiv sicherstellen, dass relevante Informationen als wichtig betrachtet werden und die richtigen Kollegen erreichen?  

Bienen als Vorbild für intelligente Arbeitsteilung und Wissensmanagement:
Kundschafterbienen übergeben Nektar aus neu aufgetanen Nahrungsquellen an Vorkoster im Bienenstock. Befinden die Tester Qualität und Bedarf für ausreichend, werden die Kundschafter animiert, die Informationen über die exakte Lage der Nahrungsquelle mit einem Schwänzeltanz an die wartenden Sammler weiterzugeben, die dann ausschwärmen. Arbeitsfrage: Wie kann das Team klare Rollen in Bezug auf die Hol- und Bringschuld von Informationen etablieren? 

Vernetzung statt Linearität:
In Ökosystemen ist alles mit allem verbunden. Jede Veränderung hat Auswirkungen auf das gesamte System. Arbeitsfragen: Wie kann jedes Teammitglied sein Handeln positiv für das System gestalten? Was ist dazu erforderlich? 

Schwarmintelligenz statt Schwarmdummheit:
Eine Gruppe kann nur dann weiser als der Einzelne sein, wenn jedes Teammitglied sein Wissen, seine Fähigkeiten und seine Meinungen jenseits von Gruppenkonformitätsdruck einbringen darf. Arbeitsfrage: Wie kann eine Teamkultur etabliert werden, in der Vielfalt und Fehler erlaubt sind? 

Rudeltiere als sozialkompetente Teams:
Geschnatter unter Delfinen, Fellpflege unter Affen und Begrüßungsrituale unter Wölfen – Beziehungspflege hat bei sozial lebenden Tieren einen hohen Stellenwert. Arbeitsfrage: Wie kann im Team Raum für zwischenmenschlichen Austausch geschaffen werden? 

In der Abschlusssequenz werden die erarbeiteten Veränderungsvorschläge verfeinert. Für die vielversprechendsten wird eine verbindliche Umsetzung vereinbart: 

Teamgröße:
Ein Kernteam von sieben Personen mit adäquater Aufgabenverteilung wird als ausreichend und besser arbeitsfähig erachtet. Bei speziellen Projekten soll es möglich sein, das Kernteam zeitweise zu vergrößern. 

Eichelhäher und Bienen:
Ausgewählte Teammitglieder werden zu „Themen-Eichelhähern“ mit Bringschuld ernannt. Sie sollen die anderen Mitglieder über das Intranet und bei Bedarf persönlich mit allen wichtigen Informationen versorgen. Die Holschuld liegt zunächst bei den zu „Vorkostern“ ernannten Kollegen. 

Vernetzung durch morgendliche Kurzmeetings:
Jedes Teammitglied beschreibt prägnant aktuelle Arbeitsinhalte, Informationsbedarfe, Probleme und Erfolge. Nach dem Prinzip „Wer macht was bis wann?“ werden dann Lösungsschritte vereinbart, die am Meeting-Whiteboard festgehalten und täglich überprüft werden. 

Schwarmintelligenz:
Die Teammitglieder verpflichten sich im Sinne von „Weisheit durch Individualität“, es auf der Metaebene anzusprechen, wenn sie den Eindruck haben, dass gerade „Schwarmdummheit“ vorliegt. 

Beziehungspflege:
Das Team strebt mehr Zeit und Raum für einen entspannten Austausch an. Auch sollen Erfolge zukünftig bewusst gefeiert werden. Es wird vereinbart, diesen Punkt in die Morgenmeetings aufzunehmen, bis eine passende Form gefunden wurde.

Das Ergebnis

Beim Follow-up-Telefonat nach zwei Monaten beschreibt der Teamleiter, dass die Verkleinerung des Teams und die Kurzmeetings ein großer Erfolg seien. Der Begriff „Themen-Eichelhäher“ sei dabei, sich zum Markenzeichen für wertvolle Informationen zu etablieren. Ein gemütlicher Raum für informellen Austausch werde regelmäßig genutzt. Man arbeite noch daran, die effektivsten Methoden für längere Meetings herauszufinden. Momentan sei man auch ohne weiteres Coaching auf einem guten Weg.

Fazit

Natur-Coaching ist eine Methode, von der Klient, Coach und Coaching-Prozess gleichermaßen profitieren können. Aufenthalt und Bewegung in der Natur sind aktive Gesundheitsförderung und bieten beste Voraussetzungen, um in einen ressourcenvollen Zustand zu kommen. Außerdem liefert die Natur zahlreiche Metaphern und Analogien, auf deren Basis gemeinsam mit einem Coach adäquate Lösungen für berufliche Herausforderungen entwickelt werden können.

Literatur

  • Flade, Antje (2010). Natur psychologisch betrachtet. Bern: Hans Huber.
  • Louv, Richard (2012). Das Prinzip Natur: Grünes Leben im digitalen Zeitalter. Weinheim: Beltz.

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