„Das Lebensding“ ist ein kreatives und strukturiertes Tool, um sich mit der eigenen Vergangenheit und Gegenwart auseinanderzusetzen und daraus wertvolle Erkenntnisse für die Zukunft zu gewinnen. Im Verlauf unseres Lebens sammeln wir eine Vielzahl an Gegenständen. Doch nicht all diese Objekte sind bedeutsam. Nur einige wenige tragen eine besondere tiefe emotionale Bedeutung. Sie sind nicht nur materielle Gegenstände, sondern Träger von Erinnerungen, Emotionen und Werten.
„Das Lebensding“ richtet den Fokus auf diese besonders wertvollen Dinge und nutzt sie als Ausgangspunkt für die Coaching-Arbeit. Das Tool unterstützt Klienten dabei, ihre Lebensgeschichte zu reflektieren, zentrale Werte zu erkennen und Klarheit für ihren weiteren Weg zu gewinnen.
Im Coaching findet das Tool Anwendung in der Analyse- und Zieldefinitionsphase. Es ist insbesondere für Klienten geeignet, die an einem Wendepunkt in ihrem Leben stehen. Durch eine ganzheitliche Betrachtung kann das praxiserprobte Tool sowohl im persönlichen als auch im beruflichen Kontext angewendet werden. Ziel ist es, durch die Arbeit mit symbolträchtigen und individuellen Gegenständen ein tieferes Verständnis für die eigene Geschichte und Identität zu erlangen. Der Klient kann Einsicht in seine Werte, persönlichen Ressourcen und Zielvorstellung gewinnen. „Das Lebensding“ eignet sich für:
Mit dem Tool können folgende Ziele erreicht werden:
Abb.: Effekte des Tools „Das Lebensding“
Für Menschen in Umbruchsituationen oder solche, die an einem Scheideweg stehen, bietet „Das Lebensding“ einen stabilisierenden Rahmen. Es unterstützt bei der Selbstreflexion des eigenen Lebensweges. Zudem entsteht ein Raum für kreative, ressourcenstärkende Gedanken, die helfen, in emotional belastenden Situationen wieder handlungsfähig zu werden.
In der Praxis hat sich gezeigt, dass der Coach zunächst prüfen muss, ob diese Intervention die richtige ist. Dies kann der Fall sein, wenn der Klient …
Folgende Fragen kann der Coach stellen, um herauszufinden, ob die Anwendung des Tools sinnvoll ist. Gleichzeitig nutzt er die Gelegenheit, die Ressourcen des Klienten – wie Fähigkeiten, Stärken, neue Sichtweisen und Erfolgsstrategien im Umgang mit herausfordernden Situationen in der Vergangenheit – ins Bewusstsein zu bringen. Dies dient der Stärkung des Klienten, um auch zukünftige Situationen zu meistern.
Zunächst stellt der Coach „Das Lebensding“ vor. Dies könnte er wie folgt tun: „Das Tool ist eine Intervention in der Analyse-Phase des Coachings. Durch die Verwendung und Reflexion von persönlichen Gegenständen des Klienten werden Werte, Ressourcen und Wünsche identifiziert. Es ist eine praktische Methode, mit der gedankliche Blockaden überwunden und neue Perspektiven eröffnet werden können. Das Tool erzeugt einen Raum, in dem der Klient sich von den belastenden Gedankenspiralen löst und angeregt durch die Reflexion an Handlungsfähigkeit gewinnen kann.“
Für die Vorbereitung der Coaching-Session wird der Klient aufgefordert, zehn persönliche Gegenstände aus seinem Leben auszuwählen. Es geht nicht um den materiellen Wert dieser Dinge, sondern um die emotionale Bedeutung, die sie für den Klienten haben. Jeder dieser Gegenstände kann eine besondere Lebensphase, eine prägende Erfahrung oder eine wichtige Transformation im Leben symbolisieren.
Um die Auswahl der Lebensdinge gezielt anzuleiten, kann der Coach sich beispielsweise wie folgt an den Klienten wenden: „Nehmen Sie sich Zeit und lassen Sie Ihre Umgebung bewusst auf sich wirken. Begeben Sie sich mit einer offenen, reflektierenden Haltung auf eine Entdeckungsreise durch Ihre Räume – sei es Ihr Zuhause oder Ihr Arbeitsumfeld.“ Folgende Impulse unterstützen den Klienten bei der Auswahl seiner Lebensdinge:
Erfahrungsgemäß ist eine Zeitspanne von ein bis zwei Wochen für die Auswahl besonders hilfreich. So kann der Klient bewusst wahrnehmen, welche Dinge in seinem Alltag eine besondere Bedeutung haben. Die ausgewählten Gegenstände können mitgebracht werden – entweder physisch (sofern sie nicht größer als ca. 20 x 20 cm sind) oder in Form eines Fotos oder einer kurzen Beschreibung.
Die Auswahl der Lebensdinge zu treffen, kann eine Herausforderung für den Klienten sein. Fällt ihm die Begrenzung schwer, kann der Coach den Auswahlprozess in kleinere Schritte unterteilen oder den Klienten anleiten, zunächst eine größere Auswahl zu treffen und diese dann zu priorisieren. Zudem kann er Alternativen anbieten – etwa die Bildung von Kategorien, in denen jeweils die wichtigsten Gegenstände festgelegt werden. Umgekehrt kann es einigen Klienten schwerfallen, zehn Gegenstände zu finden. In solchen Fällen kann der Coach aus seiner Praxiserfahrung berichten und Beispiele anderer Klienten anführen, um den kreativen Prozess anzuregen.
Zu Beginn der Session stellt der Klient seine mitgebrachten Lebensdinge vor. Dabei kann der Coach gezielt Fragen stellen, um die emotionale und symbolische Bedeutung für den Klienten zu erkunden:
Um durch die Intervention Schlüsse auf das Heute und die Zukunft ziehen zu können, hat es sich bewährt, den Zusammenhang mit einer Lebenslinie herzustellen und sie chronologisch durch den Klienten ordnen zu lassen. Der Coach kann diesen nächsten Schritt durch folgende Fragestellung einleiten: „Teilweise werden Sie bereits sehr lange durch einige Lebensdinge begleitet, was halten Sie davon, wenn wir diese Objekte mit Ihrer Lebenslinie verknüpfen, um eventuelle Verbindungen zu heute zu prüfen?“ Hierbei kann eine Lebenslinie auf ein Flipchart gezeichnet werden, welche über den heutigen Zeitpunkt hinausgeht. Der Klient ordnet seine Lebensdinge entsprechend zu.
Der abschließende Teil des Prozesses widmet sich der Übertragung der gewonnenen Erkenntnisse in die Gegenwart und Zukunft. Folgende Fragen könnte der Coach stellen:
Je nach Präferenz des Klienten kann das Tool auf unterschiedliche Weise visualisiert werden:
Da „Das Lebensding“ tief in die persönliche Geschichte eindringt, können bei manchen Klienten intensive emotionale Reaktionen hervorgerufen werden. Es ist nicht ungewöhnlich, dass alte Wunden oder verdrängte Erinnerungen wieder an die Oberfläche kommen. Der Coach sollte den Klienten daher mit Empathie und Sensibilität begleiten, ihm genügend Zeit und Raum für Pausen geben und falls nötig auch externe Unterstützung (z.B. therapeutische Begleitung) empfehlen.
Um die Transformation in den Alltag des Klienten zu unterstützen, hat es sich bewährt, ein Bild von der Auswahl der Lebensdinge und der Lebenslinie zu erstellen. Dieses kann der Klient im Transferprozess für sich nutzen und ggf. mit weiteren Erkenntnissen ergänzen.
Nicole, eine 48-jährige Managerin, kam ins Coaching, weil sie das Gefühl hatte, in ihrem beruflichen Alltag festzustecken und ihre persönliche Entwicklung zu vernachlässigen. Im Rahmen des Tools „Das Lebensding“ wählte sie zehn Gegenstände aus, die für verschiedene Phasen ihres Lebens standen. Z.B. brachte sie ein Plektron zum Gitarre spielen und eine Jakobsmuschel mit.
Durch die intensive Reflexion ihrer Gegenstände erkannte Nicole, dass sie früher sehr gerne Musik gemacht und durch die Familiengründung damit aufgehört hatte. Sie realisierte, dass sie dieser Leidenschaft wieder Raum geben möchte, um die Freude beim Musizieren erneut zu erleben. Die Jakobsmuschel erinnerte sie an ihre Auszeit auf dem Jakobsweg, die für sie für einen Neuanfang stand. Nicole hatte bereits sehr viele Neuanfänge gemeistert und fühlte, dass sie diese Muschel mit in die Zukunft nehmen möchte, um sich selbst zu erlauben, auch mit 48 Jahren einen Neuanfang zu wagen. Die Methode „Das Lebensding“ hatte die ersten Auswirkungen in ihrem Zuhause, da sie Dinge, die „verstaut“ und „unsichtbar“ waren, wieder ins Bewusstsein brachte. Die Einordung der Lebensdinge in die Lebenslinie ermöglichte einen offenen Blick auf ihre Zukunft.
Für die erfolgreiche Anwendung von „Das Lebensding“ ist es hilfreich, wenn sowohl der Coach als auch der Klient mit den Prinzipien des systemischen Coachings vertraut sind. Erfahrung in der Biografie- oder Ressourcenarbeit sind ebenfalls von Vorteil. Wer bereits Erfahrung in der Aufarbeitung der eigenen Lebensgeschichte hat, kann von diesem Tool besonders profitieren.
Mit der bewussten Auseinandersetzung und dem gezielten Einsatz von „Das Lebensding“ können Klienten ihre persönliche Geschichte neu ordnen, wertvolle Lebensressourcen aktivieren und somit den Grundstein für einen erfolgreichen, selbstbestimmten Weg in die Zukunft legen. Aus der Erfahrung werden Lebensdinge meist losgelöst voneinander betrachtet. Dadurch bleiben verbindende Werte, Wünsche und Ressourcen unbeachtet. Durch die Intervention „Das Lebensding“ kann ein verbindender Faden sichtbar werden. Es hat sich bewährt, dem Klienten im Vorfeld keine zeitliche Abfolge bei der Auswahl der Objekte vorzugeben. Die Auswahl sollte möglichst frei und ohne logische Reihenfolge erfolgen. Sonst besteht die Gefahr, dass der Klient unabhängig von der Priorisierung für jeden Lebensabschnitt Objekte aussucht und dadurch das Ergebnis verwässert.
Die Vorstellung und Strukturierung der Lebensdinge sowie die Erkenntnisgewinnung benötigen in der Regel 120 Minuten, je nach Alter des Klienten (bzw. Länge der Lebenslinie) und Komplexität der Themen. Hilfreich ist ein Tisch, auf dem die Objekte aufgestellt werden können. Meist findet das Tool in der zweiten Coaching-Session seinen Einsatz, wenn sich die beschriebenen Effekte in der ersten Session gezeigt haben. Zudem hat es sich bewährt, ein Foto aller Objekte am Ende der Session zu erstellen, um den Transfer in den Alltag zu unterstützen.