Methoden

Lösungs- und entwicklungsorientiertes Coaching in Symbiose

Coaching-Varianten

4 Min.

Erschienen im Coaching-Newsletter in Ausgabe 11 | 2006

Das lösungsorientierte Coaching (LOC) und das entwicklungsorientierte Coaching (EOC) werden oftmals als gegensätzliche Coaching-Varianten beschrieben. Dennoch können und sollten beide Ansätze sinnvoll miteinander verknüpft werden.

Das LOC geht von der Grundannahme aus, dass jeder Klient seine Zukunft eigenverantwortlich gestalten kann; konsequenterweise obliegt dem Coach die Rolle des neutralen Begleiters, beschränkt sich also auf die "Beratung ohne Ratschlag". In der Grundhaltung zählt die Zukunft, vergangene Probleme bzw. Schwächen zu analysieren macht diese nur stärker.

Demzufolge wird im LOC das gewünschte Ziel in der Zukunft möglichst facettenreich beschrieben. Es wird zusammengetragen, was der Klient bereits positives unternommen hat. Mithilfe von z.B. Brainstorming oder geeigneten Fragetechniken erarbeitet der Klient weitere Schritte, um der gewünschten Situation schrittweise immer näher zu kommen. Jeder Fortschritt wird wertgeschätzt, erneut positive Schritte definiert und umgesetzt bis das Ziel erreicht ist.

Das EOC geht von der Grundannahme aus, dass für dauerhafte Verhaltensänderungen neue bzw. verbesserte Kompetenzen erforderlich sind, die man über neue Einsichten und Übungen erlangt. Jeder Mensch hat blinde Flecken, zu deren Erkennung die Interaktion mit anderen Menschen benötigt wird. Der Coach benötigt dazu ein (Grund-)Verständnis der Ist-Situation und Historie. Dazu muss der Coach verschiedene Gebiete integrieren, z.B. Managementwissen, Philosophie, Psychologie und Biologie.

Demzufolge wird im EOC über den Tellerrand des Präsentierproblems hinaus geblickt, der Coach verschafft sich einen fundierten Eindruck über den Klienten und erarbeitet mit ihr/ihm zusammen das weitere Vorgehen. Das Coaching verhilft dem Klienten zu neuen Einsichten und neuen Verhalten. Es erfolgt eine kontinuierliche Überprüfung inwieweit sich das Coaching in die Gesamtsituation des Klienten noch einfügt. Bei Bedarf wird das Coaching über neue Einsichten und Übungen stetig weiterentwickelt.

Der Nutzen des EOC liegt als darin, dass der Klient zu Einsichten außerhalb seines Erfahrungshorizonts kommt, der Klient lernt die Sprache, um neue Einsichten zu integrieren und Übungen um neues Verhalten zu erproben. Das EOC verändert bewusste und unbewusste mentale Modelle und erweitert stetig die Kompetenzen des Klienten.

Der Nutzen des LOC liegt hingegen darin, dass das bestehende Lösungsfindungspotential des Klienten ausgeschöpft wird, der Klient wird sozusagen immer wieder an seine aktuellen Grenzen geführt. Der Coach erhält dadurch Einblicke in die Denkweise und das innerer Erleben des Klienten.

Wie kann LOC und EOC kombiniert werden?

Grundsätzlich startet das Coaching mit LOC: Wo steht der Klient aktuell, was hat er für Ideen, was lief gut, wie will er weiter vorgehen. Der Coach erfährt den aktuellen Erfahrungshorizont des Klienten, d.h. wo befindet er sich gerade aus seiner Sicht.

Nun kommt das EOC zum Zuge. Welche Einsicht, welche Kompetenz benötigt der Klient nun, um zusätzlich zu dem selbst erarbeiteten den bestmöglichen nächsten Schritt gehen zu können. Eventuell liefen Dinge nicht so gut, der Klient sieht Dinge verzerrt, hier hat der Coach nun mehrere Möglichkeit den Erfahrungshorizonts des Klienten zu erweitern, beispielsweise durch ein Feedback .

Mit diesen erweitertem Horizont erfolgt eine Rückgabe an das LOC. Was möchte der Klient nun mit seinen zusätzlichen Kompetenzen und Einsichten unternehmen, welche Ideen hat er nun, welche nächsten Schritte will er umsetzen usw. EOC und LOC spielen Hand in Hand, ergänzen sich und treiben sich gegenseitig voran.

Für diese Art des Coachings muss der Coach bereit und fähig sein, wechselseitig sowohl Verantwortung für den Verlauf des Coachings zu übernehmen, als auch in die Rolle des Beobachters zu schlüpfen. Der Coach sollte "in diesem Moment" richtige Entscheidungen treffen. Dazu ist es nötig, stets nahe beim Kunden zu sein und der Situation entsprechend adäquat auf drei Ebenen kommunizieren: Kopf , Gefühl und Körper. Das bedeutet den Klienten nicht nur intellektuell zu begegnen (Kopf), sondern auch beurteilen können, inwieweit gesagtes physisch "gelandet" ist (Körper). Gefühle sind mächtige Triebfedern menschlichen Handels, der Coach muss sich daher seiner eigenen Gefühle als auch die des Klienten bewusst sein und bei Bedarf thematisieren können.

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