Beruf Coach

Fragen an Horst Rückle

Coaching-Pionier Horst Rückle beantwortet Fragen aus der Praxis

4 Min.

Erschienen im Coaching-Magazin in der Ausgabe 3 | 2013 am 11.09.2013

Ändert Coaching meine Persönlichkeit?

Bedingt. Coaching bezieht sich immer auf eine Rolle. Darunter verstehe ich die Summe der erwarteten Verhaltensweisen in einer Position. Persönlichkeit ist u.a. definiert als „Schnittmenge von sozialen Rollen“ (Hofstätter). Wird an einer Rolle gearbeitet, beeinflussen die Ergebnisse auch die anderen Rollen und die Persönlichkeit. Deshalb ist es so wichtig, dass das, was der Klient will, geklärt und in den Auswirkungen akzeptiert ist.


Wie ist der Ablauf von Coaching?

In einem honorarfreien Erstgespräch klären der Klient und der Coach, ob sie einander zutrauen, positive Ergebnisse zu erreichen. Danach klärt der Coach den Stand des Wissens des Klienten über dessen berufliche Bereiche. Erst wenn Wissen vorhanden ist, kann dieses für die Anwendung trainiert werden. Und erst bei der Anwendung zeigen sich eventuelle hinderliche Strukturen und Glaubenssätze. Wer Wissen nicht anwenden kann, bleibt Theoretiker. Kann der Klient, was von ihm gefordert wird, ist oft kein Coaching erforderlich. Erst wenn innere Strukturen, Glaubenssätze, fehlende Motivation oder andere Gründe die Anwendung hemmen oder unmöglich machen, folgt Coaching.

Was kommt nach dem Coaching?

Weiteres Coaching. Ein Coach ist auch ein begleitender Helfer, der immer ansprechbar ist, wenn der Klient selbst nicht weiter weiß. Um zu verhindern, dass der Klient sich zu sehr auf den Coach verlässt oder gar abhängig wird, lässt der Coach das Problem zunächst beim Klienten. Mit der Frage „Was hätten Sie getan, wenn Sie mich nicht erreicht hätten?“, erreicht er, dass der Klient statt Antworten zu suchen, Lösungsmöglichkeiten zur Diskussion stellt.

Je nach Situation muss nun erneut ein Wissensdefizit eliminiert werden, wobei Training erforderlich oder Coaching hilfreich ist. So begleiten verantwortungsbewusste Coaches ihre Klienten oft jahrelang. Einige Unternehmer haben ihren Coach, weil sie seine Kompetenz in deren gesamter Bandbreite nutzen wollen, in den Beirat ihrer Unternehmen berufen.

Arbeiten Sie mit Modellen?

Mein „Modell“ ist der Klient. Sein Verhalten ist der „Ausschnitt aus der Wirklichkeit“. Er hat das ihm seither Wichtige gefördert und das ihm Unwichtige weggelassen. Der Coach macht ihm bewusst, wie seine Denk- und Verhaltensweisen wirken und hilft ihm dabei mit Feedback, sich selbst neu zu gestalten. Ein guter Coach pfropft keine fremden Ideale oder Modelle auf.

Wen informieren Sie über die Ergebnisse?

Den Auftraggeber. Deshalb empfiehlt es sich, wenn Unternehmen das Coaching bezahlen, den Klienten als Auftraggeber auszuweisen. Damit hat nur er die jeweiligen Ergebnisse und es ist ihm überlassen, wen er wie umfassend informiert. Das macht ihn frei, sich aus Strukturen zu lösen, in denen er sich nicht entwickeln konnte. Sinnvoll und hilfreich ist es, wenn der Klient seine Führungskraft über den Teil der Ergebnisse und seiner Aktivitäten informiert, der für die Zusammenarbeit relevant ist. Dort, wo Führungskräfte zu Coaches ausgebildet sind oder firmeninterne Coaches parallel fördern, kann der Coach diese in Abstimmung mit dem Klienten informieren.

Ich will mich nicht verbiegen (lassen)!

Keine Angst, das sind Sie schon! Und weil die Umwelt oft nicht will, dass Sie so sind, wie Sie sein könnten, wünscht man Ihnen zum Geburtstag „bleibe so wie Du bist“. Das erspart es den Mitmenschen, sich umzugewöhnen. Sie könnten auch wünschen „entwickle Dich“. Das Ich wird u.a. verstanden als die Summe der Identifikationen. Es ist nicht angeboren, sondern wird in früher Kindheit als Reaktion auf die Reize der Umwelt gebildet und kann im Laufe des Lebens durch Lernprozesse, meist aber durch Leid, verändert werden. Jede neue Rolle verlangt einen gewissen Grad an Beweglichkeit. Ein „ich bin halt so“ oder „ihr müsst mich ebenso nehmen wie ich bin“ bremst die Entwicklung. Die Befürchtung, verbogen zu werden, löst sich im Coaching wegen den aus den Informationen, dem Training und aus den Gesprächen entstehenden Erkenntnissen von selbst.

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