Wissenschaft

Positives Coaching

Wirkmechanismen auf Mitarbeiterbindung

In Zeiten von Fachkräftemangel und abnehmenden Erwerbspersonenpotenzials ist es für Unternehmen nicht nur wichtig, für Bewerberinnen und Bewerber attraktiv zu sein. Im oft zitierten „Kampf um die besten Köpfe“ kommt auch der Mitarbeiterbindung eine wichtige Rolle zu. Im vorliegenden Beitrag wird aus wissenschaftlicher Perspektive gefragt, welche Wirkung Positives Coaching auf die – letztlich bindend wirkende – Zufriedenheit von Arbeitnehmenden haben kann.

10 Min.

Erschienen im Coaching-Magazin in der Ausgabe 2 | 2023 am 17.05.2023

Normalerweise würde man davon ausgehen, dass Arbeitnehmende in Zeiten gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Krisen weniger bereit sind, ihren Job zu wechseln. Doch derzeit zeigt sich eine deutlich erhöhte Wechselbereitschaft von Mitarbeitenden (Clementi & Ferrazzi, 2022). Dieser Trend wird auch als „Great Resignation“ bezeichnet und ist eng mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie verbunden (Tessema et al., 2022). Die Krise hat bei vielen Arbeitnehmenden zu einem Umdenken geführt und sie dazu bewegt, ihre beruflichen Ziele sowie ihre Lebensgestaltung allgemein zu reflektieren. Ein Vorgang, der auch weit nach Abklingen der Pandemie fortbesteht. Die daraus resultierende gestiegene Wechselbereitschaft kann für Unternehmen herausfordernd sein, da sie nicht nur dazu führen kann, dass talentierte Mitarbeitende – und mit ihnen Wissen und Kompetenzen – verloren gehen, sondern auch hohe direkte und indirekte Kosten für die Rekrutierung und Einarbeitung neuer Mitarbeitender entstehen.

Auf einen Blick

  • Positives Coaching ist ein stärkenorientierter und auf persönliches Wachstum ausgerichteter Coaching-Ansatz, der auf den Erkenntnissen der von Martin Seligman begründeten Positiven Psychologie basiert.
  • Zum Zweck der Mitarbeiterbindung kann Positives Coaching präventiv bzw. interventionell eingesetzt werden, sofern die Kündigungsbereitschaft der gecoachten Person noch nicht zu stark ausgeprägt und eine innere Kündigung noch nicht vollzogen ist.
  • Aufgrund des Ripple-Effekts besteht die Möglichkeit, durch Positives Coaching bestimmter Personen, die Einfluss innerhalb des Unternehmens haben, positiv auf die generelle Mitarbeiterbindung einzuwirken.

In Krisenzeiten scheint sich insbesondere der Ansatz des Positiven Coachings anzubieten, um die Stärken von Mitarbeitenden zu aktivieren (Waters et al., 2022) und so Mitarbeiterbindung zu fördern. Beruhend auf einer 2022 an der Hochschule Fresenius durchgeführten wirtschaftspsychologischen Forschungsarbeit wird im Folgenden zunächst auf Gründe für eine Mitarbeiterkündigung eingegangen und das sogenannte „Schwellenmodell“ vorgestellt. Danach wird tiefer auf Positives Coaching eingegangen. Dabei stehen insbesondere die Wirkmechanismen in Bezug auf bindungsfördernde Faktoren im Fokus.

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Literatur

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