Wissenschaft

Drei Gedächtnisse und ihre Bedeutung für wirksames Coaching

Das Erlebnis-, Verhaltens- und Körpergedächtnis

Wer sich die Frage stellt, was Coaching wirksam macht, wie also z.B. eine nachhaltige Veränderung zu erzielen ist, kann neurowissenschaftliche Aspekte nicht unbeachtet lassen. Neurowissenschaftlich fundiertes Coaching arbeitet auf drei Gedächtnisebenen, genauer gesagt auf den Ebenen des Erlebnis-, des Verhaltens- und des Körpergedächtnisses. Worin die jeweilige Bedeutung der einzelnen Gedächtnisebenen für das Coaching liegt, erläutert der vorliegende Beitrag.  

13 Min.

Erschienen im Coaching-Magazin in der Ausgabe 1 | 2023 am 22.02.2023

Drei Gedächtnisse und ihre Bedeutung für wirksames Coaching

Wenn Coaching wirkt, dann verändert sich das Gehirn der Klientinnen und Klienten. Plakativ formuliert könnte man fragen: Wo sitzen die Probleme im Kopf und was genau ändert sich dort eigentlich? Die Art, wie wir die Welt wahrnehmen und in ihr handeln, wird entscheidend durch unsere verschiedenen Gedächtnisse geprägt. Ohnehin wäre ein Mensch ohne Gedächtnis ziemlich hilflos. Es ermöglicht uns einen Zugriff auf unsere Vergangenheit und unsere Lernprozesse. Daher ist es wichtig, sich als Coach mit den Gedächtnissen und ihrer Funktionsweise auseinanderzusetzen.

Üblicherweise werden in Lehrbüchern zwei Arten von Langzeitgedächtnissen voneinander unterschieden, die beide aus neurowissenschaftlicher Sicht zum Vorbewussten gezählt werden: das deklarative und das prozedurale Gedächtnis (Squire, 1987) bzw. das explizite und implizite Gedächtnis (Schacter, 1996). Stark vereinfacht könnte man auch von einem Wissens- und einem Verhaltensgedächtnis sprechen. Das deklarative Gedächtnis bezieht sich auf Inhalte, die verbalisiert werden können und damit zum bewussten/expliziten Wissen zählen. Auf das prozedurale Gedächtnis trifft dies nicht oder nur teilweise zu, es ist daher implizit.

Das limbische System gilt als Sitz unserer Persönlichkeit und die Hirnvorgänge, die hier subcortical (außerhalb der Großhirnrinde) ablaufen, sind unbewusst. Sie bestimmen jedoch maßgeblich unser Erleben und Verhalten. Eine Doktorarbeit (Ryba, 2018) hat gezeigt, dass der Körper einer der wichtigsten „Zugänge“ zum Unbewussten ist, weil Körpersignale wie z.B. die nonverbale Kommunikation vom limbischen System gesteuert werden. Somit kann neben dem Wissens- und dem Verhaltensgedächtnis als drittes Gedächtnis die körperliche Ebene betrachtet werden, die eine Art unbewusstes Gedächtnis darstellt. Im Folgenden werden die drei Gedächtnisse und ihre Relevanz für das Coaching vorgestellt.

Bedeutung des deklarativen Gedächtnisses

Das deklarative Gedächtnis (explizites „Wissensgedächtnis“) wird strukturell unterteilt in das episodische Gedächtnis, das Faktengedächtnis (reines Wissen ohne Emotionen) und das Vertrautheitsgedächtnis (Objekt/Ereignis bekannt vs. unbekannt). Für Coaches ist besonders das Erste interessant, welches sich in das autobiografische Gedächtnis und das Quellengedächtnis untergliedert. Beide Gedächtnissysteme sind mit Emotionen verbunden. Das Quellengedächtnis ermöglicht die spätere Einschätzung der Glaubwürdigkeit einer Quelle, weil es Informationen darüber speichert, wann, wo, wie und von wem etwas gelernt wurde. Viel wichtiger für Coaches ist jedoch das autobiografische Gedächtnis. Dieses bezieht sich auf eigene Erlebnisse und die von nahestehenden Personen. Es kann daher auch als Erlebnisgedächtnis bezeichnet werden. Für Coaches ist es von besonderer Bedeutung, da es in der Beratung häufig um Erfahrungen beruflicher oder privater Art geht, die Klientinnen und Klienten in der Vergangenheit gemacht haben und welche in der Gegenwart die Zielerreichung im Coaching beeinflussen.

Die Inhalte des deklarativen Gedächtnisses werden in der kognitiven und limbischen assoziativen Großhirnrinde gespeichert (Roth & Strüber, 2014). Sie sind demnach bewusstseinsfähig und verbalisierbar. So können sich Coaches von ihren Klientinnen und Klienten sprachlich ihre autobiografischen Erlebnisse und Erfahrungen berichten lassen (Erlebnisgedächtnis). Die meisten Coaching-Methoden arbeiten mit dem deklarativen Gedächtnis, also dem Vorbewussten, auf einer sprachlichen und manchmal vielleicht auch bildlichen Ebene. Da Bilder im deklarativen Gedächtnis gespeichert werden, zählen sie zum Vorbewussten und nicht zum Unbewussten – das Unbewusste ist wirklich unbewusst.

Spannend ist, dass die Inhalte des deklarativen Langzeitgedächtnisses einer zunehmenden „Datenkompression“ unterliegen. Das bedeutet, sie werden im Laufe der Zeit immer kompakter gespeichert und dann auch in dieser komprimierten Weise erinnert (ebd.). Die Datenkompression wird unterbrochen, wenn Inhalte aufgefrischt werden. Geschieht dies nicht, werden sie immer weiter komprimiert, bis die Inhalte schließlich kaum noch erinnert werden können, wenngleich sie noch vorhanden sind. So braucht es z.B. aktive Erinnerung, um Details eines lange zurückliegenden Erlebnisses abzurufen, und in manchen Fällen können sie ohne Unterstützung von anderen gar nicht mehr abgerufen werden. So kann es im Coaching vorkommen, dass selbst prägende Ereignisse nur mühevoll erinnert werden können und es sehr viel Geduld braucht, um den Prozess des Erinnerns zu unterstützen.

Praxisbeispiel

Häufig sind sich Klientinnen und Klienten nicht darüber im Klaren, welche Auswirkungen ihre vergangenen Erfahrungen auf ihr aktuelles Verhalten haben. In folgendem Beispiel aus der Coaching-Praxis der Autorin legt die Führungskraft ihren Mitarbeitenden gegenüber eine „Stellt Euch nicht so an“-Haltung an den Tag. Die Gründe für diese Haltung sind der Führungskraft nicht präsent. Sie kann nur wahrnehmen, dass sie diese Haltung hat und „wehleidige“ Mitarbeitende bei ihr ein Gefühl der Genervtheit auslösen. Ziel des Coachings ist es, einen empathischeren Führungsstil zu ermöglichen. Im Laufe des Prozesses wird deutlich, dass die Eltern der Führungskraft es sehr schwer hatten. Die Mutter zeigte sich zudem anderen gegenüber derart empathisch, dass sie selbst im Leid versank. Dies hat schließlich dazu geführt, dass die Führungskraft für sich beschlossen hat, lieber Abstand von Emotionalitäten zu nehmen und sich nur dann empathisch zu zeigen, wenn das Leid ihrer Einschätzung nach „wirklich gerechtfertigt“ ist, also mit dem Leid der eigenen Eltern „mithalten“ kann. Erst dann ist es der Führungskraft möglich, Mitgefühl zu zeigen.

Für die weitere Bearbeitung des Themas im Coaching ist die Herausarbeitung dieser biografischen Hintergründe ein wichtiger Schlüssel. Es reicht allerdings nicht aus, diese Zusammenhänge bewusst zu machen, denn dies allein führt nicht zur Änderung.

Verknüpfungen von Erlebnissen mit Emotionen lösen

Warum? Kognitives Verstehen findet in der Großhirnrinde statt. Die für die Verhaltensänderung wichtigen Emotionen werden allerdings von der Amygdala (Teil des limbischen Systems) verarbeitet. Relevant für Coaches ist nun die Erkenntnis, dass der Hippocampus den Prozess der Speicherung und des Abrufs der jeweiligen Erinnerungen des deklarativen Gedächtnisses organisiert (ebd.). Er steht nicht nur mit den corticalen, sondern auch mit den subcorticalen limbischen Zentren (insb. Amygdala und Nucleus accumbens) in Verbindung, welche die Emotionen und Motivationen bestimmen (Roth & Ryba, 2016). Im Erlebnisgedächtnis werden somit Erfahrungen mit der Gefühlslage abgespeichert, die in der jeweiligen Situation vorlag. Im Hippocampus findet also eine Verknüpfung von Sach- und Kontextinformationen mit Emotionen statt unter dem Einfluss der Amygdala! Ein Coach kann seine Klientinnen und Klienten nun dabei unterstützen, diese Verknüpfungen von Erlebnissen mit Emotionen zu lösen bzw. zu lockern, wenn diese einschränkend sind. Dies geschieht über den Prozess des Erinnerns.

Beim Erinnern werden Inhalte aus dem deklarativen Gedächtnis in das sogenannte Arbeitsgedächtnis „geladen“. Dieses verarbeitet aufgenommene Informationen kurzfristig und ist letztlich für unseren Strom des Bewusstseins verantwortlich. Inhalte, die sich im Arbeitsgedächtnis befinden, unterliegen einem Zustand erhöhter Plastizität. Sie werden also empfänglich für Umstrukturierungen, z.B. im Zusammenhang mit neuen Erfahrungen. Dabei können kognitive, sensorische oder emotionale Aspekte verstärkt oder abgeschwächt werden. Nützlich hierfür sind Kontrastierungsmethoden, welche eine negative Erfahrung mittels Problemaktualisierung in das Arbeitsgedächtnis „laden“ und dieser dann neue Ressourcen und positives Lösungserleben gegenüberstellen. Im Beispiel mit der Führungskraft ist ein wichtiger Teil des Problems die Erfahrung, dass die eigene Mutter aufgrund ihrer Empathie selbst gelitten hat. Empathisches Verhalten wird also u.a. mit einem Gefühl von Überforderung verknüpft. Hier geht es dann darum, diese negative Verknüpfung zu lösen und stattdessen positives Lösungserleben zu aktivieren, damit ein empathischerer Führungsstil möglich wird.

Bedeutung des prozeduralen Gedächtnisses

Im prozeduralen Gedächtnis, vereinfacht als Verhaltensgedächtnis zu verstehen, werden neben den Ergebnissen klassischer Konditionierung (Assoziationslernen) und Priming (Bahnung durch gelernte Zusammenhänge/Assoziationen) vor allem Fertigkeiten und Gewohnheiten gespeichert. Die beiden letzten Punkte sind für Coaches besonders wichtig und werden daher nun genauer beleuchtet.

Fertigkeiten

Bei den Fertigkeiten bzw. automatisierten Handlungsabläufen, die ein Mensch erlernt hat, kann es sich um kognitive Fähigkeiten wie das Sprachverstehen handeln oder auch um motorische Fähigkeiten wie das Autofahren. Eine Person hat meist ein Bewusstsein dafür, über welche Fähigkeiten sie verfügt. Schwieriger sprachlich zu beschreiben sind jedoch die Umsetzungsdetails, d.h.: Normalerweise weiß ein Mensch nicht mehr genau, wie er etwas tut. Dies liegt daran, dass das Gehirn zunächst viel Konzentration braucht, um eine neue Fertigkeit zu lernen, die Ausführungssequenz jedoch mit zunehmender Automatisierung von der assoziativen Großhirnrinde immer weiter in das Striatum (Teil der Basalganglien) und das Kleinhirn „absinkt“ (Roth & Strüber, 2014). Diese subcorticalen Bereiche des Gehirns verfügen nicht über Sprache. Der Vorteil ist, dass die Handlung nun ohne bewusstes Nachdenken abgerufen und umgesetzt werden kann. Diese Komplexitätsreduktion hat jedoch den Nachteil, dass die Fertigkeit nicht mehr ohne Weiteres sprachlich beschrieben werden kann.

Über welche Fähigkeiten eine Klientin oder ein Klient verfügt oder nicht verfügt, kann für bestimmte Problemstellungen im Coaching sehr wichtig sein, z.B. für die Frage, welche Führungs- und Kommunikationsfähigkeiten jemand mitbringt und welche noch aufgebaut, verändert oder erweitert werden müssen. Die oben beschriebene Führungskraft, die ihren Mitarbeitenden gegenüber empathischer agieren soll, verfügt grundsätzlich über diese Fähigkeit, setzt sie aber nur selten ein. Im Coaching geht es dann darum, die Auftrittswahrscheinlichkeit zu erhöhen und die Fähigkeit ggf. zu erweitern durch Kommunikationstechniken wie „Aktives Zuhören“ usw. Anders würde es aussehen, wenn die Fähigkeit überhaupt nicht vorhanden wäre, denn dann müsste diese erst geduldig aufgebaut werden. Keinerlei Erfolgsaussichten für ein positives Coaching-Ergebnis wären dann gegeben, wenn bei der Führungskraft eine schwerwiegende Empathiestörung vorläge, weil diese mit Coaching-Methoden nicht bearbeitet werden kann. Zum Abschluss sei noch darauf hingewiesen, dass Fertigkeiten nicht plötzlich verschwinden, aber im Laufe der Zeit langsam abnehmen, wenn sie nicht regelmäßig geübt werden. Hier gilt das Prinzip: Use it or lose it.

Gewohnheiten

Gewohnheiten bilden sich oft unbemerkt aus. Sie entwickeln sich durch eine Art operanter Konditionierung, also Verstärkungslernen. Demnach wird ein bestimmtes Verhalten bei positiven Konsequenzen verstärkt und bei negativen vermindert. Eine Routine entwickelt sich durch die mehrfache Wiederholung einer Handlung, die eine positive Konsequenz hatte oder half, eine negative Folge zu vermeiden. Ist die Gewohnheit etabliert, führt sie zu einem Wohlgefühl, weil bei ihrer Ausführung endogene Opioide (Neuropeptid mit einer Wirkung ähnlich eines Opiats, also vor allem Schmerzlinderung) ausgeschüttet werden (ebd.). Für Coaches ist die Erkenntnis spannend, dass das Gehirn Gewohnheiten als belohnend empfindet, selbst die Schlechten! Dies erklärt nämlich, warum es Menschen so schwer fällt, ihre schlechten Gewohnheiten wider besseren Wissens abzulegen. Wichtig ist auch der Punkt, dass es hier nicht nur um Handlungsgewohnheiten geht, sondern auch um Denk- und Fühlgewohnheiten. Diese werden nämlich auch mit zunehmender Wiederholung automatisiert und entziehen sich immer mehr unserem Bewusstsein. Daher bemerken Klientinnen und Klienten es nur selten, wenn sie in bekannten Bahnen denken und fühlen, und noch dazu werden sie dafür belohnt. Erst wenn ein hoher Leidensdruck besteht oder die Befriedigung wichtiger Grundbedürfnisse in Aussicht gestellt wird, besteht hier eine Änderungsmotivation. Diese sollte der Coach im Blick haben, sonst kämpft er gegen Windmühlen.

Die meisten Inhalte des prozeduralen Gedächtnisses werden nach intensiven und häufigen Wiederholungen im Striatum (Teil der Basalganglien) und Kleinhirn gespeichert (ebd.). In den Basalganglien findet eine Datenkompression oder Konsolidierung statt. Damit werden die Inhalte zunehmend veränderungsresistent. Ein „Überlernen“ oder Neulernen ist jedoch möglich, wenngleich meist mit steigendem Aufwand, also vor allem durch intensives Üben. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass Coaches das geduldige Einüben neuer Fähigkeiten und Gewohnheiten mit ihren Klientinnen und Klienten trainieren.

Bedeutung des Körpergedächtnisses

Das Körpergedächtnis repräsentiert die unbewussten Anteile von Psyche und Persönlichkeit. Körper und Psyche bilden eine Einheit. Diese vollzieht sich durch das Zusammenwirken des sensomotorischen Rückkopplungssystems (Haltungen und Bewegungen), des vegetativen Systems (Lebenserhaltungssystem mit Sympathikus und Parasympathikus) und des hormonalen Systems (Ausschüttung von Botenstoffen). Alle drei werden wesentlich vom limbischen System gesteuert.

Ein wahrgenommenes Ereignis wird vom limbischen System bewusst (limbischer Cortex) oder unbewusst (Amygdala, Nucleus accumbens) bewertet. Je nachdem, wie diese Bewertung ausfällt, werden bestimmte Stoffe (endogene Opioide, Serotonin, Dopamin, Cortisol, Vasopression, Cholecytokinin) ausgeschüttet, die entweder als angenehm-lustvolle oder unangenehm-abstoßende Gefühle erlebt werden. Begleitet wird dies von Körperreaktionen wie z.B. veränderter Körperhaltung, Atmung, Änderung des Muskeltonus und nonverbaler Reaktionen in der Mimik, Gestik, Stimme und den Blickbewegungen. Der unbewusste emotionale Zustand eines Menschen drückt sich auf diese Weise über den Körper aus. Die Beobachtung dieser nonverbalen Signale ist für Coaches bedeutsam, weil diese Rückschlüsse auf die unbewussten Anteile der Psyche der Klientinnen und Klienten erlauben, welche von diesen eben nicht sprachlich berichtet werden können. Im oben genannten Beispiel mit der Führungskraft wurde bereits angesprochen, dass es für Klientinnen und Klienten häufig schwierig ist, sich an prägende Ereignisse zu erinnern. Die Erkenntnis, dass empathisches Verhalten mit einer emotionalen Überforderung verknüpft ist, konnte über den Körper gewonnen werden. Erst als die Führungskraft sich mit ihren Körperempfindungen verbunden hat – in diesem Beispiel war es ein Ziehen im Bauch – kam die Erinnerung, dass die Mutter in ihrem Mitgefühl ertrunken ist.

Im therapeutischen Bereich geht die Arbeit mit dem Körpergedächtnis noch weiter. Wilhelm Reich, der Begründer der Körperpsychotherapie und ein enger Schüler Freuds, hat die Beobachtung gemacht, dass mit einem Konflikt körperliche Erregung einhergeht, die sich in (chronischen) muskulären Verspannungen niederschlagen kann. Dieses Phänomen hat er als Charakter- und Muskelpanzer bezeichnet. Ziel seines Ansatzes war somit die Lösung der vegetativen „Energien“ aus den Muskelverkrampfungen. Sein Schüler Alexander Lowen hat zahlreiche bioenergetische Übungen entwickelt, um ein unwillkürliches Zittern zu ermöglichen, welches die affektiv-muskulären Blockaden lösen soll. Eine andere Schülerin Reichs, Gerda Boyesen, hat die biodynamische Massage entwickelt. Nach ihrer Auffassung staut sich die affektive „Energie“ nicht nur in den Muskeln, sondern auch im Bindegewebe und in den Eingeweiden.

Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es hier noch viel zu erforschen. Fest steht jedoch, dass der Einbezug des Körpergedächtnisses für Coaches vor allem deswegen wichtig ist, weil er einen Zugang zu unbewussten Persönlichkeitsanteilen liefert. Die Arbeit mit dem Körper geht jedoch tief. Hier braucht es von Seiten der Coaches neben einer Offenheit für solche Prozesse auch eine fast schon „therapeutische“ Kompetenz, um adäquat die aufkommenden Themen halten und situativ angemessen bearbeiten zu können. Dies lohnt sich, da dann nicht nur an der Oberfläche gearbeitet wird, sondern eine größere Nachhaltigkeit in der Tiefe erreicht werden kann.

Fazit

Die Berücksichtigung des Erlebnis-, Verhaltens- und Körpergedächtnisses ermöglicht es Coaches, gezielter zu intervenieren, weil Probleme mit den passenden Interventionen auf der Ebene bearbeitet werden können, auf der sie abgespeichert sind. Coaches sind somit eingeladen, ihren Toolkoffer dahingehend zu checken, welche Methoden sie für die Arbeit auf den jeweiligen Gedächtnisebenen mitbringen, um ihre Wirksamkeit zu erhöhen.

Literatur

  • Roth, G. & Ryba, A. (2016). Coaching, Beratung und Gehirn. Neurobiologische Grundlagen wirksamer Veränderungskonzepte. Stuttgart: Klett-Cotta.
  • Roth, G. & Strüber, N. (2014). Wie das Gehirn die Seele macht. Stuttgart: Klett-Cotta.
  • Ryba, A. (2018). Die Rolle unbewusster und vorbewusst-intuitiver Prozesse im Coaching unter besonderer Berücksichtigung der Persönlichkeitsentwicklung des Klienten. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
  • Schacter, D. L. (1996). Searching for Memory. The Brain, the Mind, and the Past. New York: Basic Books.
  • Squire, L. R. (1987). Memory and the Brain. In S. L. Friedmann, K. A. Klivington & R. W. Peterson (Hrsg.), The brain, cognition and education (S. 171–202), Orlando: Academic Press.

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