Coaching-Tools

Der Trialog

Ein Coaching-Tool zur Erfolgskontrolle

11 Min.

Erschienen im Coaching-Magazin in der Ausgabe 3 | 2008 am 13.10.2008

Kurzbeschreibung

Überprüfung des Erfolgs eines Coaching-Prozesses anhand von Zieldefinition und Bestimmung der Erreichungskriterien durch Mitarbeiter, Vorgesetzten und Coach.

Anwendungsbereiche

Das Tool kann in jedem Coaching-Prozess genutzt werden. Es ist besonders dann hilfreich, wenn der Coaching-Prozess in Abstimmung mit dem Unternehmen oder Kontext verabredet ist. Ferner dient der Trialog zur integrierten Abstimmung mit anderen Entwicklungsmaßnahmen im Unternehmen (Prozessoptimierung, Bereichsentwicklung usw.).

Zielsetzung/Effekte

Der Trialog dient der integrierten Abstimmung der Coaching-Ziele und Erreichungskriterien zwischen Mitarbeiter und Vorgesetztem. Insoweit dient der Trialog dem Zusammenspiel von beruflicher Rolle, Person und Kontext. Im Abschluss-Trialog – nach Beendigung des Coaching-Prozesses – kommt es zur Überprüfung der Ziele anhand der Erreichungskriterien. Der Coach moderiert im Trialog die Abstimmung von Rollen- und Verhaltenszielen zwischen Führungskraft und Vorgesetztem. Diese müssen konkret, erreichbar und für das Unternehmen sinnvoll sein. Der Trialog ist insoweit eine sinnvolle Ergänzung und Erweiterung zur üblichen Zielvereinbarung. 

Ausführliche Beschreibung

Ein Praxisbeispiel: Die schwierige Situation in einem großen Unternehmen spitzt sich zu. Der Arbeitsdruck wird größer. Die Spannungsfelder unübersichtlicher. Die Menschen sehen sich stärker gefordert und von Seiten des Vorstands nimmt der Ergebnisdruck zu Just in dieser Zeit kündigt überraschend ein Abteilungsleiter! Die Kontinuität in der Projektabwicklung wichtiger Projekte erfordert eine umgehende Neubesetzung. Ein junger Mitarbeiter, der fachlich hoch kompetent ist, in der Sache praktisch sehr erfahren und im Unternehmen mit den Themen 
vertraut, soll die Nachfolge antreten. Er bringt aber keine Führungserfahrung mit. Das Unternehmen entscheidet sich daher, der jungen neuen Führungskraft einen Coaching-Prozess anzubieten. Der Coaching-Prozess soll einen nahtlosen Übergang zur Arbeit des Vorgängers ermöglichen. Daher entscheidet das Unternehmen sich, den Coaching-Prozess mit einem Trialog und Abschluss-Trialog zu verknüpfen.

Eine neue Führungskraft durch Coaching dabei zu unterstützen, in die neue Rolle hinein zu wachsen, gehört zum beruflichen Alltag eines Coachs. In einem solchen Fall kann eine Reihe von bilateralen Gesprächen genügen. Wird dieser Prozess mit der Übernahme einer neuen Funktion in einem deutlichen Spannungsfeld übernommen, so macht es Sinn, beide Prozesse durch den Coaching-Prozess aufeinander abgestimmt zu unterstützen.

Im vorliegenden Fallbeispiel entscheiden sich daher Führungskraft  und Vorgesetzter, sich mit dem Coach im Trialog differenziert Rückmeldung über die aktuelle Situation zu geben, sowie hierauf aufbauende Coaching-Ziele zu vereinbaren. Der ausführliche Feedback-Prozess dient einerseits dazu, die Beziehung zwischen Führungskraft und Vorgesetztem zu beleuchten und zu stärken. Andererseits werden sowohl die persönlichen Erwartungen und Ziele der Führungskraft, als auch die Unternehmensziele, vertreten durch den  Vorgesetzten, beschreibbar, definierbar und konkret-pragmatisch verhandelbar.

Während die erste Phase des Trialogs besagter differenzieter Rückmeldung und entsprechender Abstimmung dient, werden in der zweiten Phase die Entwicklungsziele konkret bestimmt, sowie  die Erreichungskriterien (inklusive Zielbezug) konkretisiert.

Im vorliegenden Fall werden vier Entwicklungsziele vereinbart:

  1. Die Führungskraft ist als Vorgesetzter in seiner Abteilung präsent und wird auch so wahrgenommen.
  2. Die  Führungskraft arbeitet verantwortungsvoll „mit der Zeit“.
  3. Die Führungskraft wirkt so auf die Prozesse ein, dass der eigene Bereich bei den Kunden bedeutungsvoll präsent ist.
  4. Die Führungskraft handelt sicher in der neuen Führungsrolle.

Die abgestimmten Ziele scheinen nicht ungewöhnlich für ähnliche Situationen zu sein. Andere  Führungskräfte und Vorgesetzte würden ähnliche Ziele vereinbaren. Einen hierauf aufbauenden Coaching-Prozess nach Ablauf eines Jahres überprüfen und bewerten zu können, ist aber hierdurch nicht einfacher geworden. In der Regel bleiben viele der verabredeten Ziele so allgemein, dass sie keinen konkreten Ansatzpunkt der Überprüfung bieten. Woran will man 
nämlich merken, dass eine bestimme Führungskraft in seiner neuen Führungsrolle tatsächlich sicher handelt? Woran will man merken, dass eine Führungskraft mit der zur Verfügung stehenden Zeit verantwortungsvoll umgeht? 

Im vorliegenden Fall werden daher folgende Erreichungskriterien verabredet:

Zu Ziel 1:

  1. Aufbau einer Regelkommunikation.
  2. Die Führungskraft schafft darüber hinaus „Räume der Begegnung“ (z. B. morgens ins Büro der Mitarbeiter gehen).

Zu Ziel 2:

  1. Die Führungskraft hält sich an die rechtlichen Vorgaben bezüglich der Arbeitszeit der Mitarbeiter.
  2. Bestimmung von Effizienzkriterien für Besprechungen und entsprechende Durchführung derselben.
  3. Die Führungskraft berichtet einmal pro Coaching-Sitzung über etwas, was ihr persönlich gut getan hat.

Zu Ziel 3:

  1. Die Führungskraft bringt sich ein in bestehende oder neu zu schaffende Regelkommunikation.
  2. Schaffen und Kommunikation von Transparenz in Bezug auf die Kunden.
  3. Strukturieren und Priorisieren von Arbeitsthemen.

Zu Ziel 4:

  1. Mit dem Mitarbeiter wird ein abgestufter Zeitplan zur Beendigung bis 30.05.07 verabredet.
  2. Der Einsatz der Führungskraft bezüglich des Liniengeschäfts umfasst maximal 30 Prozent bis Ende April 2007 und 15 Prozent im darauf folgenden Monat.


Nach Ablauf des Coaching-Prozesses (ca. 1 Jahr) dient der Abschluss-Trialog zur Überprüfung der Ergebnisse. Dies geschieht ohne Verletzung der Vertraulichkeit, die Grundlage der Coaching-Beziehung ist. Man bezieht sich nämlich im Trialog lediglich auf die verabredeten Entwicklungsziele und Erreichungskriterien. 

Die Überprüfung der Entwicklungsziele sowie die Bestimmung des diesbezüglichen aktuellen Ist-Zustands umfassen vornehmlich folgende Aspekte:

  • Klärung des Grads an Übereinstimmung/Differenz der Ansichten zwischen Führungskraft und Vorgesetztem.
  • Welche grundsätzlichen Schlussfolgerungen ergeben sich hieraus?
  • Was hat dazu beigetragen bzw. geholfen, die Ziele so zu erreichen?
  • Was hat es erschwert bzw. spricht dagegen, die Ziele zu erreichen

Im folgenden Fall kommt es zu folgendem Ergebnis:

Zu Ziel 1:                                 

     Einstimmige Übereinkunft: Ziel erreicht.

Zu Ziel 2:

  1. Die Führungskraft hat inzwischen ein Gefühl für die Notwendigkeit  von  „Zeit-Bremsen“  entwickelt  und  steuert dementsprechend oder nach Bedarf die „Zeit-Räume“.
  2. Voll erreicht.
  3. Nicht regelmäßig.

Zu Ziel 3:

  1. Das Ziel ist durchaus erreicht – dabei schmunzeln beide (dieses Schmunzeln regt an noch einmal konspirativ über die subtilen Kommunikationsprozesse zu sprechen).
  2. Voll erreicht.
  3. Führungskraft wird deutlich strukturierend wahrgenommen und riskiert diesbezügliche Reibungen mit den Kollegen.

Zu Ziel 4:

  1. Ziel erreicht.
  2. Führungskraft erfüllt den Kreislauf/das Zusammenspiel von Führung, Mitarbeiter, Schaffen von Strukturen. Die Führungskraft wird in Gänze als Führungskraft im eigenen Bereich wahrgenommen.

Allgemeine Einführung

Der Trialog verdichtet und spezifiziert die Vereinbarung zwischen Vorgesetztem und  Führungskraft auf Rollen- und Führungsverhalten in Bezug auf die Unternehmensbelange.  
Es geht darum zu klären:

  • Welche Intentionen und Wirkungsziele
  • Welches Selbstverständnis der Führungskraft
  • Welches Handeln oder Verhalten
  • Welche Vorgehensweise
  • Welche Führungsinstrumente

sollen mit welchen Effekten unterstützt, entwickelt und optimiert werden. Die Zielbestimmung im Trialog integriert daher zwei zentrale Spannungsfelder, in denen sich später dann der Coaching-
Prozess bewegen wird:

  • Das Zusammenspiel von Person und Rolle/Aufgabe/Funktion.
  • Die Zusammenschau und gleichzeitige Unterscheidung der personalen und unternehmensbezogenen Perspektive (vertreten durch den Vorgesetzen).

Der Konkrete Ablauf

1. Schritt: Bilaterales Klärungsgespräch

Der Coaching-Prozess startet mit dem ersten Klärungsgespräch zwischen Führungskraft und Coach und dient dem Kennlernen, dem Beginn der Beziehung sowie der Situations- und Bedarfsklärung. Was ist Anlass für den Coaching-Prozess? Welches sind mögliche Themen und Probleme? Was will die Führungskraft erreichen? Inwieweit ist dies relevant für das Unternehmen?

2. Schritt: Trialog

Das halbstrukturierte Setting des Trialogs gliedert sich in fünf Teile. Zunächs ist der Mitarbeiter im Focus mit seinen speziellen Entwicklungsbedarfen, mit möglichen Einwänden hinsichtlich der Zielerreichung, mit seinen Erwartungen an das Unternehmen und/oder den Vorgesetzten, mit  seinen bisherigen Bemühungen hinsichtlich der Zielerreichung  und  soweiter. – Die Klärung dieser Aspekte erfolgt zwischen Führungskraft und Coach, der Vorgesetzte hört dabei zu.

Im zweiten Teil kommt es zu einem Gespräch zwischen Vorgesetztem und Coach, in dem der  Vorgesetzte ein grundsätzliches Bild vom Mitarbeiter zeichnet, seine Stärken und Schwächen sowie die Entwicklungspotenziale des Mitarbeiters nennt. Ferner spricht er über seine Erwartungen und speziellen Empfehlung an den Mitarbeiter und über die Relevanz der  Entwicklungsmaßnahme für das Unternehmen.

Im dritten Teil bringt der Coach Führungskraft und Vorgsetzten in einen Dialog, in dem es um das Feedback der Führungskraft dem Vorgesetzten gegenüber geht, um die gegenseitigen Rollenerwartungen, die Bestimmung der wechselseitigen, besonderen Bedeutung füreinander im
Prozess. Schließlich geht es um den Versuch, sich auch in die Außenperspektive zu versetzen: Wie würden Außenstehende den Anlass des Coachings, den Entwicklungsbedarf, die Ziele und die Erreichung der Ziele sehen und kommentieren?

Der vierte Teil bietet die Möglichkeit einer Selbst- und Fremdeinschätzung hinsichtlich zentraler Verhaltensdimensionen wie Grad der Kommunikation, Qualität der Kommunikation, Durchsetzungsfähigkeit, Gestaltungsideen und Lösungsansätze, Kostenbewusstsein und Zielerreichungsgrad. Die Einschätzungen werden ausführlich gemeinsam erörtert. Es geht dabei nicht primär um die Übereinstimmung, sondern über die Bewertung von Übereinstimmung und/
oder Diskrepanz.

Im zentralen fünften Teil des Trialogs werden die Verhaltens- und/oder Rollenziele sowie die  entsprechenden Erreichungskriterien bestimmt. Der Bestimmung der jeweiligen Ziele geht eine eingehende Erörterung des Bedarfs, des Themenaspekts, des Konflikts, des Problems etc.  voraus. Die konkrete Formulierung des Ziels muss von Führungskraft und Vorgesetztem überzeugt getragen werden.

Die Zielerreichungskriterien müssen, und das ist wesentlich, an der konkreten Situation, an den konkreten Aufgaben und an der Person der Führungskraft festgemacht werden. Ermöglichen diese Kriterien doch beim Abschlusstrialog eine genaue, personenbezogene und situationsgerechte sowie entwicklungsorientierte Einschätzung und Bewertung der
Zielerreichung. Der Trialog endet mit der Unterzeichnung der gemeinsamen Vereinbarung.

3. Schritt: Abschluss-Trialog

Beim Abschluss-Trialog wird ähnlich vorgegangen, auch wenn die Fragen sich zum Teil unterscheiden. Die Spontaneinschätzung hinsichtlich der Verhaltensdimensionen kann 
gegebenenfalls um Aspekte von Entwicklung, Zielerreichung usw. erweitert werden. Der Abschluss-Trialog dient der Überprüfung von vier Qualitätsdimensionen:

  1. Strukturqualität
      •  Ziel-Evaluation („Was wird/wurde erwartet?“)
      •  Input-Evaluation („Was brauchen wir dazu? Was wurde genutzt?“)
  2. Prozessqualität („Wie läuft/lief die Durchführung?“)
  3. Verhaltensqualität
  • Stimmigkeit von Person, Rolle und beruflichem Handeln („Was zeichnet mich und mein Handeln im Unterschied zu anderen aus?“)
  • Öffentlichkeitskompetenz  („Wie gewinne ich durch Selbst-Präsentation Bedeutung in der  Unternehmensöffentlichkeit?“)
  • Wirkungskompetenz („Wodurch und wie erziele ich eine nachhaltige Wirkung bei den jeweils relevanten Anspruchsgruppen?“)

4. Ergebnisqualität

  • Output-Ebene (Zufriedenheit von Kunde und/oder Auftraggeber)
  • Outcome-Ebene  (Kompetenzerweiterung,  Selbstsicherheit, Verhaltensänderung, Zielerreichung, Fehlerreduktion)
     

Vorraussetzung/Kenntnisse

Für dieses Tool braucht man zwei Unterlagen:

  • Ein differenzierter und auf die Situation (die handelnden Personen) bezogener, halbstrukturierter Fragenkatalog, der zur grundliegenden Orientierung dient.
  • Die Unterlage zur Vereinbarung selbst besteht aus drei Teilen: situative, spontane Selbst- und  Fremdeinschätzung zu spezifischen Dimensionen von Verhalten und Führung, ein Feld für die Dokumentation der Coaching-Ziele, sowie ein Feld zur Dokumentation der Zielerreichungskriterien. Diese Vereinbarung (nicht aber der Fragebogen mit den Notizen des Coachs) wird von allen drei Personen unterschrieben und zum Abschluss-Trialog mitgebracht. Dieser ist ähnlich aufgebaut.

Die Rolle des Coachs im Trialog ist eher die eines Moderators, er muss vertraut sein mit (semi-) systematischen Gesprächssituationen. Der Coach sollte im eigenen Zeit- und Strukturmanagement sicher sein, ohne dass Druck und Stress im Trialog entstehen. Der Coach hält sich selbst mit Einschätzungen und Rückmeldungen weitgehend zurück. Er kann sich bei den Dimensionen von Verhalten und Führung auf seine eigenen Konzepte, sowie auf die Definition dieser Dimensionen im jeweiligen Unternehmen stützen.

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