Ethik

Emotionale Klarheit im digitalen Raum

Aufgestachelt oder abgeklärt?

Wirft man einen Blick in die Kommentarspalten sozialer Netzwerke, kann man schnell den Eindruck einer voranschreitenden Verrohung gewinnen. Woran liegt es, dass viele Menschen ihrem Ärger oder gar Hass besonders online freien Lauf lassen? An der vermeintlichen Anonymität? Nicht nur! Hinzu kommen eine digitale Beziehungslosigkeit und Trigger, die oftmals unbewusste Muster in Gang setzen und zu emotional aufgeladenen Reaktionen führen. Wer seine Muster – z.B. im Rahmen eines Coachings – klärt, kann im Umkehrschluss zu mehr Kontrolle über die eigenen Handlungen finden.

11 Min.

Erschienen im Coaching-Magazin in der Ausgabe 3 | 2025 am 09.09.2025

Eine Frau sitzt vor ihrem Laptop und schlägt schreiend mit dem rechten Arm voller Kraft durch den Bildschirm.

Ein vermeintlich harmloser Witz im Instagram-Reel sorgt für Ärger: Sie fühle sich „nicht abgeholt“, schreibt eine Userin in den Kommentaren und cancelt erbost das Abonnement des Profils. Der Autor ärgert sich zunächst über diese Empfindlichkeit – und bemerkt im nächsten Moment seine eigene. Solche Situationen sind längst Alltag: Der digitale Raum, einst als Ort der Verbindung gefeiert, ist zum Schauplatz von Glaubenskriegen und Empörungswellen geworden. Ein beiläufiger Kommentar genügt, um starke Emotionen auszulösen.

Auf einen Blick

Symbol einer Lupe
  • Heftige Äußerungen sind im digitalen Raum häufig auf das Fehlen tatsächlicher Beziehungsinformationen und auf bestimmte Trigger zurückzuführen.
  • Wird z.B. das digitale Selbstbild durch negative Rückmeldungen erschüttert, können unbewusst wirkende Muster zum Tragen kommen.
  • Mittels der Selbstklärungskette können emotionale Muster erkannt und aufgearbeitet werden. Dies führt zu einer verbesserten digitalen Reife und bedingt ein reflektierteres Handeln.

Doch es bleibt nicht bei leichter Reizbarkeit. Auch extremere Formen wie Beleidigungen und Verunglimpfungen sind keine Einzelfälle. Eine Studie des „Kompetenznetzwerks gegen Hass im Netz“ zeigt, dass fast die Hälfte (49 Prozent) der Befragten in Deutschland persönlich Hass im Netz erfahren hat, wobei ein Viertel sogar mit körperlicher Gewalt bedroht wurde (vgl. Ferber, 2024). Bei jungen Menschen zwischen 18 und 24 Jahren haben bereits 73 Prozent Hassrede online miterlebt, wie aus einer Studie des „Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft“ (Geschke et al., 2019) hervorgeht. Angesichts dieser Zahlen wird deutlich, dass Hass im Netz kein Randthema von extremistischen Gruppen ist, sondern als ernstzunehmendes Problem die gesamte Breite und Schichten der Gesellschaft durchzieht, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung.

CM+ Artikel

Weiterlesen mit dem Digital-Abonnement

  • Zugriff auf alle Inhalte des Coaching-Magazins
  • Exklusive Artikel, Praxisberichte & Tools
  • PDF-Download aller Ausgaben

Unser Anspruch – Ihre Unterstützung: Erfahren Sie mehr über die Philosophie des Coaching-Magazins.

Literatur

Binder, M. (2016). Ich-Entwicklung für effektives Beraten. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

Ferber, D. (2024). Lauter Hass und leiser Rückzug. ZDFheute. Abgerufen am 01.07.2025: www.zdfheute.de

Geschke, D.; Klaßen, A.; Quent, M. & Richter, C. (2019). Hass im Netz. Der schleichende Angriff auf unsere Demokratie. Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ). Abgerufen am 01.07.2025: www.idz-jena.de

Emcke, C. (2016). Gegen den Hass. Frankfurt am Main: Fischer Verlag.

Pörksen, B. (2018). Die große Gereiztheit. Wege aus der kollektiven Erregung. München: Hanser.

Precht, R. D. (2021). Von der Pflicht. München: Goldmann.

Zill, C. (2020). Konfliktklärung allein zu Haus – Selbsthilfe mit der Selbstklärungskette. Die Mediation, 4, S. 52–54.

Dieser Artikel gefällt Ihnen?

Dann unterstützen Sie unsere redaktionelle Arbeit durch den Abschluss eines Abonnements und ermöglichen Sie es uns, auch in Zukunft fundiert über das Thema Coaching informieren zu können.

Das könnte Sie auch interessieren:

Coaching-Newsletter erhalten

Der Coaching-Newsletter ist kostenlos und kann jederzeit abbestellt werden. Bitte tragen Sie Ihre E-Mail-Adresse ein. Sie erhalten dann eine Aktivierungs-E-Mail. Erst nach dem Anklicken des Links erhalten Sie den Newsletter. Sollte die E-Mail nicht eingehen, überprüfen Sie bitte Ihren SPAM-Ordner.

Nach oben