„FutureTeam – Mehr Miteinander in der Führung“ ist ein Coaching-Format für Führungskräfte und deren Leitungsteams. Entwickelt innerhalb des Bayerischen Rundfunks (BR) richtet es sich z.B. an Redaktions- oder Abteilungsleitende mit Teamleads und verfolgt das Ziel, den Dialog und damit das wechselseitige Verständnis im Führungsteam zu stärken.
Ausgangspunkt war der Wunsch, aus dem operativen und dicht getakteten Tagesgeschäft herauszutreten und sich gemeinsam Zeit für strategisches Arbeiten am System zu nehmen. Dabei ging es nicht darum, die jährlich stattfindenden Strategie-Klausuren abzulösen, sondern vielmehr darum, diese zu vertiefen. Wer die Abläufe in einem Medienunternehmen kennt, weiß, dass sich viele redaktionelle Sitzungen insbesondere um Programm und Content für die unterschiedlichen Ausspielwege drehen, linear wie digital. Der Coaching-Prozess sollte den Leitungsteams die Chance geben, über den Tellerrand des Alltagsgeschäfts hinauszuschauen, Prozesse und Strukturen zu hinterfragen und als Führungsteam neue Lösungen zu entwickeln.
Die Zeitökonomie und damit der Wettlauf gegen begrenzte Zeitfenster der Redaktions- und Abteilungsleitungen stellte eine der zentralen Herausforderungen an das Coaching-Format dar. Dieses sollte einen Möglichkeitsrahmen bieten, in dem vielfältige und fordernde Transformationsprozesse substanziell angegangen werden können. Ein weiteres Anliegen war es, die unterschiedlichen Rollen und deren Verantwortlichkeiten im Tagesgeschäft stärker miteinander zu verzahnen und die Führungskultur mitzuprägen.
Ganz im Sinne von Steve de Shazer, dem Begründer der Solution Focused Brief Therapy, entstand ein lösungsorientiertes Konzept, das von Beginn an den Fokus auf die „erwünschte Zukunft“ und die Fragen richtet: „Was soll sein? Wie gelangen wir dorthin? Was brauchen wir dafür?“ (de Shazer, 2009) Grundlegend war zudem die Überzeugung, dass eine positive Dynamik und Haltung nur entstehen und nachhaltig sein können, wenn Menschen gemeinsam über die „erwünschte Zukunft“ nachdenken und diese in die Umsetzung bringen, anstatt sich auf Problembeschreibung und Problemanalyse zu konzentrieren. Es ging demnach nicht darum, Ursachenforschung zu betreiben im Sinne von: „Wer ist verantwortlich, wer ist schuld?“ Es sollte vielmehr visionsgetrieben gefragt werden: „Was wollen wir stattdessen? Welche Szenarien unterstützen uns dabei?“ Dies stellt nicht nur für Journalistinnen und Journalisten eine Umstellung im Denken dar (Mindshift).
Nach dem Austausch mit einem externen Business-Coach und dem Aufbau von zwei Pilotgruppen wurde das neue Coaching-Format aus der Taufe gehoben (s. Abb.): „FutureTeam – Mehr Miteinander in der Führung“ ist ein modulares und mehrschrittiges Team-Coaching-Framework mit klarem Ablauf und ausgesuchten Methoden. Zu den Vorteilen eines Frameworks gehört, dass vorgegebene Strukturen Freiraum für unterschiedlichste Inhalte und Themen bieten. Die hierdurch ermöglichte Passgenauigkeit – verbunden mit großer Flexibilität – trifft auch auf FutureTeam zu. Gleichzeitig sind Aufwand und Invest gut kalkulierbar. Das Team-Coaching kann eine Ergänzung zum klassischen Einzel-Coaching sein. Systemische Interventionstechniken kommen bei beiden Coaching-Formaten zum Einsatz.
Eine Führungskraft möchte die Arbeitsbelastung in der gesamten Redaktion reduzieren. Im Vorgespräch mit der HR-Abteilung „Learning & Development“ des BR wird die Führungskraft mit einem passenden Coach verknüpft und das Thema wird definiert.
In einem Termin mit dem Leitungsteam (Intro) werden der Coach sowie das angedachte Thema des Prozesses vorgestellt. Der Coach gibt dem Leitungsteam im Anschluss ca. drei Fragen mit, die bis zum Kick-off beantwortet werden sollen:
Im Kick-off werden auf Basis der beantworteten Fragen der Lösungsprozess gestartet und die Arbeitspakete verteilt. Zwischen den Sessions wird an den Aufgaben gearbeitet. Nach Abschluss des Prozesses trifft sich das Leitungsteam noch einmal zu Retrospektiven, um zu überprüfen, ob die Maßnahmen wirksam waren, und um zu klären, ob ggf. nachjustiert werden muss.
Zunächst erfolgt eine Auftrags- und Situationsbeschreibung zwischen Führungskraft und dem Team von Learning & Development. Wenn sichergestellt ist, dass Maßnahmen wie ein Teamworkshop oder Seminar nicht zielführender wären, stellt Learning & Development den Kontakt zwischen Coach und Führungskraft her. Verläuft der Erstkontakt für beide Seiten positiv, kommt der weitere FutureTeam-Prozess ins Rollen.
Rückmeldungen der Coaches bestätigen die Sinnhaftigkeit der Kombination eines strukturgebenden Rahmenwerks mit freier inhaltlicher Gestaltung, z.B.: „Der Format-Mix hilft aus meiner Sicht dabei, pragmatisch und bedarfsorientiert das Team zu begleiten. Dass wir als Coaches in der Prozessgestaltung weitgehend frei sind, ist sinnvoll und hilft mir und hoffentlich auch dem Team, bestmöglich mit den aktuellen Bedarfen mitgehen zu können.“
Abb.: Die Schritte des FutureTeam-Frameworks
Für die Coaches gilt: Sie werden extern beauftragt, nach intern definierten Qualitätskriterien ausgewählt und mit dem Framework vertraut gemacht. Der Erfolg des Formats hängt maßgeblich – wie auch bei anderen Coaching-Settings – vom Matching zwischen Leitungsteam und Coach ab. Dafür benötigt es eine starke Vermittler- und Vernetzungsfähigkeit aufseiten von Learning & Development sowie die Fähigkeit, Bedarfe der Führungskraft und ihres Leitungsteams zu übersetzen. Denn je besser die Denk- und Arbeitsweise des Coachs und Leitungsteams von der jeweils anderen Seite verstanden wird, desto passender und wirksamer fällt der Match aus.
Bevor in einem Kick-off die relevanten Themen diskutiert, abgewogen und schließlich gesetzt werden, findet ein gemeinsames Kennenlernen des Coachs mit dem gesamten Leitungsteam statt. Hier wird das formale Prozedere samt Abläufen klarer definiert, wie z.B.: „Wo werden Ergebnisse festgehalten, wie wird die Anwesenheitspflicht gehandhabt und wer ist für die Terminfindung zuständig?“
Darüber hinaus dient der Termin der Klärung offener Fragen oder Unsicherheiten, die das Format betreffen. Die Teilnehmenden, erfahrungsgemäß zwischen vier bis zwölf Personen, haben die Möglichkeit, thematische Schwerpunkte in diesem Rahmen zu äußern.
Die Bandbreite der Themen ist so vielfältig wie die teilnehmenden Teams selbst. Dennoch zeichnen sich Tendenzen ab: Zum einen nutzen Teams das Coaching-Format, um an ihrer strategischen Zielsetzung zu arbeiten. Ein zweites Themenfeld dreht sich um Führung – insbesondere in Teams mit einer großen Führungsspanne. Typische Fragestellungen waren beispielsweise: „Wie können wir Verantwortung teilen bei zunehmender Komplexität der Aufgaben, der Qualifikation von Mitarbeitenden, der Arbeitsbelastung oder der technischen Ressourcenplanung?“ Ein drittes Themenfeld richtet den Fokus auf das Team selbst und auf Fragen der Zusammenarbeit, des gegenseitigen Vertrauens oder der Stärken- und Werteanalyse.
Folgende Rückmeldung bringt es auf den Punkt: „Das FutureTeam-Format hat uns feste Ankerpunkte geliefert, Verbindlichkeit und eine professionelle Begleitung. Wir haben Antworten für uns gefunden auf die Frage: Was ist notwendig, damit wir erfolgreich bleiben? Damit kommen wir vor die Welle.“
Nachdem die Pilotgruppen erfolgreich verlaufen sind und weitere FutureTeam-Prozesse evaluiert wurden, kann ein erstes Resümee gezogen werden: FutureTeam ist ein Team-Coaching-Angebot, in dem Führungskräfte und ihre Leitungsteams zu nachhaltigen und tragenden Lösungen kommen können. Dies verdeutlicht auch das folgende Zitat einer Führungskraft: „Das FutureTeam-Format ist eine willkommene Unterstützung und ein Energiebooster für die kommenden herausfordernden Monate.“
Ein Erfolgsfaktor ist sicherlich die Kontinuität des Prozesses. Die meisten Teams arbeiten zwischen sechs bis acht Monaten an ihren strategischen und zukunftsgebenden Themen. Die meisten Teilnehmenden unterstreichen, dass gerade die Länge des Team-Coachings für sie als qualitativer Mehrwert erfahrbar wird. Im Unterschied zu ein- bis zweitägigen Klausuren motiviert das Framework zu einem intensiveren und offeneren Austausch, der in seiner Wirkung als nachhaltig bewertet wird.
Nach Einschätzung der Autorinnen ist das Format FutureTeam branchenunabhängig und auf alle (Leitungs-)Teams übertragbar, die bewusst auf Dialog setzen und damit das wechselseitige Verständnis stärken wollen. Daneben sind die einzelnen Module so konzipiert, dass sie Raum für strategisches Arbeiten am System schaffen. Jedoch, so kann die Erkenntnis einer Teilnehmenden interpretiert werden, kommt es auf eine gute und verlässliche Planung an: „Die FutureTeam-Sessions haben uns gezeigt, dass wir uns im Team ganz bewusst Zeitfenster setzen müssen, um in der Hektik des operativen Alltags Teamthemen und strategische Fragen zu bearbeiten.“
Bei der Entwicklung des Coaching-Formats stand auch die Frage im Raum, wie groß der Kreis der Teilnehmenden sein sollte, um eine bestmögliche Wirkung zu erzielen. Nach einem weiteren Piloten mit 24 Personen verfestigte sich die Hypothese, dass das Team-Coaching-Framework für zwölf, maximal 14 Teilnehmende ideal ist. Alles andere schwächt das Format, (über-)fordert den Coach und macht die Maßnahme in der Kalkulation teurer, weil mindestens zwei Coaches beauftragt werden müssen.
Voraussetzungen für einen erfolgreichen FutureTeam-Prozess lauten:
Nach mittlerweile über einem Jahr, in dem pilotiert, evaluiert und angepasst wurde, ist aus der Idee ein Framework geworden: „FutureTeam – Mehr Miteinander in der Führung“ gehört fest zum Angebotsportfolio der Abteilung Learning & Development des BR. Aus organisatorischer Sicht hängt der Erfolg stark davon ab, ob es feste Ansprechpartner im Unternehmen gibt. Zudem braucht es ein Coach-Netzwerk und den Mut, neue Formate konzeptionell zu entwickeln und auszuprobieren. Fest steht, dass das Konzept viel zu bieten hat: mehr Miteinander, mehr gemeinsame Leitungserfahrung und die Chance, ein Zukunftsszenario zu entwickeln, das motiviert.