Es ist ein sehr häufig genannter Wunsch bei der Suche nach einer Coaching-Ausbildung, dort möglichst viele Methoden kennen zu lernen. Dies ist insofern bemerkenswert, dass es den Eindruck erwecken kann, man bräuchte nur ein paar "Rezepte", um erfolgreich als Coach arbeiten zu können. Erfahrene Coachs wissen jedoch, dass Methodenkenntnis für sich genommen, keine Coaching-Prozesse ermöglicht, denn ein Coaching erfordert zahlreiche weitere Qualitäten vom Berater.
Dies bedeutet natürlich nicht, dass methodische Kompetenz unwichtig ist. Vielmehr sind Coaching-Tools eine notwendige, aber für sich genommen eben keine hinreichende Bedingung für gutes Coaching: Ohne Methodik kann man nicht als Coach arbeiten; dennoch wird man nur durch Methodik auch nicht automatisch zu einem guten Coach. Das Beherrschen von Methoden ist somit ein wichtiger, aber eben nicht der einzig wichtige Bestandteil von Coaching.
Betrachtet man Coaching-Tools daher als eine "handwerkliche" Grundlage des Coachings, so wird dies am ehesten ihrer Bedeutung gerecht. Die Quellen dieses "Handwerks" sind unterschiedlich. Zwar wird z.T. darauf verwiesen, dass Coaching sich oftmals psychotherapeutischer Methoden bedient, woraus teilweise geschlussfolgert wird, Coaching sei eine Art "verdeckte Psychotherapie". Dass diese Erklärung jedoch zu kurz greift, lässt sich bereits daran erkennen, dass viele Methoden der Psychotherapie z.B. Dialogformen mit philosophischem Hintergrund sind. Der gleichen Logik folgend müsste man dann behaupten, Psychotherapie sei "verdeckte Philosophie".
Erst ein Perspektivenwechsel verdeutlicht, die Gemeinsamkeit dieser Tools: Sie können genutzt werden können, um gewollte Veränderungen auszulösen. Und weil diese Tools von unterschiedlichen Disziplinen aufgegriffen, verwendet, geprägt und weiterentwickelt wurden, kann i.d.R. auch keine bestimmte Quelle alleinigen Anspruch darauf erheben. In diesem Sinne kann auch das Coaching als neue Disziplin die existierende Methodenvielfalt aufgreifen und weiterentwickeln.
Haltung des Coachs
Entscheidend für die Anwendung aller Methoden, die Veränderungsarbeit ermöglichen, bleibt ein darüber hinaus gehender Aspekt: Da jedes Tool zweckentfremdet und auch missbraucht werden kann, ist die Haltung des Coachs von ausschlaggebender Bedeutung. Auch ein in bestimmten Kontexten sinnvoll anwendbares Tool wird wenig nutzen, wenn es mit der falschen Haltung oder falsch verstanden eingesetzt wird. Neben der praktischen Erfahrung und der Selbstreflexionsfähigkeit stellt die Haltung des Coachs daher eine Grundlage dar, ohne die der Einsatz von Methoden fruchtlos bleibt.
Theoretisches Methodenwissen ersetzt also keine Coaching-Weiterbildung samt vertiefender Übung; Haltung kann nicht durch ein Mehr an methodischer Kompetenz ersetzt werden. Vielmehr ist ein sinnvolles Zusammenwirken nötig: So zeigt die Erfahrung, dass die Beziehungsqualität zwischen Coach und Klient von wesentlicher Bedeutung für den Erfolg der Beratung ist. Beziehungsgestaltungskompetenz ist aber auch von einer – teilweise kaum noch bewusst wahrgenommenen – Methodenkompetenz abhängig. Es ist also nicht nur die Haltung und nicht nur die Methodik, sondern dass sinnvolle Zusammenwirken dieser und weiterer Faktoren, die Coaching zu einer erfolgreichen Disziplin der Beratungspraxis machen können.
Buch "Coaching-Tools"
Mit dem Anspruch, nützliche Coaching-Tools schulenübergreifend zu sammeln, einzuordnen und einen Einblick in die Praxis des Coachings zu geben ist nun das Buch "Coaching-Tools" erschienen. Mit Hilfe von 61 Coaching-Expertinnen und -Experten wurden für das Werk 60 Coaching-Tools zusammengestellt und auf 368 Seiten beschrieben. Ziel des Buches ist es, mit einer interdisziplinären Ausrichtung und ohne eine methodische Schule überzubetonen, den systematischen Einsatz von Methoden im Coaching zu beleuchten.
Um die Coaching-Tools anwenden zu können, ist es von entscheidender Bedeutung, wann welches Tool sinnvoll einzusetzen ist. Zum einen für den Fall, dass der Coach eine bestimmte methodische Ausrichtung bzw. Beratungsphilosophie vertritt und er somit bestimmte Tools ausklammert. Zum anderen hängt die Anwendung von Tools vom dem oder den Klienten und den damit zusammenhängenden Anliegen und Rahmenbedingungen ab. Und natürlich sind verschiedene Phasen des Coaching-Prozesses zu unterscheiden, in denen manche Tools sinnvoller einsetzbar sind, als andere. Um hier eine übersichtliche Orientierung zu geben, ist das Buch wie ein idealtypischer Coaching-Prozess in fünf Phasen aufgeteilt worden (siehe "Das COACH-Modell"). Damit ist es möglich, schnell, übersichtlich und zielgerichtet einen Einblick in das Methoden-Repertoire unterschiedlicher Coachs geben zu können.