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Beruf Coach

Fragen an Gabriele Müller

Senior Coach (DBVC) und Coaching-Ausbilderin Gabriele Müller beantwortet Fragen aus der Praxis

3 Min.

Erschienen im Coaching-Magazin in der Ausgabe 1 | 2014 am 19.02.2014

Was ist der Unterschied zwischen Coaching und anderen Beratungsmethoden? 

Für mich ist Coaching eine Form der individuellen Beratung auf Basis von Kooperation. Es handelt sich um eine freiwillige, zeitlich begrenzte, methodengeleitete Beratungsform mit dem Ziel, anstehende Veränderungen durch neue Handlungsoptionen für den Klienten zu entwickeln. Es fördert die beruflichen Selbstgestaltungspotenziale und erhöht somit die Fähigkeit zur Selbstorganisation. Die Supervision ist eine prozessbezogene Beratung: Dem Prozess der Reflexion selbst wird hier mehr Bedeutung beigemessen als dem der Zielumsetzung. Die Therapie dagegen hat den Auftrag, das Symptom bzw. das Leiden zu heilen. Sie ist eine Form der symptombezogenen Beratung. Im Training werden vorhandene Fähigkeiten des Einzelnen oder der Gruppe ausgebaut und durch Vermittlung neuer Inhalte erweitert. Dadurch kann beim Training von einer Form der fähigkeitsbezogenen Beratung gesprochen werden.

Welche Chancen habe ich nach einer Coaching-Weiterbildung als freiberuflicher Coach meinen Lebensunterhalt zu verdienen? 

Aus meiner Erfahrung als Coaching-Weiterbildungsanbieter gibt es zwei unterschiedliche Gruppierungen: die Erfahrenen und die Neueinsteiger. Die Erfahrenen haben meistens aufgrund beruflicher Kontexte Erfahrung im Beratungsbereich. Deshalb stellt Coaching oftmals eine Erweiterung ihres Dienstleistungsangebots dar. Sie sind zudem gut vernetzt und haben einen soliden Kundenstamm, weshalb es für sie durchaus realistisch ist, hauptberuflich als Coaching-Dienstleister zu arbeiten.

Die Neueinsteiger kommen eher aus anderen Berufszweigen, wie z.B. Ärzte, Juristen, Inge nieure. Sie haben einen starken Wunsch nach beruflicher Veränderung, finden das Thema Coaching spannend und sind eventuell schon als Klienten damit in Kontakt gekommen. Da noch kein stabiles Kundennetzwerk vorhanden ist, ist dessen Aufbau vorrangig. Es ist hilfreich, die vorhandene Felderfahrung aus früheren beruflichen Referenzen aktiv zu nutzen. Um dem Anspruch gerecht zu werden, als Coaching-Anbieter seinen Lebensunterhalt zu verdienen, müssen Neueinsteiger meistens eine Aufbauzeit von ein bis drei Jahren einplanen. Doch keine Regel ohne Ausnahme. Grundsätzlich und unabhängig von den Voraussetzungen ist es wichtig, dass Coaches bereit sind, sich nach einer Weiterbildung in einen ständigen Lernprozess zu begeben. Das heißt, so viel praktische Erfahrung zu sammeln wie möglich und diese regelmäßig durch Supervision, Arbeit in Peergroups oder ähnliches zu reflektieren.

Welche Herausforderungen und Stolpersteine begegnen mir als neuem Coach? 

Es wächst nicht nur die Nachfrage nach Coaching, sondern im gleichen Maße auch die Zahl von selbstständigen Coaches. Daher ist die Wettbewerbsfähigkeit als Coach ein zentraler Punkt. Hierzu ein kurzer Selbstcheck: Welches Expertenwissen bringe ich mit? Wie spezifisch habe ich meine Zielgruppe definiert? Was macht mich als Coach einzigartig? Welchen Nutzen bringe ich meinem Klienten/ dem Unternehmen? Wo liegen meine Schwerpunkte im Coaching? Für welche Themen/ Zielgruppe halte ich mich als Coach für nicht geeignet? Für die Professionalisierung ist es hilfreich, die Rolle als Coach klar im Innen und im Außen zu definieren.

In der Supervision begegnet mir häufig, dass unerfahrene Coaches, die froh um jeden Kunden sind, die Rollengrenzen verschwimmen lassen. Das bedeutet: Sie unterliegen der Verführung, sich Themenfeldern zu widmen, die nicht ihrer Coach-Kompetenz entsprechen. So werden sie als Mediator oder Strategieberater tätig, nach dem Motto: Sie haben uns im Fall X geholfen und wir würden uns freuen, wenn sie uns auch beim Thema Y unterstützen könnten. Für einen guten Coach ist es wichtig, seine Kompetenzen zu kennen und in der Auftragsklärung darauf zu achten, beim Kunden keine falsche Erwartungshaltung zu erwecken. Meiner Erfahrung nach schätzen es Kunden, wenn ich Klarheit in der Rolle und Kompetenz ausweise und hieraus entsprechende Handlungskonsequenzen ziehe.

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