Beruf Coach

Evaluation von Coaching-Prozessen

Sustainability im Coaching

6 Min.

Erschienen im Coaching-Newsletter in Ausgabe 07 | 2002

Wie erreicht man Nachhaltigkeit - neudeutsch "Sustainability" - im Coaching? Eine Antwort darauf ist eine durchdachte Evaluation, weil diese den Weg zur Qualität weisen kann. Ein guter Coaching-Prozess hat nachhaltige Wirkung und dies kann durch Evaluationen erfasst (und optimiert) werden.

Evaluationsprozesse - d.h. Maßnahmen zur Überprüfung der Wirksamkeit des Coachings - sollten in verschiedene Phasen der Beratung integriert werden, d.h. sowohl zu Beginn, während und zum Abschluss des Coachings und ggf. auch längere Zeit nach dem Coaching, um die langfristige Wirkung zu überprüfen.

In ihrem Buch "Systemisches Coaching" unterscheiden Prof. Dr. Eckard König und Dr. Gerda Volmer (2002, S. 179ff.) dazu fünf Prozessschritte bei der Evaluation eines Coachings:

  1. Die Ziel-Evaluation (Erwartungen des Klienten, Ziele des Auftraggebers)
    Kernfrage: Welches Ergebnis soll erreicht werden?
    Evaluations-Zeitpunkt: Zu Beginn des Coachings; immer wenn Ziele (neu) festgelegt werden
  2. Prozess-Evaluation (Behandelte Themen, Verlauf des Coaching-Prozesses, Beurteilung des Prozesses)
    Kernfrage: Wie ist der Prozess abgelaufen?
    Evaluations-Zeitpunkt: Im Coaching und beim Abschluss des Coachings
  3. Input-Evaluation (Aufwand hinsichtlich Kosten und Zeit)
    Kernfrage: Welcher Aufwand ist für das Coaching angefallen?
    Evaluations-Zeitpunkt: Beim Abschluss des Coachings
  4. Output-Evaluation (Veränderung von Einstellung und Verhalten des Klienten)
    Kernfrage: Was hat das Coaching dem Klienten gebracht?
    Evaluations-Zeitpunkt: Beim Abschluss des Coachings
  5. Outcome-Evaluation (Langfristige Konsequenzen (z.B. Ertragsverbesserung, Mitarbeiterzufriedenheit))
    Kernfrage: Welche längerfristigen Veränderungen sind eingetreten?
    Evaluations-Zeitpunkt: Mittel- bis langfristig nach Abschluss des Coachings

Ziel-Evaluation

Die Ziel-Evaluation beschäftigt sich mit den subjektiven Erfolgserwartungen des Klienten und versucht diese bestmöglich zu präzisieren. Dies geschieht durch gezieltes Nachfragen und schriftliches Fixieren überprüfbarer Erfolgsmerkmale. Nur so können Enttäuschungen verhindert werden, die ansonsten aus einer nicht geäußerten und nicht messbaren Erwartungshaltung heraus entstehen würden.

Wenn mit dem Coaching Ziele verbunden werden, die weder durch ein Coaching noch durch eine andere Beratungsform erreicht werden können, handelt es sich oft um unterschwellige Erwartungen, die in ihrer Selbstverständlichkeit selten offen genannt werden. Dem erfahrenen Coach sind derartige "Heilserwartungen" bekannt und er sollte sie im Verdachtsfall von sich aus thematisieren - und sei es nur um sie als Ziele offiziell (d.h. im Protokoll) ausschließen zu können. Andernfalls ist damit zu rechnen, dass erst in der Abschluss-Evaluation die unbefriedigten, impliziten Erwartungen genannt werden.

Prozess-Evaluation

Die Prozess-Evaluation findet sowohl im laufenden Coaching als auch zum Schluss statt. Feedback-Gespräche können zur Überprüfung des aktuellen Verlaufes und der Wirksamkeit einzelner Interventionen genutzt werden, bis schließlich die Ziele realisiert sind - oder sich als nicht realisierbar herausstellen. Die Prozess-Evaluation hilft dem Coach und dem Klienten den aktuellen Stand der Dinge zu verstehen und ggf. rechtzeitig notwendige Änderungen vorzunehmen.

Input- und die Output-Evaluation

Die Input- und die Output-Evaluation werden am Ende des Coachings durchgeführt. In einem Vorher-Nachher-Vergleich können quantitative (Kostenreduktion, Umsatzsteigerung, Termintreue, Anzahl der Reklamationen usw.) und qualitative Daten (Einschätzung von Klient, Coach, Mitarbeiter, Vorgesetzten usw.) herangezogen werden. Idealerweise wird beides miteinander kombiniert, um "objektive" und "subjektive" Daten auf ihre Übereinstimmung zu prüfen. Auch bei überschaubarem Aufwand der Evaluation lassen sich aussagekräftige Daten gewinnen, oft sind entsprechende Messgrößen durchaus leicht zu erheben. Neben der Analyse vorhandener Daten und der Protokolle, können Beobachtungen, Interviews und Fragebögen eingesetzt werden. Auf der Basis so gewonnener Erkenntnisse lässt sich dann feststellen, ob das Verhältnis von Input zu Output akzeptabel ist.

Unabhängig davon, ob ein Coaching regulär beendet oder abgebrochen wird, sollte immer eine gemeinsame Abschluss-Sitzung stattfinden, um den gesamten Prozess zu reflektieren, evaluieren, ggf. offene Fragen zu klären und die gemeinsame Arbeit offiziell abzuschließen. Für den Gecoachten ist dies wichtig, weil er quasi in die "Selbständigkeit entlassen" wird. Der Coach kann erkennen, welche Prozesse wie abgelaufen sind und daraus Schlussfolgerungen für andere Coachings ziehen.

Outcome-Evaluation

Die Outcome-Evaluation kann einige Monate nach Abschluss des Coachings vorgenommen werden. Sie dient zur Erfassung der langfristigen Effekte durch Coaching-Maßnahmen.

Durch die teilweise schleichende Veränderung im Coaching-Prozess ist dem Klienten zuweilen seine Entwicklung gar nicht bewusst. Damit ihm dennoch bewusst wird, was das Coaching ihm genutzt haben mag, ist es hilfreich, am Ende des Coachings die ursprüngliche Ausgangslage zu rekapitulieren. Hier bewährt es sich dann, wenn auf eine schriftliche Dokumentation des Coaching-Prozesses in Form von kurzen Ergebnisprotokollen zurückgegriffen werden kann.

Auch wenn der Vertrag zwischen Coach und Gecoachtem mit der Abschluss-Sitzung endet, kann der Kontakt - z.B. für einen anderen Beratungsanlass - weiter bestehen bleiben. Sollte später ein neues Coaching begonnen werden kann die Erfahrung der vorherigen Zusammenarbeit hilfreich sein. Die Kenntnis der gecoachten Person und ihre Umfeldes vereinfacht den Einstieg in ein neues Coaching, der keine Verlängerung des alten, sondern einen eigenständigen Beratungsprozess darstellt.

Da Coaching "Hilfe zur Selbsthilfe" ist, sollte sich der Coach aber auch selbstkritisch fragen, ob er diesem Anspruch gerecht geworden ist, wenn er stets neu engagiert wird. Es kann durchaus vorkommen, dass der Gecoachten den Kontakt zum Coach schätzen gelernt hat und nicht mehr missen möchte. Dem sollte der Coach mit dem Hinweis entgegenwirken, bei Bedarf gern zur Verfügung zu stehen, doch ansonsten von sich aus das Ende des Prozesses anstreben. Denn letztlich sollen sich Selbstmanagement und Selbstreflexion des Gecoachten verbessern, statt durch die ständige Beratung des Coachs in zunehmende Unselbständigkeit bzw. Abhängigkeit zu geraten.

Insbesondere bei coachenden Vorgesetzten besteht diese Gefahr, wenn sie ihre Coaching-Aufgabe permanent wahrnehmen. Hier ist es ggf. sinnvoller, den Spielraum der Mitarbeiter zu erhöhen und zur Selbständigkeit zu ermutigen.

Generell sollte das Coaching dazu dienen, mit Hilfe des erweiterten Verhaltens- und Erlebensrepertoires zukünftig über mehr Alternativen zu verfügen, als vor dem Coaching.

Fazit

Die schriftliche Protokollierung des Coachings samt Zieldefinition und messbarer Erfolgs- bzw. Qualitätskriterien erweist sich als Vorteil bei der Evaluation des Coaching. Teilweise können sich die Gecoachten am Ende eines erfolgreichen Coachings kaum noch an ihre Ausgangssituation erinnern - nicht aus böser Absicht, sondern weil das Coaching als mittelfristige Maßnahme oft eher "schleichend" wirkt und die Veränderung in kleinen Schritten nahezu unmerklich vor sich gehen kann.

Literatur

  • König, Eckard & Volmer, Gerda (2002). Systemisches Coaching. Handbuch für Führungskräfte, Berater und Trainer. Weinheim: Beltz

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