Wissenschaft

Der dunkle Dreiklang im Business-Coaching

Ergebnisse einer Studie

8 Min.

Erschienen im Coaching-Newsletter in Ausgabe 10 | 2020

Der dunkle Dreiklang (auch "dunkle Triade", englisch Dark Triad) bezeichnet die Kombination der Persönlichkeitsmerkmale von Narzissmus, Machiavellismus und (subklinischer) Psychopathie. Das Konzept wurde von den kanadischen Psychologen Paulhus und Williams (2002) geprägt.

Insbesondere Narzissten werden überproportional häufig für Führungsaufgaben ausgewählt (Haller, 2019; Chamorro-Premuzic, 2019). Es ist naheliegend, dass Personen, die man als narzisstisch, sehr machtmotiviert und kaltherzig beschreiben kann, aufgrund dementsprechenden Verhaltens negativ auf ihr Umfeld - auch auf ihr Arbeitsumfeld - einwirken (Schiemann & Jonas, 2020; Csef, 2020).

Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass Personen mit höherer Neigung zum dunklen Dreiklang nicht nur leichter Führungskräfte werden, sondern anschließend auch immer weiter aufsteigen (Schiemann & Jonas, 2020, S. 253-254). Für Business-Coaches ist es daher sehr wahrscheinlich, mit Klienten in Kontakt zu kommen, die starke Ausprägungen in den drei Bereichen mitbringen. Im Rahmen einer neuen Studie von Dr. Sandra J. Diller, Prof. Dr. Dieter Frey und Prof. Dr. Eva Jonas (2020) wurden nun die Schwierigkeiten erforscht, die sich aus dem dunklen Dreiklang von Klienten im Coaching ergeben. In ihrer Studie mit 64 Coaches haben sie untersucht, wie sich Klienten, die einen hohen Grad an dunklem Dreiklang aufweisen, auf den Coach und damit auf das Coaching und sein Erfolgspotenzial auswirken.

Der dunkle Dreiklang und seine negativen Folgen

Unter Bezugnahme auf Paulhus (2014) beschreiben Diller, Frey und Jonas (2020) Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie als Konstrukte, die unterschieden werden müssen, sich aber insofern überschneiden, als dass sie eine Gemeinsamkeit aufweisen: Sie gehen allesamt mit einem geringen Empathievermögen und ethisch oftmals fragwürdigem Verhalten einher. Daher werden die drei Konstrukte als "dunkel" bezeichnet.

Nach Schwarzinger (2016) stellen eine gering ausgeprägte Verträglichkeit sowie ein Mangel an Ehrlichkeit und Integrität den "gemeinsamen Kern" der drei Konstrukte dar. Weitere Überschneidungen skizziert der Wissenschaftler und Mitautor des Testverfahrens "Dark Triad of Personality at Work" (Schwarzinger & Schuler, 2016) anhand folgender Attribute: Sowohl das Verhalten von Personen mit hohen Ausprägungen im Bereich der Psychopathie als auch das von Narzissten sei durch einen selbstverliebten, charmanten und überzeugenden Stil im Umgang mit anderen Menschen gekennzeichnet. Eine Gemeinsamkeit zwischen Psychopathie und Machiavellismus stellten hingegen emotionale Kälte, Härte und Rücksichtslosigkeit dar. Psychopathen wiesen darüber hinaus ein "Alleinstellungsmerkmal" auf: Ihr Verhalten sei z.B. durch Lügen, Impulsivität, Verantwortungslosigkeit und vom Fehlen realistischer Ziele charakterisiert.

Zusammenfassend, so Diller, Frey und Jonas (2020), kann Narzissmus als ein extremes Selbstbild skizziert werden, das von einem hohen Maß an Arroganz, Minderwertigkeitsgefühlen, einem instabilen Bedürfnis nach Anerkennung und Überlegenheit, Überempfindlichkeit und Wut, Mangel an Empathie, Amoralität, Irrationalität und Inflexibilität sowie Paranoia begleitet ist. Machiavellismus ist durch eine extreme Machtmotivation gekennzeichnet, was zu rücksichtslosem, unangenehmem und egoistischem Verhalten führen kann (ebd.). Psychopathie kann als extreme Impulsivität und "Nervenkitzelsucht" in subklinischer Form beschrieben werden. Merkmale sind ein vermindertes Maß an Empathie, Affekt, Schuldgefühlen und Gewissenhaftigkeit. Hinzu kommen Unkooperativität, Feindseligkeit und Aggressivität (ebd.).

Menschen mit einem hohen Grad an dunklem Dreiklang können in der Folge einen destruktiven Einfluss auf ihre Teammitglieder, Mitarbeiter und die Organisation insgesamt haben. Schwarzinger (2016) berichtet, dass die "berufsbezogenen Auswirkungen erhöhter Ausprägungen dunkler Persönlichkeitseigenschaften auf Dritte (…) durchweg als negativ einzuschätzen" sind. Dies sei "breit anerkannt".

Der dunkle Dreiklang in den Führungsetagen

Vor diesem Hintergrund sind Hinweise darauf, dass Personen, die starke Ausprägungen in Bereichen des dunklen Dreiklangs aufweisen, bessere Chancen haben, in Führungspositionen vorzudringen, als problematisch zu werten. Diller, Frey und Jonas (2020) weisen unter Nennung mehrerer Forschungsarbeiten darauf hin, dass zumindest angenommen wird, dass hohe Ausprägungen des dunklen Dreiklangs bei Personen in Leadership-Funktionen überproportional oft zu finden sind.

Um einen Eindruck davon zu gewinnen, weshalb dies - trotz der potenziell negativen Folgen für Mitarbeiter und Organisationen - der Fall ist, lohnt sich beispielsweise der Blick in eine Metaanalyse von Grijalva et al. (2013). Demnach haben es Narzissten tendenziell leichter, Führungspositionen einzunehmen. Dies wiederum führen die Wissenschaftler auf eine Überschneidung von Narzissmus mit dem förderlichen Merkmal der Extraversion zurück.

Führungskräfte (der höheren Ebenen) stellen die zentrale Zielgruppe von Business-Coaching dar (siehe Rauen, 2020). Somit handelt es sich beim dunklen Dreiklang um ein Thema, das nicht nur hinsichtlich der Personalauswahl in den Unternehmen, sondern ebenso im Kontext von Coaching relevant ist.

Wie sind hohe Ausprägungen des dunklen Dreiklangs zu erkennen? Schwarzinger (nach Schwertfeger, 2020, S. 32) gibt zu bedenken: "Erst wenn ein Muster aus vielen verschiedenen Aspekten gleichzeitig vorliegt, kann ich davon sprechen, dass eine Person ein echter Narzisst oder Psychopath ist." Personalverantwortlichen rät Schwarzinger (ebd.), auf wissenschaftlich belastbare Verfahren zu setzen, was jedoch schwierig sei, da Messinstrumente aus dem klinischen oder sozialpsychologischen Bereich u.a. aus rechtlichen Gründen nicht in der Personalauswahl einsetzbar seien. Das an der Universität Hohenheim entwickelte Testverfahren "Dark Triad of Personality at Work" (Schwarzinger & Schuler, 2016) setze an dieser Stelle an, indem es u.a. auf die "ausschließliche Erfassung arbeitsplatzbezogener Merkmale" (Schwarzinger, 2016) baue. Das Verfahren, so Schwarzinger (nach Schwertfeger, 2020), werde auch im Coaching eingesetzt.

Ergebnisse der Studie

Diller, Frey und Jonas (2020) untersuchten die Auswirkungen des dunklen Dreiklangs sowohl auf den Coach als auch auf das Coaching. Die Ergebnisse bestätigen: Je höher die Führungsebene der Klienten war, desto stärker wurde ihr dunkler Dreiklang von den befragten Coaches wahrgenommen. Dies führte dazu, dass sie in Bezug auf entsprechende Klienten umso ängstlicher waren und sich von diesen bedrängter fühlten. Dies wiederum bedingte einen geringeren Coaching-Erfolg. Obwohl die Coaches keine definitive Strategie für den Umgang mit einem solchen Klienten nennen konnten, zeigen die Ergebnisse, dass sie umso erfolgreicher waren, je höher ihre Motivation für ihren Ansatz war. Die Ergebnisse zeigen außerdem die Gefahr einer hohen Dunkelziffer bei den Coaching-Klienten und deren Einfluss auf das Business-Coaching.

Erfolgreiche Strategien im Umgang mit dem dunklen Dreiklang

Die drei am häufigsten genannten erfolgreichen Strategien gegen Narzissmus waren
- Wertschätzung (n=34),
- Vertrauensbildung (n=31) und
- Spiegelung des Verhaltens des Klienten (n=27).

Die drei meistgenannten erfolgreichen Strategien für Machiavellismus waren
- die Konfrontation mit dem Klienten (n=11),
- das Feedback des Klienten (n=9) und
- die Selbstreflexion des Klienten (n=9).
 

Die drei meistgenannten erfolgreichen Strategien für Psychopathie waren
- das Zeigen von Empathie gegenüber dem Klienten (n=9),
- die Selbstreflexion des Klienten (n=8) und
- das Widerspiegeln des Verhaltens des Klienten (n=6).
 

Insgesamt wurden 24 erfolgreiche Strategien im Umgang mit dem beschriebenen Klienten mehr als einmal genannt, zwölf der 24 Strategien wurden allerdings auch als erfolglos bewertet. Unter den sowohl erfolgreichen als auch erfolglosen Strategien wurden z.B. "das Verhalten des Klienten widerspiegeln", "den Klienten konfrontieren", "Einfühlungsvermögen zeigen", "Feedback geben" oder "klar und transparent sein" genannt.

Damit verbleiben zwölf potenziell erfolgreiche Strategien im Umgang mit Klienten des dunklen Dreiklangs, die Coaches für sich selbst nutzen können. Unter diesen Strategien war das Üben von Achtsamkeit die am häufigsten genannte Strategie.

Strategien für den Coach

Umgang mit Narzissmus
- Üben von Achtsamkeit
- Es mit Humor nehmen
- Geduldig sein
- Ruhig bleiben
- Gut vorbereitet sein
- Wiederholen
- Selbstmitgefühl vermitteln
- Betonung der eigenen Kompetenz
 

Umgang mit Machiavellismus
- Sich nicht zum Teil des Spiels machen lassen

Umgang mit Psychopathie
- Versuchen, zu relativieren
- Therapie empfehlen

Diller, Frey und Jonas (2020) empfehlen als Ergebnis ihrer Untersuchung, (potenzielle) Konflikte offen zu legen, eine ausbalancierte Coach-Klienten-Beziehung zu schaffen, Klienten zu ermutigen, falls nötig eine andere Dienstleistung (z.B. Therapie) in Anspruch zu nehmen, und nur solche Ziele und Methoden von Klienten wählen zu lassen, die ethisch vertretbar sind.

Achtsamkeit gegen Ängste

Für Coaches selbst scheint die Verwendung von Achtsamkeitsübungen hilfreich, um ängstliche Hemmungen zu reduzieren. Coaches, die mit einem narzisstischen Klienten zu tun hatten, können durch eine Achtsamkeitsübung von zehn Minuten Hemmungen abbauen und sich annäherungsorientierter verhalten (Diller, Stollberg et al., 2020). Darüber hinaus, so Diller, Frey und Jonas (2020) unter Bezugnahme auf Passmore und McGoldrick (2009), kann Supervision eine Intervention zur Förderung von Selbstbewusstsein, Selbstwertgefühl und Selbstmitgefühl sein, da Supervision dem Coach hilft, über den Coaching-Prozess, das Verhalten des Klienten und die Gefühle des Coachs zu reflektieren.

Fazit

Ihre Studie betrachten Diller, Frey und Jonas als Ausgangspunkt für weitere Forschungen, die sich allgemein mit Schwierigkeiten beim Coaching und speziell mit Klienten des dunklen Dreiklangs befassen. Die Arbeit zeigt, dass Klienten mit dunklem Dreiklang nicht nur im Coaching auftreten, sondern dass Coaches sich von ihnen bedroht fühlen, was bei den Coaches zu einer Aktivierung von ängstlicher Hemmung und Stress führt und damit wiederum den Coaching-Erfolg gefährdet.

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