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Beruf Coach

RAUEN Coaching-Marktanalyse

Übersicht ausgewählter Ergebnisse: Zielgruppen und Honorare

6 Min.

Erschienen im Coaching-Magazin in der Ausgabe 2 | 2020 am 20.05.2020

Der Coaching-Markt gilt als intransparent. Um diesem Umstand entgegenzuwirken, führte RAUEN Coaching vom 02.09.2019 bis 09.03.2020 die Erhebung zur Coaching-Marktanalyse 2020 durch. Anhand einer anonymen Online-Befragung sollten aussagekräftige Daten über den deutschen Markt für Business-Coaching gesammelt werden, um diesen valide und möglichst präzise zu analysieren.

Die befragten Coaches gaben Auskunft über ihre wirtschaftliche Situation und mehrere weitere Themenbereiche. Die eingesetzten Coaching-Formate, -Zielgruppen und -Themen fanden ebenso Betrachtung wie Aspekte der Evaluation und der Coach-Auswahl. Darüber hinaus wurden die teilnehmenden Coaches bezüglich ihrer Marketing- und Weiterbildungsaktivitäten befragt.

Sicher wird die derzeitige Corona-Krise den Coaching-Markt nachhaltig verändern. Die Auswertung der erhobenen Daten markiert somit den Status quo vor der Krise. Die Ergebnisse sind jedoch keinesfalls irrelevant, da sie z.B. im Rahmen zukünftiger Erhebungen valide Vergleichszahlen liefern, die Aussagen über krisenbedingte Marktveränderungen erlauben.

Dieser Artikel stellt einen Auszug zentraler, hier in sehr komprimierter Weise beschriebener Teilergebnisse der Marktanalyse dar. Der vollständige Ergebnisbericht ist kostenlos und ohne jede Zugangsbeschränkung abrufbar unter: www.rauen.de/coaching-marktanalyse2020

Stichprobe

Insgesamt wurden 550 Fragebögen ganz oder teilweise beantwortet. Davon waren 546 auswertbar, was angesichts des Gesamtumfangs des Fragebogens (230 Items) als guter bis sehr guter Wert angesehen werden kann und ein hohes Engagement der teilnehmenden Coaches vermuten lässt.

58,79 Prozent der Befragten waren weiblich, 40,66 Prozent männlich. Drei Personen (0,55 Prozent) nahmen teil, ohne nähere Angaben zu ihrem Geschlecht zu machen. Diese Geschlechterverteilung ist zwar – bezogen auf die Gesamtbevölkerung – asymmetrisch, jedoch ist der höhere Anteil von Frauen ein typisches Merkmal der deutschsprachigen Coaching-Branche. Letzteres gilt auch für den hohen Bildungsgrad der Coaches, die sich beteiligten (86,21 Prozent Akademiker). Das Alter der Teilnehmenden lag im Durchschnitt bei 53,75 Jahren und folgt annähernd einer Normalverteilung. Die Befragten verfügen über eine Berufserfahrung als Coach, die im Mittelwert bei 12,59 Jahren liegt. Die durchschnittliche Gesamtberufserfahrung beläuft sich auf 29,63 Jahre. Die Stichprobe kann daher als sehr erfahren eingestuft werden.

Betrachtet man diese Daten und setzt die Teilnehmerzahl ins Verhältnis zur Grundgesamtheit von ca. 9.000 Business-Coaches (Stephan & Rötz, 2018), so darf die Stichprobe als für den deutschen Coaching-Markt repräsentativ verstanden werden. Substanzielle Belege für das Gegenteil konnten den dargestellten statistischen Daten nicht entnommen werden.

Zielgruppen: Wo liegen Entwicklungspotenziale?

Die teilnehmenden Coaches wurden nach ihren Zielgruppen gefragt (siehe Abb. 1). Anhand der Ergebnisse kann dem Coaching-Markt weiterhin großes Entwicklungspotenzial attestiert werden. Die größte Gruppe im Zielgruppenspektrum der Coaches bildet mit 13,05 Prozent das mittlere Management in Konzernen/Großunternehmen. Obwohl 58 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) arbeiten, ist das dortige mittlere Management nur mit 10,50 Prozent im Zielgruppenspektrum vertreten. Dabei ist zwar zu berücksichtigen, dass in KMU deutlich schlankere Strukturen existieren als in Konzernen, allerdings dürften auch hier zahlreiche Führungskräfte der mittleren Ebene tätig sein. Die Bereitschaft, sich im mittleren Management coachen zu lassen, scheint demnach in KMU etwas geringer ausgeprägt zu sein als im Konzern. In beiden Bereichen sind noch deutliche Steigerungen möglich.

Zielgruppen von Coaching

Abb. 1: Zielgruppenspektrum des statistischen Durchschnitts-Coachs (N=528, Mehrfachantworten waren möglich)

Die zweitgrößte Zielgruppe bildet das Top-Management in KMU (10,62 Prozent). 6,35 Prozent, die auf Unternehmer bzw. Eigner von KMU entfallen, kommen hinzu und müssen – strenggenommen – aufaddiert werden. Das Top-Management aus Konzernen ist hingegen „nur“ mit 3,43 Prozent im Zielgruppenmix vertreten. Allerdings gibt es wesentlich weniger Top-Manager in Konzernen als Geschäftsführer, Unternehmer und Eigner von KMU. Berücksichtigt man diesbezüglich vorliegende Zahlen (siehe Rauen, 2020), wird klar, dass die verhältnismäßig wenigen Top-Manager aus Konzernen ca. sechsmal häufiger Coaching in Anspruch nehmen als die aus dem Mittelstand. Das Potenzial, das in KMU noch erschlossen werden kann, ist entsprechend groß.

Ähnliche Überlegungen wie für das Top- und das mittlere Management gelten für das untere Management, Projektleiter und Teams. Auch hier dürfte im KMU-Bereich noch ein erhebliches Entwicklungspotenzial für Coaching gegeben sein.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass ein relativ geringer Grad der Inanspruchnahme von Coaching durch Führungskräfte besteht. So lässt sich der geschätzte prozentuale Anteil jener Führungskräfte, die sich nicht coachen lassen, an der Gesamtheit der Führungskräfte auf 96,20 Prozent beziffern (für eine Berechnung siehe Rauen, 2020). Dennoch stellt diese Gruppe innerhalb des Marktes für Business-Coaching erwartungsgemäß den größten Anteil der Klienten.

Was verdienen Coaches?

Im Gesamtdurchschnitt haben Coaching-Anbieter ein Bruttojahreseinkommen von 105.261 Euro. Der Anteil von Coaching an dem Bruttojahreseinkommen liegt bei 37,20 Prozent, das durchschnittliche Honorar pro Zeitstunde bei 177,60 Euro netto.

Unterscheidung nach beruflichem Status

Aufgrund der unterschiedlichen Arten von Coaches, die im Markt ihre Dienstleistungen anbieten, muss hier allerdings nach dem Coach-Typ (beruflicher Status; für die Verteilung am Markt siehe Abb. 2) unterschieden werden.

Beruflicher Status von Coaches

Abb. 2: Verteilung des beruflichen Status (N=546)

Während Selbständige mit eigenen fest angestellten Mitarbeitern ein Nettohonorar von durchschnittlich 240,07 Euro pro Zeitstunde realisieren können, sinkt dieser Satz bei Solo-Selbständigen (Freiberufler), die zu 100 Prozent berufstätig sind, auf 184,27 Euro. Letztere haben aber von allen Gruppen den höchsten Coaching-Anteil (41,62 Prozent) an ihrem Bruttojahreseinkommen. Freiberufler, die nur zu 50 Prozent oder weniger berufstätig sind, realisieren 162,66 Euro. Ihr prozentualer Coaching-Anteil am Bruttojahreseinkommen ist nur geringfügig niedriger als bei den Vollzeit-Freiberuflern. Personen, die teilweise angestellt, teilweise selbständig sind, erreichen ein Durchschnittshonorar von 140,76 Euro.

Geringere Sätze weisen nur Angestellte in einem Beratungs-/Coaching-Unternehmen und interne Coaches (in Form von Verrechnungssätzen) auf – allerdings sind hier die Ergebnisse aufgrund der geringen Fallzahlen nicht belastbar und sollten bestenfalls als Tendenzaussagen interpretiert werden.

Unterscheidung nach Zielgruppen

Differenziert man das Einkommen der Coaches nach den Klienten, mit denen sie schwerpunktmäßig arbeiten, zeigen sich deutliche Einkommensunterschiede. Entsprechend zeigen sich Werte im Honorar pro Zeitstunde von 75,25 bis 291,11 Euro (netto), Jahreseinkommen von 47.300 bis 181.428 Euro und Coaching-Anteile am Bruttojahreseinkommen von 16,42 bis 63,21 Prozent.

Der stark variierende Coaching-Anteil am Bruttojahreseinkommen lässt auch Rückschlüsse darauf zu, in welchem Ausmaß ein Coach sich auf das Thema Coaching spezialisiert hat. Insbesondere jene Coaches, die häufig mit Projektleitern arbeiten, scheinen vergleichsweise wenig Coaching anzubieten. Anders formuliert: Nur ein geringer Anteil ihres Einkommens (22,63 Prozent/KMU bzw. 16,42 Prozent/Konzern) wird durch Coaching generiert. Das Gegenteil zeigt sich bei den Coaches, die primär mit Klienten aus dem Top-Management in Konzernen/Großunternehmen arbeiten. Sie generieren das höchste Bruttojahreseinkommen (181.428 Euro) mit dem höchsten Coaching-Anteil (63,21 Prozent). Allerdings sind diese Ergebnisse unter dem Vorbehalt vergleichsweise geringer Teilstichprobengrößen zu interpretieren.

Größere Teilstichproben wie z.B. die der Coaches, die primär mit dem Top-Management im KMU-Bereich arbeiten, und Coaches, die sich auf Privatpersonen fokussieren, zeigen auch große Einkommensunterschiede, die sich zwischen den genannten Zielgruppen um ca. 100 Prozent unterscheiden, sowohl beim Bruttojahreseinkommen (141.726 gegenüber 66.495 Euro) als auch beim Nettohonorar pro Zeitstunde (245,67 gegenüber 115,50 Euro).

In Ausgabe 3/2020 des Coaching-Magazins werden wir weitere Teilergebnisse der RAUEN Coaching-Marktanalyse vorstellen, anhand derer u.a. auf die Frage eingegangen werden soll: Welche Faktoren sind ausschlaggebend, um als Coach von Klienten nachgefragt und ausgewählt zu werden? Die Ergebnisse deuten auf einen mangelnden Transparenz- und Professionalisierungsgrad der Coaching-Branche hin.

Literatur

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