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International

Dr. Marshall Goldsmith im Portrait

„Menschen dabei helfen,
ihr Verhalten positiv zu verändern“

8 Min.

Erschienen im Coaching-Magazin in der Ausgabe 4 | 2019 am 20.11.2019

Er sei einer der glaubwürdigsten Executive-Berater der neuen Business-Ära, adelte ihn das renommierte Londoner Nachrichtenmagazin The Economist. Einen der fünf meist respektierten Executive-Coaches nannte ihn das US-amerikanische Wirtschaftsmagazin Forbes. Den Thinkers50-Leadership-Award, ein weltweites Ranking einflussreicher Akteure im Bereich der Führungsarbeit, gewann er gleich zweimal. Und die Liste weiterer Lobpreisungen seiner Person ist lang. Die Rede ist von Dr. Marshall Goldsmith, Executive-Coach, Autor, Speaker und Hochschullehrer, der laut eigener Aussage bereits über 150 CEOs und ihre Managementteams dabei unterstützt hat, Veränderungen am Arbeitsplatz zu bewältigen.

Der Geschäftige

Goldsmith hat viele Anhänger. Im sozialen Netzwerk LinkedIn, das er u.a. mit Blog-Beiträgen versorgt, folgen dem im März 1949 im US-amerikanischen Valley Station (Kentucky) geborenen Coach – Stand September 2019 – mehr als 1,3 Millionen Menschen. Auf Facebook sowie Twitter verzeichnet er mit rund 57.700 bzw. 50.500 Abonnenten zwar deutlich geringere, aber ebenfalls beachtliche Zahlen. Wo rührt all diese Aufmerksamkeit her? Die Antwort: Einerseits überlässt Goldsmith bei seinen Kommunikationsmaßnahmen kaum etwas dem Zufall. Insbesondere im Bereich Social Media und der Videoproduktion arbeitet er mit Hastings Digital zusammen, einer Marketing-Agentur, die weitere namhafte Kunden – z.B. aus der Entertainmentbranche – vorweisen kann. Andererseits ist der in Rancho Santa Fe ansässige Wahlkalifornier ein unermüdlicher Tausendsassa.                         

Goldsmith ist Autor bzw. Herausgeber von 39 Büchern – darunter die internationalen Bestseller der Managementliteratur „What Got You Here Won’t Get You There“ (2007), das mit dem Harold Longman Award für das beste Business-Buch des Jahres ausgezeichnet wurde, „MOJO“ (2010) und „Triggers“ (2015), zu dessen Vermarktung Hastings Digital nach eigenen Angaben eine Serie von 52 Videos beigesteuert hat. Mit seinem jüngsten Werk, einem Karriereratgeber für Frauen, widmet sich Goldsmith in Zusammenarbeit mit seiner Co-Autorin Sally Helgesen der Frage, wie weiblichen Führungskräften das berufliche Vorankommen gelingt: „How Women Rise: Break the 12 Habits Holding You Back“ (2018). Die Themen seiner Bücher verarbeitet Goldsmith auch in seinen Auftritten als Speaker. Dabei genießt er einen guten Ruf, was auch – sofern man sich an den in der tatsächlichen Höhe nicht durchweg einheitlichen, online abrufbaren Angaben verschiedener Speaking-Agenturen orientiert – in einer fünfstelligen Gage (US-Dollar) zum Ausdruck kommt.

Ein weiteres Instrument, mit dem Goldsmith Reichweite generiert, ist das Content-Marketing, welches er auf seiner Homepage ausführlich betreibt. Interessierte finden hier zahlreiche frei abrufbare Medien wie Artikel, Interviews und Videos sowie Links zu Podcasts oder LinkedIn-Beiträgen. Über 25 Millionen Zugriffe habe es bereits gegeben, heißt es auf Goldsmiths Webseite (www.marshallgoldsmith.com).

Goldsmith gilt als wichtiger Vertreter des 360-Grad-Feedbacks. Für seine Variante der Methode verwendet er den Begriff des „Stakeholder Centered Coachings“. Eine Erhebung unter 11.000 Führungskräften, die Erfahrungen mit der Methode sammelten, habe laut Angaben auf Goldsmiths Homepage gezeigt, dass sich die Aktivierung von Stakeholdern im Coaching-Prozess positiv auf die Effektivität der Klienten auswirke. 95 Prozent der Teilnehmer hätten von einer Effektivitätssteigerung berichtet.

Im vergangenen Jahr gab Goldsmith, der 2019 seinen 70. Geburtstag feierte, bekannt, keine Einzel-Coachings mehr durchführen zu wollen. Er rate seinen Klienten stets, aufzuhören, während sie noch auf dem Höhepunkt ihres Schaffens sind. Dies habe er nun selbst beherzigt, wird Goldsmith in einer Pressemitteilung sinngemäß zitiert. Seine Autoren- und Speaking-Tätigkeit setze er jedoch fort. Wer dennoch auf ein Coaching nach der „Goldsmith-Methode“ zurückgreifen möchte, kann Abhilfe in einem Netzwerk suchen, welches laut Goldsmiths Homepage aus rund 3.000 Personen besteht, die für die Anwendung des „Stakeholder Centered Coachings“ zertifiziert wurden. Hierfür ist ein Curriculum zu durchlaufen.

Neuerdings kann auf Goldsmiths Unterstützung auch in digitaler Form zurückgegriffen werden, nämlich in Form der „Marshall Goldsmith Coaching“-App, die seit März 2019 auf dem Markt ist und für das iOS-Betriebssystem heruntergeladen werden kann. Der Download ist kostenfrei, für die Mitgliedschaft, welche eine intensivere Nutzung der App ermöglicht, fallen hingegen Gebühren an. Die App erscheint im „Oceanhouse Media“-Verlag, dessen Geschäftsführer, Michel Kripalani, selbst als Coach und Speaker tätig ist.

Der Netzwerker

Kripalani findet sich sodann auch in einer Liste von 100 Personen wieder, die Goldsmith 2018 vorstellte. „100 Coaches“ nennt sich das Projekt, mit dem Goldsmith sein Wissen nach dem Paying-it-forward-Prinzip, d.h. unentgeltlich, weiterreichen will und das – ursprünglich für 15 Personen angedacht – insbesondere via LinkedIn große Aufmerksamkeit erfuhr. Anders als es der Name vermuten lässt, befinden sich unter den gelisteten Personen nicht ausschließlich Coaches, sondern beispielsweise auch Unternehmer und Führungskräfte. Unterstützung erhält Goldsmith im Rahmen des Projekts u.a. von einem seiner – wie er es selbst ausdrückt – persönlichen „Helden“, nämlich von Dr. Jim Yong Kim, der sich, wie Goldsmith betont, persönlich in das Programm einbringt. Der 1959 in Seoul geborene US-Amerikaner war von 2012 bis Februar 2019 Präsident der Weltbank.                                                      

Den Thinkers50-Award in der Kategorie Leadership gewann Goldsmith zweimal, 2011 und 2015. Für die Macher des Awards vermutlich einer der ausschlaggebenden Gründe, den eigens nach dem Mitglied ihrer Management-Hall-of-Fame benannten „Marshall Goldsmith distinguished Achievement Award“ für Coaching ins Leben zu rufen. Der Award wurde im November 2019 erstmalig verliehen. Goldsmith fungierte dabei nicht nur als Namensgeber oder Schirmherr, sondern kümmerte sich darüber hinaus um die weltweite Auswahl von insgesamt 50 Persönlichkeiten, die – so der formulierte Anspruch – im Coaching-Feld bedeutende Fußabdrücke hinterlassen haben. Darunter befinden sich Coaches, Wissenschaftler, Autoren und führende Akteure aus den Verbänden. Mit Prof. Dr. Jonathan Passmore, Direktor des Henley Centre für Coaching in Großbritannien, hat es immerhin ein Europäer in die veröffentlichte Liste der Top 8 geschafft. Bei der Auswahl, heißt es vonseiten Goldsmiths, habe man ausdrücklich auf einen Leadership-Bezug geachtet. Coaches, die sich ausschließlich privaten Anliegen widmen, seien hingegen nicht einbezogen worden. Hiermit wird eine Grenzziehung vollzogen, die nicht nur der Ausrichtung der gelegentlich als „Oscars des Managementdenkens“ bezeichneten Thinkers50-Rankings entspricht, sondern auch Goldsmiths eigenen Fokus auf den Management- und Leadership-Bereich widerspiegelt.

Dr. Marshall Goldsmith: Infografik

Der Akademiker und Unternehmensgründer

Woher diese Ausrichtung kommt, wird mit Blick auf Goldsmiths akademischen Werdegang schnell deutlich. 1970 schließt er sein Studium der Ökonomie und Mathematik am Rose-Hulman Institute of Technology, das in der Kleinstadt Terre Haute im Bundesstaat Indiana sitzt, mit dem Bachelor of Science ab. Gerne verweist man dort noch heute – rund 50 Jahre später – auf seinen Vorzeigeabsolventen. Als Goldsmith von der „International Association of Top Professionals“ als Top-Autor des Jahres 2019 ausgezeichnet wird, verkündet das College auf seiner Homepage stolz: Wenn die führenden Executives der Welt Unterstützung benötigen, suchen sie die Weisheit Marshall Goldsmiths. Es folgt ein Master of Business Administration (MBA), den Goldsmith 1972 an der Kelley School of Business der Indiana University erwirbt, ehe er 1977 an der Anderson School of Management, die zur University of California (UCLA) mit Sitz in Los Angeles gehört, seine Promotion abschließt. Von 1976 bis 1980 ist Goldsmith u.a. als Assistant Professor an der ebenfalls in Los Angeles ansässigen Loyola Marymount University und dem dortigen College of Business Administration tätig. Der akademischen Welt ist Goldsmith noch heute treu. Seit 2004 lehrt er an der renommierten Dartmouth Tuck School of Business im Bundesstaat New Hampshire im Bereich Executive Education und engagiert sich im dortigen MBA-Programm für Leadership-Coaching – eine Aufgabe, der er sich auch über die Gründung der Marshall Goldsmith Group im Jahr 2009 hinaus widmet.                                       

Den Sprung in die außeruniversitäre Management-Bildung und -Beratung vollzieht Goldsmith im Alter von 28 Jahren. Ausschlaggebend, so heißt es rückblickend, sei seine Begegnung mit dem 2012 verstorbenen US-amerikanischen Verhaltensforscher, Hochschullehrer und Consultant Prof. Dr. Paul Hersey gewesen, der Goldsmith, wie es dieser 2016 der „Business Times“ berichtete, 1977 erfolgreich bat, ihn im Rahmen eines Auftrages eines großen Versicherungsunternehmens zu vertreten. Es folgt die Mitgründung des Consulting- und Beratungs-Unternehmens Keilty, Goldsmith and Company – und damit der Beginn seiner „Mission“, die Goldsmith, über den 2020 ein 90-minütiger Dokumentarfilm erscheinen soll, wie folgt umschreibt: Er wolle erfolgreichen Menschen dabei helfen, ihr Verhalten positiv und nachhaltig zu verändern, sowohl für diese selbst als auch für deren Teams.

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