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Beruf Coach

Mut zur Nische

Positionierung für selbstständige Coaches

6 Min.

Erschienen im Coaching-Newsletter in Ausgabe 03 | 2013

Wer sich als Coach selbstständig macht, neigt dazu, seine Coaching-Leistungen möglichst allgemein anzubieten, um nur ja keine möglichen Aufträge auszulassen. Aber wie sollen potenzielle Coaching-Klienten erkennen, dass gerade dieser Coach genau der Richtige für den zu vergebenden Coaching-Auftrag ist? Besonders, wenn man als Newcomer in der Coaching-Branche noch kaum Referenzen vorzuweisen hat. Als Einzelkämpfer riskiert man bei dem Versuch, sich zu allgemein und umfassend darzustellen, für die Klienten unsichtbar zu werden. Und man verzettelt die eigenen Ressourcen, weil den Marketing- und Akquise-Aktivitäten die Stoßrichtung fehlt.


Besser – als gar keinen Standpunkt am Markt zu haben – ist es, eine klare Positionierung in der Nische zu finden. So ist es zudem wesentlich effizienter, die eigene Kompetenz auszubauen.Im Grunde gilt für Coaches, wie für die meisten anderen Selbstständigen auch: Sprechen Sie Ihre potenziellen Kunden so an, das die sich auch gemeint fühlen. Geben Sie ihren potenziellen Kunden eine Chance, Sie sympathischer als andere zu finden. Stellen Sie Ihren Kunden einen erkennbaren Nutzen in Aussicht.

Eine solide Positionierung wird bestimmt durch dreierlei Spezialisierungen:

  • Problemspezialisierung: welche Probleme löse ich mit meiner Dienstleistung, welchen Nutzen bringe ich?
  • Prozessspezialisierung: auf welche Art und Weise löse ich diese Probleme?
  • Soziale Spezialisierung: mit welchen Zielgruppen spreche ich eine gemeinsame Sprache?

Der angenehme Nebeneffekt einer präzisen Positionierung ist dann, dass man die begrenzte Arbeitskraft seiner "One-Man-Show" besser – weil zielgerichteter – nutzen kann. Und vermutlich wird man auch merken, dass das, was aus der Perspektive des Marktes eine Nische ist, aus der Perspektive der selbstständigen "One-Man-Show" ein ziemlich großes Spielfeld ist. 

Wie lässt sich dieser Ansatz nun in die Praxis übersetzen? Es hilft, sich ein "Positionierungsdreieck" anzulegen. Es eignet sich gut, um auf systematische Art und Weise Profil und Positionierung von Beratern und Coaches (aber auch Freiberuflern und anderen Selbstständigen) herauszuarbeiten. Dabei sind die drei Eckpunkte eines Positionierungsdreiecks:

  1. Die Beraterperson mit ihren Werten, Motiven, Kompetenzen und Berufs- und Lebenserfahrungen.
  2. Die Zielgruppen im Sinne von Branchen und Kundentypen.
  3. Die Themen im Sinne von Problemfeldern oder Lösungsansätzen.

Die drei Seiten des Dreieckes repräsentieren die Verbindungen zwischen den genannten Eckpunkten, sprich zwischen dem Coach und potenziellen Zielgruppen, zwischen dem Coach und speziellen Problemfeldern und zwischen dem Problemfeld und dem Klienten. So leitet sich die Verbindung zwischen Beraterperson und Zielgruppe aus der "Chemie" oder der "sozialen Passung" her. Die Kompetenzen und Erfahrungen des Coachs bestimmen das Feld möglicher Themen oder Probleme. Die Verbindung zwischen den Eckpunkten Zielgruppe und Problemfeld wird schlüssig, wenn der Lösungsansatz einen Nutzen für die Zielgruppe verspricht. Im Folgenden sollen die drei Seiten des Positionierungsdreiecks genauer betrachtet werden.

Coach – Zielgruppe: Die "Chemie" zwischen Coach und Klient

Im klassischen Marketing geht man häufig von den Kundenproblemen aus, also von der Frage, welches Kundenproblem wie gelöst werden soll, welchen Nutzen ein Angebot stiften kann. Bei der Positionierung von Beratern ist es meist produktiver, Themen und Zielgruppen aus der Person des Beraters, sozusagen der fixen Größe in der Gleichung, abzuleiten. 

So liegt es nahe, sich als Coach auf solche Zielgruppen zu konzentrieren, mit denen "die Chemie stimmt." Das heißt nicht, dass jemand, der beispielsweise in der Werbebranche gearbeitet hat, nun in aller Zukunft nur in der Werbebranche coacht. Aber eine gewisse Passung hinsichtlich sozialer Milieus, Status und beruflicher Grundmentalitäten ist eine gute Voraussetzung für eine gemeinsame Sprache. Auf der Suche nach sozialer Passung lohnt meist ein Blick in die eigene Familiengeschichte und in den eigenen Freundeskreis. Wer als Coach aus einer Familie mit Selbstständigen kommt, fühlt sich möglicherweise bei den Freiberuflern und den Start-Ups wohler als in den großen Konzernen. Wer aus einer Lehrerfamilie kommt, tut sich dafür in der öffentlichen Verwaltung leichter. Genauso gibt der Freundeskreis Hinweise darauf, wo man sich wie ein Fisch im Wasser fühlt. Und das braucht man als Coach, wenn man später ohne Anstrengung Augenhöhe herstellen will.

Coach – Thema: Die Kompetenz des Coachs zur Problemlösung

In ähnlicher Weise lassen sich aus den Kompetenzen der Beraterperson Themen und Lösungsansätze ableiten. Die systemischen und lösungsorientierten Coaching-Ansätze mit ihrer konstruktivistischen Perspektive verleiten leicht zu der Annahme, dass man zur Lösung jeglichen Problems beitragen könnte. Schließlich muss man als Coach ja keine konkreten Ratschläge geben, sondern nur "Prozesshilfe" leisten. 

So richtig das Prinzip als grundlegende Haltung sein mag, so wenig taugt es als Kompass für die Positionierung. Klienten möchten das Gefühl haben, dass der Coach der Experte für ihr Problem ist. Und sie haben Recht. Der Prozess in einem Karriere-Coaching hat eine andere Grundchoreographie als der in einem Konflikt-Coaching. Ein Coaching zum Thema Selbstmanagement braucht ein anderes Set von Werkzeugen als ein Team-Coaching. Wer Führungskräfte coachen will, braucht einen Fundus von Meta-Konzepten zu Führung, Mikropolitik und Organisationsdynamik. Es lohnt sich also, sich auf das zu spezialisieren, was man gut kann.

Zielgruppe – Thema: Die Zusammenführung von Zielgruppe und Thema

Hat man einen Fundus von berateraffinen Themen und Zielgruppen identifiziert, geht es ans Finetuning, in dem man prüft, ob die Themen und Lösungsansätze geeignet sind, einen Nutzen bei den identifizierten Zielgruppen zu stiften. Oder anders ausgedrückt: Hat die Zielgruppe einen so hohen Problemdruck, dass sie in die Lösung des Problems investieren möchte? 

An dieser Stelle ist es meist sinnvoll, sich das Positionierungsdreieck nochmals im Licht von angestrebten Stundensätzen und vermuteten Zahlungsbereitschaften vor Augen zu halten. Das legt zum einen den Grundstock für wirtschaftlichen Erfolg, es eröffnet aber auch eine weitere Perspektive auf die bereits genannten Aspekte der sozialen Milieus und des Status. Die Frage, die man hier ganz schlicht stellen kann, ist, welchen Preis ich für meine Dienstleistung ansetzen möchte und welche Kosten eine Zielgruppe für die Lösung des Problems tragen kann oder bereit zu tragen ist. 

Fazit

Eine klare Positionierung ist die wesentliche Voraussetzung für eine gute Sichtbarkeit am Markt. Und sollte am besten erfolgen, bevor man in Corporate Design, Website und Marketing investiert. Allerdings darf man sich nicht wundern, wenn einem die Arbeit an der eigenen Positionierung nicht leicht fällt. Schließlich trägt man hier quasi den eigenen Leib zum Markte.

Gute Coaching-Weiterbildungen sehen daher auch einen Baustein vor, in dem eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Profil und einer möglichen Positionierung erfolgt.

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