Wissenschaft

Künstliche Intelligenz im Coaching

Wie Coaches Künstliche Intelligenz erfolgreich einbinden 

Der Megatrend Digitalisierung hinterlässt seine Spuren in der Coaching-Branche. Der Einsatz von Videokonferenzsystemen nimmt zu. Diverse digitale Coaching-Plattformen sind am Markt. Ebenso spannend ist die Frage, wie Künstliche Intelligenz das Coaching verändert. Wie kann der Einsatz Künstlicher Intelligenz im Coaching aussehen und welchen Mehrwert kann er generieren? Worauf sollten Coaches achten, die Künstliche-Intelligenz-Systeme in ihre Praxis einbinden wollen? Antworten liefert der vorliegende, auf einer empirischen Untersuchung basierende Beitrag.  

10 Min.

Erschienen im Coaching-Magazin in der Ausgabe 4 | 2022 am 16.11.2022

Künstliche Intelligenz – Dieser Begriff prägt und verändert zunehmend das persönliche Zusammenleben und die berufliche Zusammenarbeit. Ebenso davon betroffen ist das Coaching, da von Seiten der Unternehmen sowie der Klienten die Nachfrage zunimmt und der Druck steigt, vermehrt agile und digitale Tools im Coaching einzubinden. Folglich wird von einem „modernen“ Coach immer häufiger erwartet, auf solche Tools zurückzugreifen. Aber wie können Coaches Künstliche Intelligenz in ihre Praxis einbinden?

Der folgende Artikel stellt konkrete Handlungsempfehlungen für Coaches vor, mit denen Künstliche Intelligenz erfolgreich in die eigene Praxis implementiert werden kann. Außerdem werden Chancen und Grenzen des Einsatzes solcher Technologien im Coaching im Unternehmenskontext aufgezeigt. Die vorgestellten Handlungsempfehlungen wurden in einer empirischen Studie identifiziert, in welcher Entwicklerinnen und Entwickler von Künstlichen-Intelligenz-Systemen für das Coaching (z.B. Coaching-Chatbots), digitale Coaching-Anbieterinnen und -Anbieter sowie berufstätige, zertifizierte Coaches befragt wurden.

Einsatz Künstlicher Intelligenz im Coaching

Die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz schreitet mit sehr hoher Geschwindigkeit voran, aus diesem Grund kann zu dem Thema nur eine Momentaufnahme gegeben werden. Der aktuelle Stand der Forschung und Entwicklung der Künstlichen Intelligenz erlaubt bis dato lediglich den Einsatz sogenannter „schwacher Künstlicher Intelligenzen“. Darunter werden Systeme verstanden, die in einem eingegrenzten Problemraum eine spezifische Aufgabe effizient bearbeiten können. Solche Systeme können jedoch keine Veränderungen im zugrundeliegenden Problemraum wahrnehmen oder darauf reagieren (Scheuer, 2020). Im Coaching gibt es „schwache Künstliche Intelligenzen“ bereits bei „Chatbots“. Diese existieren in zwei Formen: als „Simulatoren“, welche parallel zu einem persönlichen Coaching eingesetzt werden, und als „Expertensysteme“, die mit einem Klienten vollkommen eigenständig ein Coaching durchführen können (Bierema, 2022).

Schon heute gibt es viele Einsatzmöglichkeiten solcher Künstlichen Intelligenzen im Coaching (siehe Abb. 1). Künstliche Intelligenz kann prinzipiell bei allen standardisierten und repetitiven Aufgaben eingesetzt werden, etwa bei der Identifizierung der Persönlichkeit des Klienten anhand eines Persönlichkeitstests oder bei der Anregung, Durchführung sowie Auswertung von Evaluationsprozessen. Zudem kann eine Künstliche Intelligenz für Interaktionen mit Klienten eingesetzt werden, bei welchen die Anwesenheit eines menschlichen Coachs nicht erforderlich ist. Zu diesen gehört z.B. das Aufgeben und Erarbeiten von Übungen sowie die Vor- und Nachbereitung der einzelnen Coaching-Sessions. Der Einsatz einer solchen Künstlichen Intelligenz im Coaching ist allerdings nur dann sinnvoll, wenn es sich um einen klar definierten Problemraum handelt. Das Coaching-Anliegen muss hierfür sowohl vom Klienten als auch vom Coach von Beginn an klar definiert werden können. In Bezug auf die Klärung des Coaching-Anliegens kann die Künstliche Intelligenz ebenfalls herangezogen werden, da ein solches System diesen Prozessschritt übernehmen kann, wenn ihm die passenden Fragen einprogrammiert wurden. Durch die Fähigkeiten der Künstlichen Intelligenz, eigenständig die Persönlichkeit des Klienten sowie dessen Coaching-Anliegen in Erfahrung zu bringen, können solche Systeme auch gut für den Matching- und Vermittlungsprozess zwischen dem Klienten und einem passenden Coach genutzt werden.

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Literatur

  • Bierema, L. (2022). „Can You Hear Me Now?“ Technical and Human Factors in Virtual Developmental Relationships. In R. Ghosh & H. Hutchins (Hrsg.), HRD Perspectives on Developmental Relationships (S. 241–272), Cham: ‎Springer.
  • Dahm, M. & Dregger, A. (2019). Der Einsatz von künstlicher Intelligenz im HR. In B. Hermeier, T. Heupel & S. Fichter-Rosada (Hrsg.), Arbeitswelten der Zukunft (S. 249–271), Wiesbaden: Springer.
  • De Haan, E.; Grant, A.; Burger, Y. & Eriksson, P. (2016). A large-scale study of executive and workplace coaching. Consulting Psychology Journal: Practice and Research, 68(3), S. 189–207.
  • Diers, T. (2020). Akzeptanz von Chatbots im Consumer-Marketing. Wiesbaden: Springer.
  • Scheuer, D. (2020). Akzeptanz von Künstlicher Intelligenz. Wiesbaden: Springer.

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