Konzepte

Selbstwirksamkeit stärken

Wie Coaches ihre Klientinnen und Klienten beflügeln

Um Herausforderungen zu bewältigen, ist es hilfreich, sich als selbstwirksam zu erleben und entsprechendes Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen zu haben. Mangelt es hieran, wird die Person womöglich hadern, ihre Ziele – z.B. im Rahmen eines Coaching-Prozesses – überhaupt anzugehen oder mit Nachdruck zu verfolgen. Der Beitrag stellt ein Konzept für die Förderung der erlebten Selbstwirksamkeit von Klientinnen und Klienten vor und illustriert dessen Anwendung im Coaching anhand eines Praxisbeispiels.

14 Min.

Erschienen im Coaching-Magazin in der Ausgabe 3 | 2025 am 09.09.2025

Vier Menschen im Business-Dress fliegen in sehr großen Schritten von links nach rechts.

Selbstwirksamkeit, also die Überzeugung, dass man in der Lage ist, Herausforderungen zu bewältigen und selbst gesteckte Ziele zu erreichen, ist eine zentrale Kompetenz, die nicht nur im persönlichen Leben, sondern auch im beruflichen Kontext von unschätzbarem Wert ist. In einer Welt, die von ständigem Wandel und steigenden Anforderungen geprägt ist, gewinnt die Fähigkeit, selbstwirksam zu agieren, immer mehr an Bedeutung. Coaches erleben immer wieder, dass Menschen ihr vorhandenes Potenzial nicht erkennen und sich dadurch Chancen entgehen lassen. Die Folge: Frustration nimmt zu und auch auf der körperlichen Ebene können sich Symptome zeigen. Zahlreiche Studien belegen, dass eine optimistische Kompetenz- bzw. Selbstwirksamkeitserwartung die Voraussetzung dafür darstellt, sowohl kleinere Alltagsprobleme als auch die Krisen des Lebens gut zu meistern und Ziele mit Ausdauer zu verfolgen (Egger, 2015). Menschen, die sich als selbstwirksam erleben, sind weniger anfällig für Angststörungen sowie Depressionen (Ruholl, 2007) und verzeichnen insgesamt mehr Erfolge im Berufsleben (Egger, 2015). Für Coaches stellt sich dabei die entscheidende Frage: Wie können sie Klientinnen und Klienten dazu befähigen, ihr Leben aktiv und selbstbestimmt zu gestalten?

Auf einen Blick

Symbol einer Lupe
  • Nimmt sich eine Person als selbstwirksam war, äußert sich dies im Vertrauen, Herausforderungen mittels der eigenen Kompetenzen erfolgreich meistern zu können.
  • Im Coaching kann erlebte Selbstwirksamkeit gefördert werden.
  • Hierzu können Coaches anhand gezielter Übungen am Selbstwert, Selbstbild und Selbstvertrauen ihrer Klientinnen und Klienten ansetzen.

Das Fundament der Selbstwirksamkeit

Das Konzept der Selbstwirksamkeit geht zurück auf den kanadischen Psychologen Albert Bandura (1977). Er definierte Selbstwirksamkeit als das persönliche Zutrauen einer Person in die eigenen Möglichkeiten und Kompetenzen. Im Rahmen der Entwicklung von Selbstwirksamkeit benannte Bandura (ebd.) vier Faktoren, die von Bedeutung sind:

  • Bewältigungserfahrungen / Erfolgserlebnisse
  • Nachahmung erfolgreicher Modelle / Vorbilder
  • Unterstützende Begleitung / Ermutigung durch andere
  • Emotionale Aufladung

Grundsätzlich lässt sich sagen: Je höher die Annahme der eigenen Selbstwirksamkeit ausfällt, desto größer ist die Bereitschaft, sich schwierigere Aufgaben zu suchen bzw. sich derer anzunehmen.

Selbstwirksamkeit im Coaching-Prozess

Die Arbeit an der Selbstwirksamkeit erfordert ein tiefes Verständnis für die individuelle Ausgangslage der Klientinnen und Klienten. Wichtig ist, ein Bewusstsein für individuelle Unterschiede zu schaffen. Menschen erleben ihre Selbstwirksamkeit unterschiedlich stark, abhängig von früheren Erfahrungen, individuellen Persönlichkeitsmerkmalen und aktuellen Lebensumständen.

Das Selbstwirksamkeitsmodell: Sechs Faktoren im Fokus

Coaches begegnen immer wieder Klientinnen und Klienten, die Veränderungsprozesse trotz schwieriger Umstände zügig und positiv angehen. Andere verweilen hingegen länger in der gefühlten Hilflosigkeit. Die Abbildung zeigt ein von den Autorinnen dieses Artikels entwickeltes Modell, das sechs zentrale Faktoren zur Förderung der Selbstwirksamkeit definiert. Die folgende Darstellung der Faktoren stellt einen Auszug möglicher Herangehensweisen im Coaching dar (ausführlicher in Feichtinger & Wunder, 2024):

Die Grafik zeigt die sechs Faktoren zur Förderung von Selbstwirksamkeit.

Abb.: Sechs Faktoren zur Förderung von Selbstwirksamkeit (Feichtinger & Wunder, 2024, S. 35)

  • Selbstreflexion:
    Der Prozess der bewussten Auseinandersetzung mit eigenen Gedanken, Emotionen und Verhaltensmustern. Reflexion hilft, blinde Flecken zu erkennen und neue Perspektiven einzunehmen. Methoden wie das Johari-Fenster, der Erfahrungslernzyklus nach Kolb oder das Terry-Borton-Modell bieten hier wertvolle Impulse.
  • Selbstwert:
    Die gefühlsmäßige Wahrnehmung des eigenen Wertes. Coaches sollten mit ihren Klientinnen und Klienten daran arbeiten, destruktive Grundannahmen zu hinterfragen, die eigene Wertschätzung zu stärken und Glaubenssätze zu analysieren. Übungen zur Attribution von Erfolgen und das Erkennen von sozialen Vergleichen tragen hierzu bei.
  • Selbstbild:
    Die innere Vorstellung von der eigenen Person beeinflusst das Denken und Handeln maßgeblich. Biografiearbeit und das Hinterfragen von Glaubenssätzen unterstützen dabei, ein positives und realistisches Selbstbild zu entwickeln. Hierbei hilft es, zwischen Fremd- und Selbstbild zu unterscheiden und Wunschbilder klar zu definieren.
  • Selbstvertrauen:
    Die Kenntnis eigener Kompetenzen, der Glaube an die eigenen Fähigkeiten und das Vertrauen darauf bilden die Basis des Handelns. Hier unterstützen ressourcenorientierte Ansätze, die Stärkung von Mut sowie ein positiver Umgang mit Angst und Scham. Auch das Arbeiten an der Körpersprache kann helfen, ein stärkeres Selbstvertrauen aufzubauen.
  • Selbstmitgefühl:
    Der liebevolle Blick auf mich selbst. Praktiken wie Achtsamkeit, die Trennung von Person und Verhalten sowie Übungen zur Förderung von Empathie und Mitgefühl beeinflussen das Selbstmitgefühl positiv.
  • Selbstfürsorge:
    Der bewusste Umgang mit mir. Klientinnen und Klienten lernen, eigene Bedürfnisse wahrzunehmen und für deren Erfüllung aktiv zu sorgen. Übungen zur Identifikation von Energieräubern und Energielieferanten helfen, ein ausgewogenes Selbstfürsorgekonzept zu entwickeln.

Der Einstieg ins Coaching

Ein Hinweis im Coaching-Prozess, um an der Selbstwirksamkeit zu arbeiten, ist häufig eine gefühlte Ohnmacht, die dem Klienten gut bekannt ist. Möglicherweise liegt der formulierte Coaching-Auftrag eher in der Bearbeitung des Symptoms (siehe Praxisbeispiel). Dies ist sicherlich kurzfristig als Intervention eine Möglichkeit. Langfristig jedoch vermutlich wenig wirksam, da die Ursache des Problems meist tiefer liegt. Nämlich im Gefühl der mangelnden Selbstwirksamkeit.

Um im Coaching gezielt vorgehen zu können, haben die Autorinnen dieses Beitrags einen Fragebogen entwickelt, der auf die oben genannten Faktoren abzielt. Das Ergebnis gibt Aufschluss über die konkreten Ansatzpunkte im Coaching. (Feichtinger & Wunder, 2024)

Praxisbeispiel

Frau B. kommt mit dem Anliegen, den Umgang mit ihrer Führungskraft zu verbessern. Sie erlebt ihre Führungskraft häufig distanziert und wenig wertschätzend. Gute Beiträge werden ignoriert. Frau B. fühlt sich oft wie ein Schulmädchen behandelt. Das Verhalten der Führungskraft bezieht sie zu 100 Prozent auf sich. Grundsätzlich denkt sie auch selbst, dass sie noch wenig Erfahrung einbringen kann. Ihr gesamtes Auftreten wirkt eher zurückhaltend und abwartend. Durch das Coaching will sie der Führungskraft gegenüber selbstsicherer auftreten. In der Wahrnehmung des Coachs zeigt sich im Auftragsklärungsgespräch, dass hinter dem Thema „Zusammenarbeit mit der Führungskraft“ mehr liegen könnte. Der Coach bietet Frau B. daher folgende Optionen an:

  • die konkrete Situation mit ihrer Führungskraft näher zu beleuchten und daraus adäquate Verhaltensweisen abzuleiten oder
  • an der Selbstwirksamkeit zu arbeiten, um nachhaltige Verhaltensweisen – auch im Umgang mit anderen Herausforderungen – zu etablieren und die Selbstwirksamkeitserwartung zu steigern.

Die Empfehlung des Coachs geht zu Option zwei. Diese hat für Frau B. den Vorteil, nicht nur am Symptom zu arbeiten, sondern am zugrundeliegenden Muster. Dieser Empfehlung folgt die Klientin.

Standortbestimmung

Frau B. bearbeitet den Fragebogen zur ersten Standortbestimmung bezogen auf das Thema Selbstwirksamkeit (Feichtinger & Wunder, 2024). Dort zeigt sich, dass Frau B. hinsichtlich der Selbstwirksamkeitserwartung bei einer Punktzahl landet, die die Vermutung des Coachs bezüglich der verminderten Selbstwirksamkeit der Klientin bestätigt. Da Frau B. das Ziel hat, im Umgang mit anderen mehr Selbstbewusstsein zu erlangen, legt der Coach den Fokus auf das Selbstvertrauen und das Selbstbild. Auch das Thema Selbstwert kann im weiteren Verlauf der Sitzungen relevant werden.

Der Wert der Achtsamkeit im Coaching

Um aus der rein kognitiven Betrachtung der Themen mehr in das unterbewusste Wissen einzutauchen, bedarf es der Verlangsamung. Der Coach lädt hierzu immer wieder ein und hinterfragt auch, ob es eine Körperwahrnehmung dazu gibt, ein Bild und/oder ein Gefühl, das sich zeigt. Hierbei liegt der Fokus auf Frau B. und ihren Emotionen und weniger auf der Geschichte, die erzählt wird. Was auftaucht, wird neugierig untersucht und auf diesem Wege besser verstanden. Es ist wichtig, dass die Klientin nachvollziehen kann, warum immer wieder Tempo herausgenommen wird und dies für die Reflexion in der Tiefe ein wichtiger Bestandteil ist, damit sie hierdurch nicht irritiert wird und sich darauf einstellen kann.

Biografiearbeit

In der ersten Sitzung mit Frau B. bittet der Coach sie, ihren Lebensweg zu zeichnen. Hierzu können Symbole verwendet werden. Es hat keine Relevanz, wie gut die Zeichenkünste sind. Es geht um die Reflexion der prägenden Stationen des Lebens. Diese werden visualisiert. Wichtig ist es, von Geburt an zu beginnen, um aufzuzeigen, in welchem Umfeld die prägenden Jahre verbracht wurden, was vielleicht bereits dort geschehen ist und einen Einfluss auf den Lebensverlauf hatte. Für die Zeichnung legt der Coach ein großes Papier (DIN A3 oder Flipchart) und bunte Stifte bereit. Es darf (muss aber nicht!) kreativ gearbeitet werden.

Frau B. zögert kurz. Sie hat Sorge, dass das Bild nicht „schön“ wird. Die Sorge entkräftet der Coach und betont nochmals, dass es mehr um die innere Reflexion geht und um das Bewusstsein darüber, was alles bereits passiert ist und Frau B. zu dem gemacht hat, wer sie heute ist. Wenn ihr kein Symbol einfällt, kann sie auch einen Begriff verwenden.

Frau B. legt los. Sie entwickelt ein buntes Bild mit Symbolen und kurzen Begriffen. Nachdem das Bild fertig ist, lässt der Coach sie ihre Lebensgeschichte erzählen: Sie ist als jüngstes Kind einer Familie mit vier Kindern groß geworden. Ihre Rolle in der Familie war die des Nesthäkchens. Alle haben ihr vermittelt, dass sie „die Kleine“ ist. Die, die einfach macht, was „die Großen“ ihr sagen. Die Eltern waren beide im familieneigenen Unternehmen aktiv und hatten wenig Raum und Aufmerksamkeit für die Kinder. Ihre Lieblingsschwester wurde krank, als Frau B. fünf Jahre alt war. Die Schwester war immer wieder über längere Zeit in der Klinik. Für Frau B., „die Kleine“, war daher wenig bis gar keine Zeit. Sie lief einfach mit. Sie hatte offensichtlich gelernt, sich gut anzupassen, nicht aufzufallen und die Dinge so zu machen, wie andere es wollten. Verinnerlicht hat sie: „Was ich meine und will, ist nicht wichtig und zählt auch nicht.“ Innerhalb der Familie wurde sie selten nach ihrer Meinung gefragt. Der Vater kompensierte seinen Stress mittels Alkohol. Er war nicht berechenbar und oft auch aggressiv. Frau B. war ein liebes Kind. Angepasst und unauffällig. Ihre Sachen hielt sie in Ordnung, die Schule verlief reibungslos. Um ihren Ausbildungsplatz hatte sie sich selbst gekümmert. Unterstützung der Eltern gab es nicht. Nach der Ausbildung besuchte sie berufsbegleitend eine Abendschule, um sich fortzubilden. Erfolgreich. Den ersten Freund hatte sie erst nach der Ausbildung. Das war eine große Enttäuschung. Er hatte sie betrogen. Die Bindung zu den Geschwistern beschreibt sie unterschiedlich. Ihre Lieblingsschwester hat heute eine Behinderung. Die Bindung zu ihr ist sehr eng. Frau B. kümmert sich auch regelmäßig um sie.

Das ist ein Auszug aus dem Leben von Frau B. Der Coach hört der Lebensgeschichte aufmerksam und wertschätzend zu. Gemeinsam mit Frau B. erarbeitet der Coach, welche Eigenschaften und Fähigkeiten sie aus dem, was passierte, entwickelt hat. Hierzu macht der Coach auch Vorschläge, nimmt auf, was Frau B. selbst benennt, und visualisiert alles. In diesem Fall zeigt sich folgendes: Frau B. hat früh gelernt, sich gut anzupassen und kann sich sehr gut integrieren. Andere hat sie dabei genau im Blick. Sie kann gut organisieren, zeigt sich verantwortlich und ist lernfähig sowie engagiert. Sie hat gute Abschlüsse, die ihrer Intelligenz und Beharrlichkeit zugeschrieben werden können. Dem Leben steht sie grundsätzlich optimistisch gegenüber. In der Kindheit hat sie wenig Raum und Sichtbarkeit erhalten. Es war wichtig, zu funktionieren und nicht aufzufallen. Diese Parallele zu ihrem aktuellen Erleben in der Arbeitswelt stellt Frau B. mit Überraschung fest.

Diese Übung löst ein tiefes Verständnis von Frau B. aus, warum sie ist, wie sie ist. Die wertschätzende Betrachtung der Eigenschaften, die sie daraus entwickelt hat, schaffen ein neues Verständnis und eröffnet einen anderen Blick auf sich selbst. Dadurch kann sie ihr Selbstbild aktualisieren. Der Coach bittet Frau B., bis zur nächsten Sitzung immer wieder darauf zu achten, wo und wann sich ihre positiven Eigenschaften zeigen, statt sich darauf zu fokussieren, was nicht gelingt. Unterstützend übergibt der Coach ihr die Visualisierung der Eigenschaften mit der Bitte, sie so zu platzieren, dass sie diese immer wieder im Blick hat.

Selbstvertrauen stärken

In der nächsten Sitzung nutzt der Coach die Erkenntnisse aus dem Lebensweg von Frau B., um ihr Selbstvertrauen zu stärken. Hierzu wird das Anforderungsprofil des Jobs von Frau B. betrachtet und sie gibt eine Einschätzung ihrer Fähigkeiten ab. Die fachlichen Anforderungen sind alle zu 95 bis 100 Prozent erfüllt. Bei den Anforderungen an die persönlichen Eigenschaften ist sie deutlich zurückhaltender. Bei Teamfähigkeit, Kooperationsfähigkeit, Eigeninitiative und Lernbereitschaft gibt sie sich Werte zwischen 50 und 60 Prozent. Das überrascht den Coach. Beim Hinterfragen zeigt sich ein sehr selbstkritischer Teil in Frau B. Der Hinweis auf ihren Lebensweg und die Eigenschaften, die sich im positiven Sinne dort gezeigt haben, lassen sie amüsiert auflachen: „Da kann wirklich etwas nicht stimmen.“ Frau B. wird bewusst, dass sie ihr Licht unter den Scheffel stellt. Die Klientin erkennt, dass sie – von Nuancen abgesehen – alles mitbringt, was für ihre Aufgaben gebraucht wird. Diese Erkenntnis lässt der Coach auf Frau B. wirken und sie geht innerlich gestärkt aus der Sitzung. Ihr ist bewusst geworden, dass sie durch ihren Lebensweg viele wertvolle Fähigkeiten erworben hat, die sie zielführend einsetzen kann.

Embodiment

Im Rahmen einer Meta-Analyse (Körner et al., 2022) kamen Forscher zum Ergebnis, dass bestimmte Körperhaltungen einen positiven Einfluss auf die Selbstwahrnehmung haben können. Die Ergebnisse legen nahe, dass Körperhaltungen für Coaching „nützlich sein können“. (Universität Bamberg, 2022) Diese Annahme unterstützt auch Maja Storch, die dazu einlädt, im Alltag kleinere Korrekturen an der Körperhaltung vorzunehmen (Storch & Krause, 2012). Auch im vorliegenden Fall hat es sich als hilfreich erwiesen, mit Frau B. an ihrer Körperhaltung zu arbeiten.

Der Coach lässt Frau B. eine Situation schildern, in der sie sich wie ein Schulmädchen fühlt. Frau B. sackt automatisch etwas zusammen. Die Schultern fallen nach vorne und unten. Sie wird ernst, die Stimme leiser und langsamer. Das beobachtet der Coach aufmerksam und meldet es Frau B. zurück. Um anschließend an der äußeren Haltung zu arbeiten, bittet der Coach Frau B., sich aufrecht hinzusetzen. Brust raus, Kopf hoch. Der Coach bittet Frau B., die negative Situation erneut zu schildern und die neue, stabile Körperhaltung währenddessen beizubehalten. Interessanterweise konnte Frau B. sich nicht mehr klein fühlen. Die Stimme blieb unverändert. Der Coach bittet Frau B. nun, auch in andere Situationen einzutauchen, in denen sich das Gefühl des kleinen Schulmädchens normalerweise breitmacht. Frau B. erinnert sich an einige Situationen und betrachtet diese. Es gelingt ihr dabei oft, die selbstbewusste Haltung zu bewahren. Mit dem Auftrag, diese Körperhaltung auch ihrem Chef gegenüber beizubehalten, verlässt sie die Sitzung gestärkt.

Dies ist ein verkürztes Beispiel, wie an zwei Faktoren des Selbstwirksamkeitsmodells (Feichtinger & Wunder, 2024) gearbeitet werden kann. Im Ergebnis hat sich durch ihre innere und äußere Haltung eine Wechselwirkung ergeben, wie die Führungskraft mit ihr umgeht. Frau B. gelingt es zunehmend, auf Augenhöhe zu bleiben. Sie hat gelernt, dafür zu sorgen, dass ihre Beiträge Gehör erhalten.

Fazit

Selbstwirksamkeit ist kein statisches Merkmal, sondern eine Haltung, die durch bewusste Erfahrungen und Reflexion gestärkt werden kann. Das vorgestellte Modell sowie die praktischen Übungen bieten Coaches eine Grundlage, um ihre Klientinnen und Klienten effektiv auf dem Weg zur Stärkung ihrer Selbstwirksamkeit zu begleiten.

Die kontinuierliche Auseinandersetzung mit den eigenen Ressourcen, das Erkennen und Überwinden von Grenzen sowie die bewusste Pflege der eigenen Bedürfnisse sind dabei entscheidende Faktoren. Nur wenn Klientinnen und Klienten sich ihrer Selbstwirksamkeit bewusst werden, entwickeln sie den Mut und die Energie, ins Handeln zu kommen und ihre Ziele aktiv zu verfolgen. Dieser Prozess ist ein wesentlicher Beitrag zur persönlichen Entwicklung und zur Gestaltung eines erfüllten Lebens.

Dieser Beitrag basiert auf dem Buch „Selbstwirksamkeit stärken“ von Monika Feichtinger & Miriam Wunder, erschienen im Junfermann Verlag (2024).

Literatur

Bandura, A. (1977). Self-efficacy. Psychological Review, 2, S. 191–215.

Egger, J. W. (2015). Integrative Verhaltenstherapie und psychotherapeutische Medizin. Wiesbaden: Springer.

Feichtinger, M. & Wunder, M. (2024). Selbstwirksamkeit stärken. Paderborn: Junfermann.

Körner, R.; Röseler, L.; Schütz, A. & Bushman, B. J. (2022). Dominance and prestige: Meta-analytic review of experimentally induced body position effects on behavioral, self-report, and physiological dependent variables. Psychological Bulletin, 1/2, S. 67–85.

Storch, M. & Krause, F. (2012). Embodiment. Bern: Hans Huber.

Universität Bamberg (2022). Neue Publikation und Pressemitteilung: Meta-Analyse zu Power Posing. Abgerufen am 12.06.2025: www.uni-bamberg.de

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