Konzepte

Wie man das Unbewusste im Coaching erreicht. Teil 2

Interventionen und Fallbeispiele

Was können Coaches tun, wenn ein Klient auf der bewussten Ebene in die eine Richtung will, unbewusst und unwillkürlich aber in die andere marschiert? Der erste Teil dieses Beitrags (Ausgabe 1/2023) beschäftigte sich mit theoretischen Grundlagen zur Arbeit mit dem Unbewussten im Coaching, inspiriert von der hypnosystemischen Therapie. In diesem zweiten Teil geht es um nützliche Interventionen in der Praxis.

16 Min.

Erschienen im Coaching-Magazin in der Ausgabe 2 | 2023 am 17.05.2023

„Im Kopf leuchtet mir das alles ein, aber irgendwie kann ich es nicht fühlen. Ich will ja, aber es gelingt mir nicht!“ Spätestens dann, wenn im Coaching solche Sätze fallen, drängt sich für Coaches die Frage auf: Wie kann das Unbewusste des Klienten erreicht werden? Wie kann es dafür gewonnen werden, das Ziel mit anzusteuern? Wie kann es zu einem Zugpferd und einer Schatzkiste werden, zu einer Quelle von Ideen und Ressourcen statt zu einem Verhinderer? Wertvolle Antworten auf diese Fragen lassen sich aus der hypnosystemischen Therapie nach Gunther Schmidt, Ortwin Meiss und anderen ableiten – und erfolgreich im Coaching nutzen. Gemäß des hypnosystemischen Ansatzes, der in Teil 1 des Artikels skizziert wurde, gilt:

  • Das Unbewusste ist immer stärker und schneller als das Bewusste.
  • Das Unbewusste hat beste Absichten für den Klienten, aber nicht immer beste Strategien.
  • Im Unbewussten wird alles bildhaft-räumlich repräsentiert.
  • Das Unbewusste birgt eine Fülle von Möglichkeiten, die der Verstand nicht kennt.
  • Das Unbewusste reagiert auf Botschaften zwischen den Zeilen.

Geht man davon aus, dass das Unbewusste mächtig ist und für den Klienten positive Absichten hat, empfiehlt es sich, es im Coaching nicht erst dann gezielt anzusprechen, wenn sich erste Diskrepanzen zum bewusst Angestrebten zeigen, sondern von Anfang an: bei der Ziel- und Auftragsklärung.

Auf einen Blick

  • Das Unbewusste steuert wesentlich das Handeln einer Person. Es kann im Coaching anhand verschiedener Methoden erreicht werden.
  • Mittels Zeitprogression werden innere Bilder von Zielzuständen realer und durch positive Gefühle im Körper als erstrebenswert verankert.
  • Durch Erzählungen, Impacttechniken und andere Methoden können Coaches das Entstehen innerer Bilder begünstigen und zwischen den Zeilen Botschaften senden, für die das Unbewusste empfänglich ist.

Wenn Klienten ins Coaching kommen, wollen sie meist als erstes über das sprechen, was sie als belastend empfinden. Das ist verständlich und sollte mindestens so viel Raum bekommen, dass der Klient spürt: Der Coach interessiert sich dafür, wie es mir geht. Gleichzeitig gilt es, im Auge zu behalten: Das Unbewusste kann Verneinungen nicht repräsentieren. Wann immer ein Klient über die Dinge redet, die er nicht mehr haben oder nicht mehr erleben will, werden sie im Unbewussten genauso bildlich und räumlich repräsentiert wie die Dinge, die er als positiv empfindet. Jeder kann dieses Phänomen mit dem Satz testen: „Denken Sie nicht an einen rosa Elefanten!“ Kaum sind die Worte ausgesprochen, steht der Elefant schon auf der Bühne der inneren Bilder.

Wenn die unbewussten Anteile das Ziel des Coaching-Prozesses mit ansteuern sollen, braucht man also positive Formulierungen des Zielzustands. Dies gelingt mittels sprachlicher oder anderer Bilder, die deutlich machen: Was soll da sein statt des Problems? Wie soll die Lösung aussehen und sich anfühlen? Wer und wie bin ich dann? Ein Klient, der sich auf diese Weise auf sein Ziel einstimmt, kann erleben, dass die Veränderung phasenweise „wie von selbst“ geschieht. Denn wie die Therapeutin Maja Storch und der Psychologe und Trainer Frank Krause (2017) betonen, sorgt das Unbewusste dafür, seine Absichten auch entgegen widriger Bedingungen durchzusetzen.

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Literatur

  • Hammel, S. (2019). Lebensmöglichkeiten entdecken. Veränderung durch therapeutisches Modellieren. Stuttgart: Klett-Cotta.
  • Hammel, S. (2014). Therapie zwischen den Zeilen. Das ungesagt Gesagte in Psychotherapie, Beratung und Heilkunde. Stuttgart: Klett-Cotta.
  • Meiss, O. (2021). Hypnosystemische Therapie bei Depression und Burnout. Heidelberg: Carl-Auer.
  • Niehues, F. (2022). Therapie mit allen Sinnen: Impacttechniken. Vortrag vom 25. März 2022, gehalten beim digitalen MEG-Kongress.
  • Schmidt, G. (2019). Grundkurs Hypnosystemische Konzepte. Mitschnitt vom 32. Metaforum Sommercamp in Albano/Italien. Müllheim: Auditorium Netzwerk.
  • Storch, M. & Krause, F. (2017). Selbstmanagement – ressourcenorientiert. Grundlagen und Trainingsmanual für die Arbeit mit dem Zürcher Ressourcen Modell. Göttingen: Hogrefe.

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