Beruf Coach

Neue Wege im Coaching-Marketing

Wie schafft man Aufmerksamkeit?

Welche Marketing-Maßnahme übt den größten Einfluss auf potentielle Klienten aus? Eine elementare Frage für jeden, der von seinem Beruf als Coach leben will. Anhand einer umfangreichen Studie, die sowohl Coaches als auch Klienten und Auftraggeber befragte, wird deutlich, dass zwar viele vom Coach als sinnvoll beurteilten Marketing-Maßnahmen von Klienten gleich bewertet werden. Doch gibt es auch große Differenzen bei der Einschätzung der Wirkung von möglichen Werbemaßnahmen: Was Klienten anspricht, betrachten viele Coaches als wirkungslos.

10 Min.

Erschienen im Coaching-Magazin in der Ausgabe 4 | 2013 am 20.11.2013

Marketing ist für die meisten Coaches ein ungeliebtes Muss. Die vornehmsten Aufgaben eines Coaches sind nun einmal Zuhören, Empathie und dem Klienten das Gefühl von Selbststeuerung lassen. All das ist im Marketing zwar nicht unwichtig, rückt aber hinter offensiven Maßnahmen in die zweite Reihe. Wie preise ich mich selbst am wirkungsvollsten an? Wie generiere ich aus Akquise Aufträge? Und wie bleibe ich dabei mir selbst treu? Das sind Fragen, die sich die meisten Coaches stellen.

In einer Umfrage im April 2013 haben Coaches aus Deutschland, Österreich und der Schweiz auf diese Fragen Antworten gegeben. In einer vorausgegangenen Umfrage im März 2013 haben sich die Auftraggeber von Coachings aus Unternehmen in den genannten Ländern geäußert und angegeben, was sie sich von Coaches wünschen hinsichtlich der Themen Vertrauensbildung, Einblick in die Arbeitsweise von Coaches und erste Kontaktaufnahme.

Marketing mit Übereinstimmung zwischen Klient und Coach

Auffällig ist, dass acht von zehn Coaches vorwiegend mit anderen Tätigkeiten ihr Geld verdienen und Coaching nur als Nebengeschäft betreiben. Nur jeder fünfte Coach gibt an, ausschließlich vom Coaching zu leben. Es ist daher davon auszugehen, dass die meisten Coaches ihre Marketingaktivitäten nicht gezielt aufs Coaching ausrichten. Viele sind fest im Trainingsgeschäft verankert und rekrutieren zumindest einen Teil ihrer Coaching-Aufträge aus vorausgegangenen Veranstaltungen. Wenn sie nicht auf diese Weise Aufträge generieren, dann verlassen sich die meisten auf Empfehlungen.

Empfehlungen

Empfehlungen durch Dritte haben für den Coach wie für den Coach-Suchenden die höchste Qualität. Den Coach bewahren sie vor der ungeliebten, weil frustrierenden Kaltakquise und nehmen ihm die als Peinlichkeit empfundene Notwendigkeit, sich selbst anpreisen zu müssen.

Ein erfahrener, langjährig tätiger Coach mag sich da auf Empfehlungen unter Personalentwickler-Kollegen verlassen. Dem weniger angefragten Coach bleibt oft nur der Weg, in Seminaren, Trainings und Coachings zu überzeugen und dort die Teilnehmer für seine Qualitäten als Coach zu gewinnen, beziehungsweise von diesen empfohlen zu werden.

Gerade die Mischtätigkeit vieler Coaches erweckt leider den Eindruck von „Wildwuchs“ und lässt Zweifel an Kompetenzen aufkommen. Zudem nehmen die Personalentwickler den Anbieter-Markt für Coaching als unübersichtlich wahr. Selbst auf den eigenen Webseiten und in Datenbanken ist bei den meisten Coaches zu lesen: „Trainer und Coach“. Was liegt da für den Suchenden näher, als sich unter Kollegen oder im privaten Netzwerk umzuhören, welcher Coach gute Ergebnisse liefert?

Auf Empfehlungen eines unabhängigen Dritten, insbesondere einer Person des eigenen Vertrauens, scheint eben Verlass – für beide Seiten. Das sehen 86 Prozent der Coaches und 87 Prozent der Kunden so.

Referenzen

Neben Empfehlungen setzen Coaches zu Recht auf die Kraft von Referenzen bei der Vergabe eines Coaching-Auftrags: 63 Prozent der Coaches messen der Referenz einen hohen Wert zu und 66 Prozent von Coach-Suchenden teilen diese Ansicht. In der Tat lassen sich Personalentwickler und Führungskräfte bei ihrer Entscheidung stark von Referenzen beeindrucken. Doch gerade bei Coaches sind die Referenzen meist nur eine Liste von Firmennamen. Je bekannter, desto besser – und selten werden sie überprüft. Die Verschwiegenheit und die Persönlichkeit eines Coaching-Anliegens machen namentliche Textreferenzen zur Ausnahme.

Wen verwundert es da, dass Empfehlungen Top 1 sind? Denn hier berichtet ein unabhängiger Dritter, oft mit inhaltlichen Details, über einen gelungenen Prozess. Die Referenz ist verglichen damit inhaltsleer. Sie fällt daher um etwa 20 Prozent hinter der Bedeutung von Empfehlungen zurück, nimmt aber mit deutlich über 60 Prozent immer noch den zweiten Platz ein in der Relevanz bei der Auftragsvergabe.

Webseite

Wichtiger als jede Hochglanzbroschüre scheint heute die Webseite des Coachs zu sein. Sie ist seine Visitenkarte und gibt ihm darüber hinaus die Möglichkeit, alle ihm wichtigen Informationen zu transportieren. So wundert es nicht, dass über 70 Prozent der Coaches angeben, ihre Webseite aktuell zu halten. Geben ihm doch Content Management Systeme die Möglichkeit, dies zwar mit einiger Zeitinvestition aber ohne großen Kostenaufwand selbst zu erledigen.

Äußerst erstaunlich ist allerdings, dass trotz der oft erheblichen zeitlichen wie finanziellen Investition in Gestaltung und Inhalte der Webseite, weniger als die Hälfte der Coaches ihr ein Gewicht als Erstinformation potentieller Klienten einräumen. Allerdings deckt sich deren Einschätzung mit der der Kunden, von denen nur etwas mehr als die Hälfte die Coach-Webseite tatsächlich als erste Informationsquelle nutzt.

Der Coach investiert also eine Menge Geld und Mühe in seine Webseite. Sie ist wohl so etwas wie ein „must have“. In der Einschätzung der Präferenzen für die Auswahl des Coachs und die Vergabe eines Auftrags ist er sich aber mit seinen Kunden einig: Persönliche Empfehlungen sind offensichtlich durch nichts zu schlagen. So war es gefühlt schon immer – und wie es scheint, wird es auch so bleiben.

Datenbankpräsenz

Ein weiteres angefragtes Thema, in dem sich Kunde und Coach annähernd einig sind: Die Bedeutung der Präsenz von Coaches in Datenbanken (dies gaben 45 Prozent der Coaches und 42 Prozent der Kunden an). Auch hier investieren Coaches nicht unerhebliche Summen, um sich dem Markt zu präsentieren und ihre Sichtbarkeit zu erhöhen. Meist in mehreren Datenbanken vertreten, laufen hier jährliche Gebühren auf, die sich zu einem stolzen Betrag summieren.

Der Nachteil ist, dass der Coach hier einer unter vielen ist und sich nur schwer individuell hervorheben kann. Der Link zur persönlichen Webseite ist daher ein Muss. Andererseits findet der Kunde hier etwas, was er womöglich schätzt: einen Vergleich. Auch wenn nur 42 Prozent der Kunden in Datenbanken nach Coaches suchen – zu vernachlässigen ist diese Quelle nicht.

Aus diesem Grund ist es aber wichtig, dass der Coach aus der Vielzahl an Angeboten die für ihn „richtige“ Datenbank auswählt (hier können Kriterien wie die Präsenz der Datenbank oder ihre Branchenausrichtung eine Rolle spielen) und deren Wirksamkeit im Blick behält. Letzteres gilt auch für die eigene Webseite und erfordert ebenso Zeit und Lust zur Statistik-Analyse und Optimierung.

Fazit: Das Ranking der wichtigen Faktoren im Finden und Buchen eines Coachs sind Empfehlungen (Ø 85 Prozent), Referenzen (Ø 64 Prozent), Webseite (Ø 51 Prozent) und Datenbanken (Ø 43 Prozent). In diesem Ranking herrscht Einigkeit zwischen Coach und Kunde.

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Abb.: Webseite als Erstinformation

Marketing in Divergenz zwischen Coach und Kunde

Die Umfragen offenbaren auch einige Überraschungen. Coaches setzen auf Marketingmaßnahmen, die dem Kunden weitaus weniger relevant erscheinen. Dagegen gibt es klare Kundenwünsche, die der Coach anscheinend noch nicht wahrgenommen hat. Wie es scheint, steht eine Neuordnung von Marketingmaßnahmen hinsichtlich Aufwand, Zeit und Geld an.

Vertrauensbildende Faktoren

Besonders erstaunlich ist, dass fast alle Coaches davon ausgehen, dass das persönliche Gespräch mit dem Kunden der wichtigste vertrauensbildende Faktor sei. Dem stimmen aber nur erstaunlich geringe 13 Prozent der Kunden zu. Sie verlassen sich da lieber auf die bereits erwähnten Empfehlungen, Referenzen und auf das, was ihnen die Webseite des Coachs verrät. Warum dagegen nur 2 von 10 Coaches Inhalt und Gestalt ihrer eigenen Webseite Überzeugungskraft bescheinigen, wirft Fragen auf.

Stattdessen betonen viele Coaches ausdrücklich, wie viel Gewicht sie ihrem persönlichen Eindruck beimessen. Sie wollen authentisch und glaubwürdig erscheinen. Sie bauen auf Sympathie und ihre Überzeugungskraft in der direkten Kommunikation. Sie wollen sich empathisch zeigen und genau das einbringen, was dem Kunden wichtig ist. Das ist stimmig und sehr nachvollziehbar. Umso mehr überrascht es, dass der Kunde anscheinend in großem Maße Vertrauen aus anderen Dingen ableitet als aus dem persönlichen Kontakt.

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Abb.: Vertrauensbildende Faktoren

Blog oder Forum

Wer heutigen Trends folgt, der hat einen Blog oder hinterlässt zumindest hier und dort Posts in Foren. Sehr modern scheinen Coaches nicht unterwegs zu sein, denn im Mittel sind weniger als 20 Prozent in dieser Weise aktiv. Und wenn, dann geben sie Beiträgen in Foren eindeutig den Vorrang gegenüber eigenen Blogs. Wohl, weil sie dort mehr Publikum vermuten und auf größere Beachtung hoffen.

Gleichgesinnte finden sie dort in der Tat zu Hauf, aber von denen bekommen sie keine Aufträge. Die Kunden sind eindeutig mehr an Beiträgen im Blog des Coachs interessiert. Wenn schon Recherche, dann zeiteffizient. Schließlich will sich der Kunde ein Bild von der Person und der Haltung des Coachs machen. Aktuelle Beiträge sind da willkommen. Das „Geblubber“ der anderen in einem Forum wird da eher als lästig empfunden.

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Aussagestarker Content

Obwohl für den Coach mit viel Aufwand und Ehre verbunden, interessieren den Kunden dessen Veröffentlichungen in Zeitschriften oder Büchern eher wenig – dann schon eher Video-Mitschnitte seiner Vorträge. Das Kundeninteresse steigt jedoch deutlich, wenn der Coach Einblicke in seine Arbeit öffentlich macht. Und da sind ganz vorne zu nennen Fallstudien von Coaching-Prozessen, gefolgt von Videos über Coaching-Sitzungen. Es ist eben spannend und Vertrauen bildend, den Coach im Coaching kennenzulernen.

Für jeden Coach, der sich nicht auf dem Ruhepolster verlässlicher Empfehlungen niederlassen kann, sind Fallstudien und Videos die mit Abstand beste Methode, dem Kunden einen guten Eindruck von der eigenen Person zu vermitteln. Besser als jedes persönliche Gespräch, auf das fast alle Coaches bauen.

Allerdings muss man berücksichtigen, dass Fallstudien und Coaching-Videos einen Balanceakt vom Coach fordern. Zum einen aufgrund der Pflicht zur Verschwiegenheit und weil es gilt, den Klienten zu schützen. Zum anderen, weil eine filmische Darstellung nicht zur „Märchenstunde“ oder Show mutieren darf.

Vor allem für ein Video braucht es Kreativität in der Darstellung der Fälle, so dass sie echt und zugleich typisch aussehen, dennoch aber die reale Person und den Fall dahinter nicht erkennen lassen. Außerdem braucht man für den Klienten mit Sicherheit einen Fremddarsteller. Das Zusammenspiel an Aufwand und Kosten ist es wohl, was Coaches so zurückhaltend macht in Angeboten dieser Art. Jedoch fast 70 Prozent nahezu unbefriedigter Kundenbedarf signalisieren Handlungsbedarf.

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Abb.: Aussagestarker Content

Das Dilemma mit der Akquise

Abschließend sei erwähnt, dass mehr als die Hälfte der Befragten es bei der Suche nach einem Coach vorziehen, selbst die Initiative zu ergreifen. Sie bevorzugen die eigene Recherche oder fragen im eigenen Umfeld nach persönlichen Empfehlungen.

Für den Coach ist das nicht immer leicht zu respektieren. Während zwar 86 Prozent der Coaches angeben, auf den Effekt ihres Empfehlungsmanagements zu hoffen, räumt mehr als die Hälfte ein, Kunden für die Akquise auch per E-Mail und Telefon direkt anzusprechen.

Damit der Coach den Kundenwunsch noch ernsthafter berücksichtigen kann, braucht er das Gefühl, gesehen und gehört zu werden. Der oben genannte Weg, über Fallstudien Einblick in Arbeitsabläufe zu geben oder sich von der Videokamera bei der Arbeit über die Schulter schauen zu lassen, sind sicherlich ein gewinnbringender Weg.

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Abb.: Das Dilemma mit der Akquise

Fazit

Der Coach muss selbst entscheiden, wie er sein Marketing-Budget und seine Kräfte aufteilt. Festhalten am Althergebrachten birgt ein hohes Risiko. Pionier zu sein auch. Aber wer vorne dabei ist, ist zumindest sichtbar und weckt Aufmerksamkeit. Um was sonst geht es im Marketing?

Literatur

  • Grabow, Christiane (2013). Coaching Studie 2013 – Marketing im Coaching. Create Space.

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