Das zugrunde liegende Problem ist schnell beschrieben: Der Begriff „Coach“ ist in Deutschland weder geschützt noch gibt es verbindliche Anforderungen an die fachliche Qualifikation. Während Berufe wie Rechtsanwälte oder Ärzte staatlich reguliert und überwacht werden, kann sich im Prinzip jeder als Coach bezeichnen und entsprechende Dienstleistungen anbieten. Die damit verbundene Freiheit hat einen unübersichtlichen Markt entstehen lassen. Viele Anbieter haben die Chance genutzt, Coaching in unterschiedlichen Bereichen zu etablieren und ein Geschäft aufgebaut.
Die unternehmerische Freiheit birgt aber auch Risiken. Diese haben sich für einige Anbieter von als Coaching deklarierter Leistungen in einer Welle von Klagen gegen sie realisiert. Wesentliche Vorwürfe waren irreführende Werbeaussagen, unklare Vertragsklauseln sowie fehlende oder unzureichende Widerrufsbelehrungen. Für Coaching-Anbieter und ihre Kunden ist es daher wichtig, die wesentlichen Rechtsfragen zu kennen, um rechtliche Auseinandersetzungen bereits im Vorfeld vermeiden zu können.
Ob „Life-Coach“, „Business-Coach“ oder „Financial-Coach“, in nahezu allen Bereichen wird mittlerweile mit „Coaching“-Angeboten geworben. Das breite Angebot an Dienstleistungen ist dadurch bedingt, dass es keine verbindliche Definition des Begriffs „Coaching“ gibt und auch keine bestimmten Anforderungen an die Eigenschaft „Coach“ oder die Inhalte des „Coachings“ festgelegt sind. Dies hat den mittlerweile allseits bekannten Effekt, dass prinzipiell jeder am Coaching-Markt teilnehmen kann.
Coaching kann als interaktive, individuelle und professionelle Begleitung und Unterstützung von Menschen verstanden werden. Es zielt darauf ab, persönliche oder berufliche Entwicklung zu fördern. Coaching ist dabei prozessorientiert. Ein Coach vermittelt kein fachspezifisches Wissen im klassischen Sinne, sondern begleitet den Klienten bei der Lösungsfindung: „Coaching unterstützt die Person bei der Gestaltung ihrer persönlichen Entwicklung, ihrer sozialen Rollen und ihrer Kooperationsbeziehungen sowie bei der Bewältigung ihrer Entscheidungs- und Handlungsanforderungen im Arbeitsleben.“ (Nagel, 2023, S. 1). Unabhängig von der konkreten Art des Coachings zählt zu den wesentlichen Aufgaben des Coachs, gemeinsam mit den Teilnehmern zu reflektieren, einzuordnen, diese zu stärken sowie zu inspirieren. (ebd.)
Die Abgrenzung zwischen Coaching, Beratung und Unterricht ist juristisch entscheidend:
Dass Coaching von Unterricht bzw. Lehre abzugrenzen ist, wird auch mit Blick auf andere Rechtsgebiete deutlich. Insbesondere ist die Abgrenzung hinsichtlich der Frage relevant, ob ein Anbieter trotz Selbstständigkeit der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unterliegt. Handelt es sich bei seiner Leistung vorwiegend um Lehre, kann dies unabhängig von der Bezeichnung des Angebots zur Einstufung als versicherungspflichtig führen (Rohac & Hahn, 2025).
Grund für die bestehende Rechtsunsicherheit beim Online-Coaching ist das 1976 erlassene Gesetz zum Schutz der Teilnehmer am Fernunterricht (FernUSG). Das Gesetz regelt in Deutschland die Rechte und Pflichten von Anbietern und Teilnehmern im Fernunterricht und schreibt unter anderem vor, dass Fernlehrgänge einer staatlichen Zulassung bedürfen, und definiert umfassende Informations- und Vertragspflichten für zulassungspflichtige Fernlehrgänge. Fernlehrgänge, die ohne eine solche Zulassung durchgeführt werden, sind von Anfang an nichtig.
Fernunterricht liegt nach der gesetzlichen Definition vor, wenn ein Lehrgang auf vertraglicher Grundlage gegen Entgelt angeboten wird, Lernende und Lehrende überwiegend räumlich getrennt sind und eine individuelle Lernerfolgskontrolle stattfindet.
Für die Anwendbarkeit des FernUSG müssen folgende Kriterien erfüllt sein:
Fehlt eines dieser Kriterien, fällt das Angebot nicht unter das FernUSG.
Die entscheidende Frage ist, ob Online-Coaching als „Unterricht“ im Sinne des FernUSG angesehen werden kann. Nach richtiger Auffassung lautet die Antwort: Nein. Konsequenz des erörterten Verständnisses des Begriffs „Coaching“ ist, dass ein Coaching-Teilnehmer niemals unterrichtet, sondern nur durch einen Prozess geführt werden kann. In konsequenter Anwendung fallen damit die Coaching-Angebote nicht unter das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG). Denn wenn Coaching per Definition keinen Unterricht im Sinne einer systematischen Wissensvermittlung darstellt, sondern lediglich eine prozessorientierte Begleitung, fehlt eine der zentralen Voraussetzungen für die Anwendung des FernUSG. Im Einzelnen:
Wichtig: Online-Kurse, in denen Prüfungen oder verpflichtende Tests angeboten werden, könnten hingegen als Fernunterricht eingestuft werden.
Es ist zudem darauf hinzuweisen, dass die bloße Bezeichnung eines Angebots als „Coaching“ nicht ausreicht, um eine Behandlung nach dem FernUSG zu vermeiden. So kam es in der Vergangenheit bereits zu entsprechenden Einstufungen als Coaching deklarierter Angebote, die jedoch vorwiegend der Wissensvermittlung dienten. Sofern keine Zulassung nach FernUSG vorliegt, sind Verträge in derartigen Fällen nichtig. (Heuking, 2024)
Online-Kurse, bei denen der Anbieter den Lernerfolg der Teilnehmer in keiner Weise kontrolliert, fallen nicht unter das FernUSG. Der Begriff der Lernerfolgskontrolle ist jedoch weit gefasst und erfordert nicht zwingend eine schriftliche Abschlussprüfung. Auch die Möglichkeit, mit dem Lehrenden Rücksprache zu halten und Fragen zu stellen, kann nach Auffassung der Gerichte als Lernerfolgskontrolle angesehen werden.
Wichtig: Begrifflichkeiten wie „Zertifikat“, „Studium“, „Lehrgang“ oder „Absolvent“ sollten vermieden werden, um nicht Gefahr zu laufen, in den Verdacht zu geraten, eine unterrichtende Tätigkeit anzubieten.
Ein weiterer wesentlicher Punkt ist, dass es sich bei der Lernerfolgskontrolle nach dem FernUSG um eine Kontrolle handelt, die per Definition „die Überwachung oder Überprüfung eines Sachverhalts oder einer Person und damit ein Mittel der Herrschaft oder Gewalt über jemanden oder etwas“ ist (Wikipedia, 2024). Sie ist nach gängiger Auffassung durch ein Über-/Unterordnungsverhältnis gekennzeichnet, in dem der Kontrollierende die Entscheidungsgewalt ausübt. Der Lehrende entscheidet, welche Antworten oder Ergebnisse richtig oder falsch sind. Der Lernende wird durch Prüfungen, Beurteilungen oder Zeugnisse belohnt oder bestraft. Darüber hinaus hat der Lernende nicht die Freiheit, Inhalte abzulehnen oder alternative Ansätze zu verfolgen, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen. Antworten, die eine Selbstkontrolle des Klienten bei der Entwicklung eigener Lösungen ermöglichen, stellen nach zutreffender Auffassung jedoch keine Lernerfolgskontrolle durch den Lehrenden dar (vgl. OLG Düsseldorf I-10 U 138/24).
Coaching-Angebote sehen sich seit einiger Zeit mit zunehmender Kritik konfrontiert. Negative Berichterstattungen, die seriöse Coaching-Angebote mit „esoterischer Geisterheilung“ oder „sektenähnlichen Erlöserfantasien“ (Barczynski, 2024, S. 46) gleichsetzen vermitteln den Eindruck, dass Coaching-Angebote gleichzusetzen seien mit einer Betrugsmasche. Diese undifferenzierte Auseinandersetzung mit dem weiten Feld des Coachings führt jedoch dazu, dass auch professionelle Anbieter in ein schlechtes Licht gerückt und gewissermaßen unter Generalverdacht gestellt werden. Wie schon eingangs erwähnt, ist die Ursache auch darin zu sehen, dass der Begriff des Coachings nicht geschützt ist, es fehlen somit einheitliche und verbindliche (Qualitäts-)Standards.
Gleichwohl gibt es allgemeine Kriterien, die dafür sprechen, dass es sich um ein seriöses Coaching handelt (vgl. auch Kultusministerium Baden Württemberg, 2020):
Darüber hinaus existieren Coaching-Verbände – z.B. der Deutsche Bundesverband Coaching e.V. (DBVC) und der Deutsche Coaching Verband e.V. (DCV) –, die für sich Anforderungen an ein seriöses Coaching festgelegt haben.
Bei der Vertragsgestaltung sollten Coaches unter anderem folgende Punkte beachten:
Im Bereich Werbung und Kommunikation ist insbesondere Transparenz zu wahren: Coaches sollten Werbeaussagen präzise formulieren und keine konkreten Erfolge oder Ergebnisse versprechen, um die Anforderungen des UWG (Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb) zu erfüllen.
Wie sichere ich mich gegen Vertragsstreitigkeiten ab?
Welche Vertragsdetails sollte ich in meinen AGB regeln?