Wissenschaft

Mentalisierung im Coaching

Die Entwicklung des Reflective Functioning at Work Interviews

Unter Mentalisieren versteht man die Fähigkeit, Gedanken und Gefühle bei sich und anderen wahrzunehmen und zu verstehen. Im Coaching-Prozess kommt dieser Fähigkeit eine bedeutende Rolle zu, da sie mit der Reflexionskompetenz der Klientinnen und Klienten einhergeht. Doch lässt sich die Entwicklung der Mentalisierungsfähigkeit im Coaching auch systematisch erfassen? Dieser Beitrag liefert einen Einblick in die Entwicklung eines Messinstruments, das die Erfassung der Mentalisierungsfähigkeit im Coaching-Kontext ermöglicht.

14 Min.

Erschienen im Coaching-Magazin in der Ausgabe 3 | 2024 am 11.09.2024

Zwei Frauen reichen sich die Hand. Eine der Frauen wird frontal gezeigt. Sie hat einen dunklen Lockenkopf und lacht.

Im Rahmen einer Masterarbeit an der Universität Kassel wurde ein an den Coaching- und Arbeitskontext angepasstes Bindungsinterview entwickelt, das die Erfassung der Mentalisierungsfähigkeit ermöglicht. Auf Basis des Mentalisierungskonzepts und der Bindungstheorie erfolgte die systematische Entwicklung des Reflective Functioning at Work Interviews  (RFWI). Der semistrukturierte Interviewleitfaden wurde explorativ getestet. Im Folgenden werden die Entwicklung des Messinstruments und die Ergebnisse der explorativen Untersuchung beschrieben, um anschließend Anwendungsmöglichkeiten für die Coaching-Forschung und -Praxis vorzustellen.

Mentalisieren als essenzielle menschliche Funktion

Unter Mentalisieren wird die Fähigkeit verstanden, mit eigenen Wünschen, Gefühlen und Intentionen in Kontakt zu stehen und sich darüber bewusst zu sein, dass auch andere Menschen solche mentalen Zustände besitzen (Fonagy et al., 2002). Die Fähigkeit gilt als eine fundamentale menschliche Funktion, die für die Regulierung von eigenen psychischen Zuständen, für zwischenmenschliche Beziehungen und für die Kommunikation von Nöten ist (ebd.). Damit besitzt sie eine besondere Relevanz für den organisationalen Kontext, in dem Mitarbeitende und vor allem Führungskräfte stetig in Interaktionen treten und Konflikte lösen müssen.

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Literatur

Andreas, S. et al. (2022). Psychometric Evaluation of the German Version of the Brief Reflective Functioning Interview. Psychology and Psychotherapy, 1, S. 18–33.

Bolm, T. (2021). Mentalisierungsbasierte Therapie. München: Ernst Reinhardt.

Bowlby, J. (1982). Attachment and Loss: Attachment. New York: Basic Books.

Brockmann, J. & Kirsch, H. (2010). Konzept der Mentalisierung. Psychotherapeut, 4, S. 279–290.

De Meuse, K. P. et al. (2009). Evaluating the Effectiveness of Executive Coaching: Beyond ROI? Coaching: An International Journal of Theory, Research and Practice, 2, S. 117–134.

Fonagy, P. et al. (2002). Affect Regulation, Mentalization, and the Development of the Self. London: Karnac.

Fonagy, P. & Luyten, P. (2009). A Developmental, Mentalization-Based Approach to the Understanding and Treatment of Borderline Personality Disorder. Development and Psychopathology, 4, S. 1355–1381.

Katznelson, H. (2014). Reflective Functioning. Clinical Psychology Review, 2, S. 107–117.

Mayseless, O. & Popper, M. (2019). Attachment and Leadership. Current Opinion in Psychology, 25, S. 157–161.

Rutimann, D. D. & Meehan, K. B. (2012). Validity of a Brief Interview for Assessing Reflective Function. JAPA, 3, S. 577–589.

Taubner, S. (2016). Konzept Mentalisieren. Gießen: Psychosozial-Verlag.

Taubner, S. et al. (2013). Internal Structure of the Reflective Functioning Scale. Psychological Assessment, 1, S. 127–135.

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