Studienergebnisse belegen, dass das Aufschieben von – objektiv betrachtet wichtigen – Handlungen und Entscheidungen einen großen Prozentsatz der Deutschen betrifft: Nach einer repräsentativen Erhebung hatten 2017 bereits 82 Prozent der Deutschen schon einmal negative Auswirkungen von „Aufschieberitis“ zu verzeichnen (Sinus-Institut, 2018). Als „Aufschieber“ stufte sich dabei rund ein Drittel der Teilnehmer selbst ein (ebd.). Diese Werte dürften in den krisenhaften, von Vulnerabilität (Hanstein, 2021a) geprägten Folgejahren nicht gesunken sein.
Simone (Name geändert) wollte schon seit früher Kindheit Lehrerin werden. Zielbewusst hat sie nach ihrem Abitur das Lehramtsstudium aufgenommen und den Master of Education mit Prädikat absolviert. In allen Abschnitten ihrer Studien war sie in oder meist vor der Zeit fertig, und auch wenn ihr nicht jede Prüfungsleistung zusagte, konnte sie sich immer „aufschwingen“ und alles fristgerecht einreichen. Der Erfolg motivierte sie, im unmittelbaren Anschluss ins Referendariat zu gehen. Aufgrund ihrer vorzeigbaren Noten und günstigen Fächerkombination bekam sie auch eine gute Ausbildungsschule. Trotzdem ereilte sie bereits in den ersten Monaten der „Praxisschock“: Zunächst fiel es ihr schwer, die Anforderungen von Schule und Ausbildungsseminar zeitlich unter einen Hut zu bekommen – was im Onboarding mit Trainings am Zeitmanagement angegangen wurde. Später gesellten sich kommunikative Hürden mit dem Kollegium und der Schulleitung dazu. Schließlich verpasste Simone es, für einen Besuch des Fachberaters in ihrem Unterricht die geforderten Unterlagen – einen ausführlichen Unterrichtsentwurf – in der gewünschten Form, Qualität und Frist einzureichen. Damit war der Eindruck ihres Unterrichts beim Fachberater vorgeprägt und der Unterrichtsbesuch wurde entsprechend schlecht bewertet – mit einer Note, die Simone gänzlich fremd war.
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