Die Coaching-Honorare und -Einkommen waren im Zuge der Corona-Pandemie deutlich gesunken. Konnte der Abwärtstrend gestoppt werden? Inwieweit findet eine Normalisierung in Richtung der Vor-Pandemie-Werte statt? Diesen Fragen geht der folgende Beitrag auf Basis der Ergebnisse der RAUEN Coaching-Marktanalyse 2023 nach.
Seit 2020 werden im Rahmen der Marktanalyse jährlich valide Daten erhoben und ausgewertet, um den Stand des Coaching-Marktes einfangen und aktuelle Branchenentwicklungen aufzeigen zu können. Der vollständige Ergebnisbericht der Marktanalyse 2023 steht allen Interessierten wie gewohnt zum freien Download bereit – kostenlos und ohne jede Zugangsbeschränkung.
Auf einen Blick
Im Zuge der Corona-Pandemie hat sich die wirtschaftliche Situation vieler Coaches erheblich verschlechtert (Rauen, Barczynski & Ebermann, 2022). Lag das durchschnittliche Jahreseinkommen eines Coachs 2020 – der Erhebungszeitraum lag größtenteils vor der Pandemie – noch bei 105.261 Euro, so fiel es im Jahr 2021 um 15,41 Prozent auf 89.045 Euro. Im Jahr 2022 wurde eine weitere Verschlechterung festgestellt. Hier lag der Durchschnitt bei 84.568 Euro, was einem nochmaligen Rückgang von 5,03 Prozent gegenüber 2021 entspricht.
2023 ist das durchschnittliche Einkommen der Coaches im Vergleich zum vorigen Jahr wieder gestiegen – und zwar um 6,47 Prozent. Mit nunmehr 90.038 Euro reicht der Wert jedoch bei Weitem (noch) nicht an den Stand des Jahres 2020 heran (siehe Abb.). Von einer Rückkehr zum Niveau der Vor-Pandemie-Zeit kann daher noch nicht gesprochen werden. Aber der Anstieg ist ein positives Zeichen.
Hinsichtlich der Coaching-Honorare ist eine vergleichbare Entwicklung erkennbar, die auf eine Normalisierung hoffen lässt. So ist auch das durchschnittliche Honorar pro Stunde 2023 wieder gestiegen, nachdem zuvor ein pandemiebedingter Abwärtstrend Einzug gehalten hatte (ebd.). Der nun beobachtete Anstieg reicht aber – ebenfalls wie bei den Einkommen – nicht aus, um an den vorpandemischen Durchschnittswert von 2020 anzuknüpfen. Auch der Wert von 2021 wird (noch) nicht erreicht. 168,13 Euro verdienen Coaches derzeit im Schnitt pro Stunde (2022: 164,65 Euro; 2021: 174,83 Euro; 2020: 177,60 Euro).
Während der Pandemie stand der negativen Entwicklung der Coaching-Einkommen und -Honorare ein – aus Sicht der Coaching-Branche – positiver Aspekt entgegen: Es gab eine signifikante Steigerung des Coaching-Anteils am Bruttojahreseinkommen der Coaches. Diese konnte interpretativ darauf zurückgeführt werden, dass sich Coachings im Vergleich zu anderen von den Befragten angebotenen Dienstleistungen (wie z.B. Trainings, Workshops oder Vortragsreden auf Kongressen etc.) vergleichsweise gut im Online-Setting, das zeitgleich einen starken Boom verzeichnete, und damit remote haben durchführen lassen (Rauen et al., 2022).
Dieser Trend ist nun allerdings gebrochen. Mit 39,49 Prozent fällt der Wert beinahe auf das Ergebnis von 2021 zurück, liegt jedoch noch über dem vorpandemischen Wert von 2020 (2022: 43,77 Prozent; 2021: 39,28 Prozent; 2020: 37,20 Prozent). Vor dem Hintergrund gestiegener Honorare und Bruttojahresumsätze kann man argumentieren, dass Coaches 2023 zwar weniger Coachings durchgeführt, mit diesen und etwaigen anderen Aktivitäten aber mehr Umsatz generiert haben könnten. Letztere könnten aufgrund der mittlerweile gänzlich entfallenen Präsenz-Hemmnisse wieder mehr Fahrt aufgenommen haben.
Bereits in den Vorjahren betraf der negative Trend nicht alle Coaches. Eine Differenzierung nach „Coach-Typen“ zeigte deutlich, dass bestimmte Coaches eine positive Einkommensentwicklung verzeichneten, während andere besonders starke Einbußen verkraften mussten (Rauen, Barczynski & Ebermann, 2022; siehe auch Tabelle). Ebenso profitieren auch jetzt nicht alle Coaches (gleichermaßen) von der – durchschnittlich gesehen – positiven wirtschaftlichen Entwicklung, wie anhand folgender einkommensbezogener Beispiele illustriert sei (eine vollständige Aufschlüsselung für alle „Coach-Typen“ liefert die Tabelle):
Angestellte in einem Beratungs-/Coaching-Unternehmen verzeichnen eine besonders starke positive Entwicklung gegenüber dem Vorjahr. Ihr durchschnittliches Jahreseinkommen steigerte sich um 19,24 Prozent, erholt sich damit recht deutlich von den pandemiebedingten Einbußen und liegt nun mit 63.890 Euro wieder über dem Wert von 2021, jedoch noch unter dem 2020 festgestellten Niveau (2022: 53.580 Euro; 2021: 61.685 Euro; 2020: 69.750 Euro).
Eine fortgesetzte negative Entwicklung muss hingegen die Gruppe der teilweise angestellten, teilweise selbstständigen Coaches hinnehmen. Ihr Einkommen sinkt erneut auf nunmehr 64.934 Euro (2022: 66.032 Euro; 2021: 87.484 Euro, 2020: 86.240 Euro).
Spitzenverdiener sind aktuell die selbstständigen Coaches mit fest angestellten Mitarbeitern. Ihr durchschnittliches Bruttojahreseinkommen stieg gegenüber 2022 um starke 17,96 Prozent auf 156.677 Euro (2022: 132.818 Euro; 2021: 162.111 Euro; 2020: 176.564 Euro) – eine bemerkenswert positive Entwicklung, mit der das Vor-Pandemie-Niveau aber dennoch nicht erreicht wird.
Selbstständige mit freien Mitarbeitern wurden, was das durchschnittliche Jahreseinkommen betrifft, auf Platz 2 verdrängt. Ihr Einkommen, dass 2022 stark gestiegen war, fiel um 2,22 Prozent, bewegt sich mit nun 135.429 Euro (2022: 138.500 €; 2021: 120.588 €; keine Daten für 2020 verfügbar) jedoch weiterhin auf einem hohen Niveau und weit über dem Wert des Jahres 2021.
Die Gruppe der Solo-Selbstständigen/Freiberufler, die den größten Teil der Coaches ausmacht, kann sich 2023 insgesamt über eine positive Einkommensentwicklung freuen (2023: 79.321 Euro; 2022: 77.218 Euro). Gliedert man die Gruppe weiter auf, stellt sich jedoch heraus, dass es innerhalb der Gruppe gegenläufige Entwicklungen gibt. So verzeichnen Solo-Selbstständige/Freiberufler, die zu 100 Prozent berufstätig sind, im Vergleich zum Vorjahr eine negative Einkommensentwicklung, während Solo-Selbstständige mit 50 Prozent oder weniger Berufstätigkeit eine Steigerung ihres Jahreseinkommens vorzuweisen haben (siehe Tabelle).
Coach-Typ | Bruttojahreseinkommen insg. [in €] | Coaching-Anteil am Bruttojahreseinkommen [in %] | Honorar pro Zeitstunde: netto [in €] |
---|---|---|---|
Selbständig mit eigenen fest angestellten Mitarbeitern* | 2023: 156.677 2022: 132.818 2021: 162.111* 2020: 176.564 | 2023: 29,67 2022: 37,22 2021: 32,65* 2020: 33,19 | 2023: 249,94 2022: 256,67 2021: 224,41* 2020: 240,07 |
Selbständig mit freien Mitarbeitern | 2023: 135.429 2022: 138.500 2021: 120.588** | 2023: 33,62 2022: 50,75 2021: 45,24** | 2023: 217,77 2022: 209,29 2021: 238,21** |
Solo-Selbständig/ Freiberufler insgesamt | 2023: 79.321 2022: 77.218 2021: 79.259 2020: 98.768 | 2023: 44,65 2022: 47,91 2021: 42,47 2020: 29,27 | 2023: 166,59 2022: 163,48 2021: 169,52 2020: 176,72 |
Solo-Selbständig/ Freiberufler, 100 % berufstätig | 2023: 92.251 2022: 93.426 2021: 88.767 2020: 120.960 | 2023: 43,56 2022: 48,79 2021: 39,94 2020: 41,62 | 2023: 177,07 2022: 172,98 2021: 186,20 2020: 184,27 |
Solo-Selbständig/ Freiberufler, <50 % berufstätig | 2023: 45.199 2022: 44.436 | 2023: 46,66 2022: 44,18 2021: 42,05 2020: 39,88 | 2023: 141,68 2022: 139,26 2021: 149,57 2020: 162,66 |
Teilweise angestellt, teilweise selbständig | 2023: 64.934 2022: 66.032 | 2023: 23,73 2022: 26,85 | 2023: 131,17 2022: 103,88 |
Angestellter in einem Beratungs-/Coaching-Unternehmen* | 2023: 63.816 2022: 53.580 | 2023: 61,25 2022: 68,45 | 2023: 147,63 2022: 129,00 |
Coach mit >15 Jahren Coaching-Erfahrung | 2023: 118.976 2022: 102.847 | 2023: 37,97 2022: 46,05 | 2023: 199,79 2022: 193,59 |
Coach mit ≤5 Jahren Coaching-Erfahrung | 2023: 67.397 2022: 66.441 | 2023: 40,17 2022: 35,28 | 2023: 143,03 2022: 130,30 |
Coach in einem Coaching-Verband | 2023: 103.148 2022: 100.758 | 2023: 36,27 2022: 41,39 | 2023: 183,53 2022: 180,25 |
Coaches ohne Verbandsmitgliedschaft | 2023: 80.233 2022: 78.197 | 2023: 41,63 2022: 46,25 | 2023: 159,00 2022: 152,18 |
Gesamtdurchschnitt | 2023: 90.038 2022: 84.568 | 2023: 39,49 2022: 43,77 | 2023: 168,13 2022: 164,65 |
Tabelle: Einkommen und Honorar in Abhängigkeit vom Coach-Typ
*Geringe Fallzahl, Daten sind nur Tendenzaussage
**Keine Vergleichsdaten aus 2020 verfügbar
2020=RAUEN Coaching-Marktanalyse 2020 (Rauen, 2020); 2021=RAUEN Coaching-Marktanalyse 2021 (Rauen, 2021); 2022=RAUEN Coaching-Marktanalyse 2022 (Rauen et al., 2022)
Hier können Sie die Tabelle als PDF downloaden.
Sowohl die Entwicklung der Coaching-Honorare und -Einkommen als auch die des Coaching-Anteils am Gesamteinkommen der Coaching-Anbieter zeigt in Richtung des Standes vor der Corona-Pandemie, ohne diesen jedoch bereits wieder zu erreichen. Positiv können die – insgesamt betrachtet – gestiegenen Honorare und Jahreseinkommen beurteilt werden. Der Blick auf die Tabelle offenbart, dass zwar nicht alle, jedoch die meisten „Coach-Typen“ von der positiven Einkommens- und Honorarentwicklung profitieren. Dies sollte die Branche weiterhin zuversichtlich stimmen.
Die hier dargestellten Ergebnisse lassen sich insofern mit anderen Ergebnissen der Coaching-Marktanalyse 2023 in Verbindung bringen, als dass diese weitere Annäherungen in Richtung des Vor-Pandemie-Standes erkennen lassen. So ist das im persönlichen Gespräch stattfindende Präsenz-Coaching wieder das meistpraktizierte Coaching-Format. Zwischenzeitlich reihte es sich hinter dem Online-Coaching via Videokonferenz, das einen pandemiebedingten Boom erlebte, auf Platz 2 ein. (Rauen et al., 2023)
Weitere Coaching-Marktanalysen werden zeigen, ob sich die Honorare und Einkommen der Coaches wieder gänzlich erholen können.