88 Organisationen nahmen an einer Umfrage des deutschen ICF-Ablegers teil, die sich mit dem Thema Coaching in Unternehmen befasste. Die Ergebnisse von vier moderierten Fokusgruppendiskussionen mit internen Coaches, HR-Führungskräften, Programmsponsoren und ICF-Mitgliedern flossen in die abgeleiteten Erkenntnisse ein. Demnach besteht ein Ergebnis darin, dass Coaching inzwischen mehr sei, als ein Instrument zur Führungskräfteentwicklung. Zugleich brauche Coaching ein positives Narrativ – z.B. um hinderliche Budgetbeschränkungen abbauen zu können. Das Coaching-Magazin sprach über diese Aspekte mit Heike Aiello, Professional Certified Coach und Vorstandsmitglied der ICF.
Sie kommen zum Ergebnis, Coaching sei nicht mehr nur ein Instrument der Führungskräfteentwicklung. Woran machen Sie dies fest? Wie äußert sich das in der Praxis?
Auf die Frage „Wo sehen Sie den größten Nutzen/Gewinn von Coaching in Ihrer Organisation?“ wählten rund 20 Prozent der Teilnehmenden die Führungskräfteentwicklung. Ein ähnlich hoher Anteil (19,4 Prozent) nannte den Umgang mit Veränderungen, gefolgt von Themen wie Stressmanagement, Wohlbefinden und Mitarbeitendenbindung. Diese Bereiche betreffen zwar auch Führungskräfte, sind aber klar von einer gezielten Führungskräfteentwicklung zu unterscheiden. In der Praxis zeigt sich das aus unserer Sicht wie folgt: In 22 Prozent der Organisationen haben Angehörige der oberen Führungsebene Zugriff auf das Coaching-Angebot, in 19 Prozent die der mittleren Führungsebene. 12 Prozent der Organisationen bieten Coaching auch für Mitarbeitende mit Kundenkontakt an (z.B. Sales), und bei 18 Prozent gilt das Angebot für alle Mitarbeitenden. Coaching wird also zunehmend als strategisches Kultur- und Entwicklungstool verstanden.
Sie sagen, dass Coaching ein ansprechendes internes Narrativ brauche. Wie wird Coaching aktuell wahrgenommen und was müsste ein Narrativ transportieren, um die Wahrnehmung zu verbessern?
Viele Teilnehmende an unserer Umfrage berichten, dass Coaching intern kaum sichtbar ist, selbst dort, wo es etablierte Programme gibt. Mitarbeitende wissen oft nicht, dass sie Zugang zu Coaching haben, und auch Führungskräften fehlt mitunter das Wissen über Ablauf oder Nutzen. Oft haben Führungskräfte Coaching selbst in der Vergangenheit als „Reparaturmaßnahme“ erlebt. Sie sprechen dann abwertend darüber, was wiederum die Wahrnehmung von Coaching negativ beeinflusst. Ein wirkungsvolles Narrativ sollte Coaching als zugängliches, unterstützendes Entwicklungsangebot positionieren. Es sollte zeigen, dass Coaching dabei hilft, mit Veränderungen umzugehen, sich weiterzuentwickeln und gesund leistungsfähig zu bleiben. Glücklicherweise gibt es immer mehr Berichte von Führungskräften und Mitarbeitenden, die von Coaching als „Geschenk“ berichten. Entscheidend für das Entwickeln eines positiven Narrativs sind eine verständliche Sprache, konsistente Kommunikation, glaubwürdige Fürsprecher und praxisnahe Erfolgsgeschichten, die die Wirkung von Coaching verständlich machen.
Budgetbeschränkungen sind ein häufiges Hindernis. Woran liegt das und wie ließe sich dies ändern?
Budgetgrenzen spiegeln oft keine tatsächliche Unfinanzierbarkeit wider, sondern eine fehlende strategische Verankerung von Coaching. Wo Nutzen und Wirkung nicht sichtbar gemacht werden, fehlt die Bereitschaft zur Investition. Das lässt sich ändern, indem Coaching systematisch mit strategischen Zielen wie Führung, Kulturentwicklung oder Mitarbeiterbindung verknüpft wird. Organisationen brauchen einfache, glaubwürdige Wege, um Wirkung sichtbar zu machen, z.B. durch qualitative und quantitative Rückmeldungen und Erfolgsgeschichten. Sichtbarkeit und Sponsorship sind entscheidend, damit Budget zur Verfügung gestellt wird. In vielen Organisationen mit einer erfolgreichen Coaching-Kultur steht ein Sponsor aus dem (Top-)Management zur Verfügung.
Der vollständige Ergebnisbericht kann über die Homepage der ICF bezogen werden (verbunden mit einer Newsletter-Anmeldung). (de)
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