Nachlese zum 3. Internationalen Fachkongress „Coaching meets Research … Coaching in der Gesellschaft von morgen“

14.07.2014

Der 3. Internationale Fachkongress „Coaching meets Research“ der FHNW fand im Juni statt. Unter dem Motto „Coaching in der Gesellschaft von morgen“ widmete sich der Kongress u.a. der Frage, welche Rolle Coaching in modernen, sich fortwährend entwickelnden und zunehmend komplexer werdenden Gesellschaften einnehmen kann.

Der 3. Internationale Fachkongress „Coaching meets Research … Coaching in der Gesellschaft von morgen“ der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) fand vom 17.–18.06.2014 an der Hochschule für Soziale Arbeit (HSA) der FHNW im schweizerischen Olten statt. Auch vor dem Hintergrund eines immer größer werdenden, über den Wirtschafts- und Sportkontext hinausführenden Wirkungsfeldes von Coaching folgte der Kongress den Fragen, welche Bedeutung Coaching für die Gesellschaft (von morgen) hat und inwiefern Coaching zu einer Kraft gesellschaftlicher Entwicklung wird bzw. werden kann. Über 200 Personen aus der Schweiz, Deutschland, Österreich, England, Dänemark und Spanien nahmen nach Angaben der FHNW am Kongress teil. Das Fazit der Veranstalter: Coaching stehe eine aussichtsreiche Zukunft bevor. So könne Coaching unter den Bedingungen einer zunehmend komplexen Gesellschaft effektiv zu individueller Orientierung verhelfen.

Nach einem von Dr. Michael Loebbert (Studienleiter MAS Coaching) moderierten Forschungskolloquium wurde der Fachkongress durch Prof. Agnès Fritze, Leiterin des Instituts Beratung, Coaching und Sozialmanagement (ICSO) der HSA, und dem Kongressleiter Robert Wegener (wissenschaftlicher Mitarbeiter, ICSO) eröffnet.

Das erste Keynote-Referat hielt Prof. Dr. Dirk Baecker, Inhaber des Lehrstuhls für Kulturanalyse und -theorie an der Zeppelin Universität Friedrichshafen. Baecker und Dr. Reinhard Stelter (Professur für Coaching-Psychologie, Universität Kopenhagen), der am zweiten Tag referierte, waren sich gemäß FHNW einig: In einer (hyper)komplexen Gesellschaft seien die Möglichkeiten individueller Selbstrealisierung kaum noch überschaubar. Nicht nur die Zahl der Entscheidungsmöglichkeiten steige, sondern auch die Unmöglichkeit, deren Rahmenbedingungen zu beeinflussen (Kontingenz). Orientierung in einer komplexen Gesellschaft bedürfe demnach – über den beruflichen Kontext hinaus – ständiger Reflexion und Neusortierung in Bezug auf veränderte Ausgangssituationen und Werte sowie die eigene persönliche Entwicklung. Coaching werde zu einem möglichen „Ort“, an dem diese Reflexion produktiv und fokussiert stattfinden und die von manchen als bedrohlich wahrgenommene Vielfalt an möglichen Selbstrealisierungen konstruktiv bearbeitet werden könne. Coaching sei folglich keine „Eintagsfliege“.

Den inhaltlichen Abschluss des ersten Tages bildete ein Keynote-Referat von Prof. Dr. Erik de Haan, Leiter des Ashridge Centre for Coaching sowie Inhaber des Lehrstuhls für Organisationsentwicklung und Coaching an der Freien Universität Amsterdam. De Haan fokussierte aktuelle Erkenntnisse der Coaching-Ergebnisforschung sowie aktuelle Resultate einer Coaching-Studie mit rund 4.000 Teilnehmenden. Zentrales Ergebnis: Weniger die Techniken, sondern insbesondere die Qualität der Beziehung zwischen Coach und Klient seien für den Coaching-Erfolg von maßgeblicher Bedeutung.

Der zweite Kongresstag wurde von Dr. Tatiana Bachkirova eröffnet, Dozentin im „Professional Doctorate Programm“ und im M.A.-Studiengang „Mentoring and Coaching“ der Oxford Brookes Universität sowie Leiterin des gleichnamigen Masterstudiengangs an der Hong Kong Universität. Bachkirova stellte ihren „Developmental Coaching“-Ansatz vor, der im Kern darin besteht, dass Coaching nicht nur als Passung von Organisation und Klient, sondern auch als Möglichkeit der psychologischen Entwicklung der Klienten gedacht wird. Entwicklung sei dabei auf unterschiedlichen Ebenen möglich: Bedürfnisse, Gedanken, Spiritualität, Gefühle, Selbst, Moral und Werte. Jede im "Außen" begründete Aufgabe (z.B. neue Führungsaufgabe etc.) sei immer auch gebunden an eine innere Entwicklungsaufgabe (z.B. Werteklarheit). In der zukünftigen Gesellschaft, so Bachkirovas These, brauche es reife Persönlichkeiten – reif nicht nur in Bezug auf deren Leistungsfähigkeit, sondern auch auf weitere Ebenen ihres Seins.

Nach dem Eröffnungsreferat präsentierte Prof. Dr. Heidi Möller, Professorin für Theorie und Methodik der Beratung an der Universität Kassel, die zentralen Erkenntnisse einer gegenwärtig laufenden Studie zur Einstellung praktizierender Coaches gegenüber der Coaching-Forschung.

Mit dem Vortrag von Prof. Dr. Stelter nahm der zweite Kongresstag sein Ende. Zusätzlich zu seiner gesellschaftlichen Analyse im Sinne gegenwärtiger Bedingungen für das „Coaching von heute“ präsentierte Stelter den von ihm begründeten  „Third Generation Coaching“-Ansatz: Im Kontext von Hyperkomplexität und Kontingenz könne Stabilität durch die Arbeit an Werten und Sinn ermöglicht werden, so die Kernaussage.

Zwischen den Vorträgen waren die Teilnehmenden eingeladen, in zwei Großgruppensequenzen Prognosen bezüglich der Merkmale des „Coachings von morgen“ sowie Anforderungen und Wünsche an die zukünftige Coaching-Forschung zu formulieren.
Prognostiziert wurden beispielsweise eine zunehmende Professionalisierung sowie Sinn- und Werteorientierung, der Einsatz neuer Medien im Coaching und eine systemische Ausrichtung des Coachings. Auch wird eine gesteigerte gesellschaftliche Akzeptanz  sowie eine gesteigerte Flexibilität von Coaching erwartet.
An die Forschung wurden u.a. die Forderungen formuliert, Anliegen aus der Coaching-Praxis aktiv aufzugreifen, Antworten auf spezifische Fragen zu liefern und weiterhin Erfolg bzw. die Wirkung von Coaching zu untersuchen. Zudem wurde der Wunsch eines stärkeren Austausches zwischen Coaching-Forschung und -Praxis vielfach geäußert.
An den Nachmittagen fanden Darüber hinaus Themen-Labs zu Bereichen wie etwa „Coaching in Organisationen“, „Evaluation“, „Frauen in Führung“, „Health Coaching“, „Moderne Medien“, „Virtuelle Welten“ oder „Werte“ statt.

Alle Keynote-Referate sowie zwei Themen-Labs („Next Coaching“, „Health Coaching“) können auf der Homepage der Veranstalter als Webinare nachträglich kostenpflichtig abgerufen werden. Mit dem Internationalen Fachkongress „Coaching meets Research“ soll eine Brücke zwischen Coaching-Forschung und -Praxis geschlagen werden. Coaches, Verantwortliche für Coaching- Weiterbildung und -Forschung sollen einen gemeinsamen Dialograum erhalten, um ihre Wissensperspektiven miteinander in Beziehung setzen zu können. Der Fachkongress existiert seit 2010. Der 4. Internationale Coaching-Fachkongress findet vom 14.–15.06.2016 erneut in Olten statt. (de)

Informationen:

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