Whistleblower

01.06.2011

Moralische Instanz oder Verräter?

Wie man es auch dreht: Insiderwissen ist eine brandgefährliche Sache. Geschehen im Unternehmen unlautere Dinge, vielleicht sogar kriminelle, plagt gar manchen Mitarbeiter das Gewissen. Soll er schweigen und sich damit mitschuldig machen? Oder soll er Alarm geben, die Chefetage informieren oder sogar die Öffentlichkeit und sich damit in die Schusslinie begeben, als „Nestbeschmutzer“ Kopf und Kragen riskieren? Fragen, die auch gar manchen Coaching-Klienten umtreiben mögen. Autor Andreas Heimann, der die Vor- und Nachteile für spiegel-online diskutiert, zitiert Hoffmann von Fallersleben: „Der größte Lump im Land, das ist und bleibt der Denunziant“.

Die Treuepflicht gegenüber dem Arbeitgeber hat zuletzt das Bundesarbeitsgericht wieder herausgestellt: Dem Whistleblower drohen, wenn er aufliegt, arbeitsrechtliche Konsequenzen. Beispielsweise die Kündigung, ein Prozedere, dass schon in der Antike beliebt war. Der Bote, der die schlechte Nachricht überbrachte, wurde geköpft.

Also lieber schweigen? Wer von illegalen Vorgängen in seinem Unternehmen erfährt, ist nicht gesetzlich verpflichtet, sie anzuzeigen. Es sei denn, es handelt sich um schwerwiegende Straftaten.

Wer also am längeren Hebel sitzt, scheint klar zu sein. An prominenten, abschreckenden Fällen fehlt es nicht. So löste der Schweizer Wachmann Christoph Meili bei der (inzwischen in der UBS aufgegangenen) Schweizerischen Bankgesellschaft vor zehn Jahren einen der größten Skandale der Schweiz aus: Er rettete eines Nachts im Jahre 1997 Dokumente aus der Nazi-Zeit vor dem Reißwolf und löste damit eine Lawine aus, die das Verhalten der Schweizer Banken seit den dreißiger Jahren ins Rampenlicht zerrten. Kündigung, zerbrochene Ehe und etliche Selbstmordversuche später lebt Christoph Meili heute bei Los Angeles und schiebt als Wachmann Nachtschichten für 10,50 Dollar Stundenlohn in einer Siedlung für Reiche am Pazifik, wie ein Bericht von Steffan Heuer in brand eins (1/08) beleuchtet.

Um diesem Dilemma abzuhelfen, haben inzwischen etliche Unternehmen ein Compliance-Programm installiert – inklusive eines Ombudsmanns. Dessen Job ist, Abweichungen von einem Verhaltenskodex (Code of Conduct) zu verfolgen und interne Missstände aufzudecken. Wer also „krumme Dinger“ im Unternehmen entdeckt, ist gut beraten, diese zuerst intern zu reklamieren, statt sie direkt an die große Glocke zu hängen und externe Stellen wie Staatsanwaltschaft oder Presse einzuschalten. (tw)

Weitere Informationen:
www.spiegel.de/karriere/berufsleben/0,1518,765414,00.html
www.brandeins.de/archiv/magazin/-db806480d0/artikel/ein-halber-held.html

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