Coaching Convention 2009

20.04.2009

Ist Life-Coaching der größere und lukrativere Teil des Markts?

Zum zweiten Mal fand Anfang April in Köln die „Coaching Convention“ statt. Veranstalter Alexander Maria Faßbender hatte die Veranstaltung unter das Motto „Entdecke die Vielfalt. Nutze die Möglichkeiten“ gestellt. Ein weites Feld, vom Auftakt mit dem „inneren Schweinehund“ (Dr. Frädrich) ging es über drei parallele Sessions in bunte, zumeist interaktiv gestaltete Einzelthemen. Besucher erfuhren von der Kunst, seine Berufung zu finden, darüber „wie ein Elefant in den Kirschbaum kommt“ oder schauten sich ein sogenanntes Animal based Coaching an.

Letzteres konnte einen doch schon sehr an die projektive Methode der „Familie in Tieren“ von Brem-Gräser (1957) erinnern – ein Verfahren, dem in mehreren Untersuchungen wissenschaftliche Gütekriterien abgesprochen wurden (u.a. Petermann, 1997) – oder den Szeno-Test von Gerhild von Staabs (1938), dessen wissenschaftliche Anerkennung ebenso zweifelhaft ist. Und doch erfreuen sich anscheinend vor allem solche „Aufstellungsmethoden“ in der Öffentlichkeit größerer Beliebtheit. Und die breite Öffentlichkeit ist es, die Veranstalter Faßbender ansprechen möchte: Die „Akademisierung“ in der Coaching-Szene liegt ihm nicht, erklärt er gegenüber Coaching-Report, eher sei es die „Leichtigkeit“, die er suche, „dass auch Müller, Meier und Schmidt Coaching verstehen“. Seine Mission: Coaching als Gesellschaftsthema zu etablieren. Coaching versteht er als Hilfe zur Selbsthilfe – und auf keinen Fall elitär.

Mit der Popularisierung verschwimmen dann allerdings die Grenzen, denn so kann alles potenziell zum Coaching werden. Auch eine Beschäftigung mit der japanischen Kampfkunst (Samurai Impuls) oder die Arbeit mit Hunden (coachdogs). Noch drastischer zeigte sich dies im Mittags-Highlight, dem Live-Coaching mit Sabine Asgodom. In 45 Minuten zog sie vier High-Speed-Coachings mit Freiwilligen durch. Ein bisschen Humor, viele eher direktive und teils suggestiv anmutende Ratschläge gepaart mit etwas Wertschätzung, und schon waren Problemlösungen produziert. So manche Beobachter fragten sich daher nach den Langzeitwirkungen solcher Interventionen.

Wenn nun im Coaching alles möglich sein darf, stellt sich drängend die Q-Frage: Wie sichert man Qualität? Dass man dies tun soll, ist auch für Veranstalter Faßbender unbestritten, allerdings zeigte er im Gespräch mit dem Coaching-Report nicht auf, wie dies geschehen soll – oder gar muss. Die Arbeit in Verbänden ist ihm nach eigener Aussage zu mühsam gewesen. Wenn – wie geschehen – im oben genannten Beispiel der Aufstellung mit Tieren ein Klient seine private Trennungssituation thematisiert, seine Kinder und seine (Ex-?) Frau offenbar namentlich benennt und die Situation eindeutig (auch ab-) wertend kommentiert, mag sich gar mancher Beobachter fragen, ob nicht – zurecht (!) – zu den essentiellen Qualitätsfragen auch die Vertraulichkeit und Verschwiegenheit gehören müssen? Jenseits der Qualitätsfragen werden hier auch ethische und persönlichkeitsrechtliche Fragen drängend. Zumal es sich beim Klienten eindeutig identifizierbar ebenfalls um einen Referenten der Coaching Convention handelte. Die Veranstaltung wurde obendrein von einem Dienstleister des Veranstalters gefilmt – zum Zweck des späteren Verkaufs auf DVD. Ebenfalls drehte ein für das Fernsehen tätiges Filmteam auf der Veranstaltung. Ob der (Ex-?) Frau das wohl gefallen würde, sich demnächst öffentlich als Huhn aufgestellt zu sehen?

Neben dem Auftritt von Sabine Asgodom stellte die Verleihung des Coaching Awards einen weiteren Programmpunkt der Veranstaltung dar. Schwieg sich der Veranstalter im letzten Jahr noch über die Jury-Besetzung aus, zeigte er sich in diesem Jahr auskunftsfreudig: Ex-WDR-Moderatorin Carmen Thomas, Weiterbildungsverleger Bodo Wardin, ECA-Vize-Präsident Prof. Jens U. Sievertsen, Tjalf Nienaber, Geschäftsführender Gesellschafter work networx Holding GmbH, und Alexander Faßbender selbst kürten die Gewinner aus 48 Einsendungen:

  • Bestes Coaching-Konzept: Institut Synergie GmbH aus Vlotho für ihr Training & Coaching mit Seminarschauspielern.
  • Besondere Leistungen: Petra Halbig aus Nürnberg für ihr ADS-Training.
  • Nachwuchs-Förderpreis unter 35: Katharina Hedding und Marcel Rasch aus Essen für ihr individuelles Fremdsprachen-Coaching.

Als Preise wurden Skulpturen übergeben und Marketing-Maßnahmen, die einen Gesamtwert von 10.000 Euro haben sollen.

Wollten Beobachter am Samstag, dem Hauptveranstaltungstag, nur zirka 150 Teilnehmer schätzen, hatten sich zum Wochenende nach Angaben des Veranstalters 228 Teilnehmer (plus Referenten) angemeldet. Den Zuwachs gegenüber 2008 (180 Teilnehmer), wertet Faßbender angesichts der Wirtschaftskrise jedoch als Zeichen dafür, dass Coaching schwer im Trend sei. (tw)

Weitere Informationen:
www.coaching-convention.de
www.coaching-report.de/news.php?id=321
de.wikipedia.org/wiki/Familie_in_Tieren

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