Wer meint was, wenn er Coaching sagt?

13.09.2008

Ein aktueller Definitionsvorschlag liefert ein Schema, unterschiedliche Coaching-Ansätze zu beschreiben und zu kategorisieren.

Orientierung im Feld des diffusen und inflationären Gebrauchs des Coaching-Begriffs verspricht Yossi Ives in einer aktuellen Veröffentlichung mit einem Plädoyer für eine klare Unterscheidung verschiedener Ansätze im Coaching. Ives unterscheidet in seinem Beitrag für das „International Journal of Evidence Based Coaching and Mentoring“ (2/2008) drei Dimensionen, entlang denen er die verschiedenen, teilweise widerstreitenden Coaching-Ansätze positionieren kann:

  • Direktiv versus nondirektiv,
  • Persönlichkeitsentwicklung versus Ziel-/Lösungsorientierung und
  • Therapeutisch versus leistungsorientiert.

Die verschiedenen Coaching-Ansätze basieren zwar auf eigenen theoretischen Fundamenten - Yossi Ives führt auf Stober & Grant (2006) Bezug nehmend neun Ansätze an, die er kurz in ihrer Heterogenität resümiert. Und sie haben auch ein Repertoire eigener und unterschiedlicher Methoden hervorgebracht. Aber sie sind nicht wirklich exklusiv: Sie teilen eine ganze Liste an Gemeinsamkeiten; Ives führt zehn Kernannahmen auf. Anderseits gibt es eben auch Annahmen, an denen sich die Geister scheiden:

  • Braucht ein Coach feldspezifische Expertise?
  • Fragt ein Coach nur, oder gibt er auch Ratschläge?
  • Ist der Zweck des Coachings primär das persönliche Wachstum oder geht es eher darum, die Leistung zu verbessern?
  • Wie wichtig in die Beziehung im Coaching-Prozess?
  • Ist ein ganzheitlicher Ansatz essenziell für Coaching?
  • Geht es im Coaching eher darum, Gefühle zu verändern oder Handlungen?
  • Sollen im Coaching die Werte des Klienten verändert werden?

Coaching ist von vielen Seiten inspiriert worden. Doch neben dieser Unterschiedlichkeit und auch teilweisen Widersprüchlichkeit lassen sich die meisten Ansätze doch grob diesen Dimensionen zuordnen:

  • Direktiv versus nondirektiv: Etliche Autoren (wie Cox, Peterson & Hicks, Druckman & Bjork, Hudson) konzipieren den Coach als Ratgeber, Lehrer und Führer. Ganz anders sehen dies Autoren wie Whitmore, Parsloe & Wray, Stober und andere. Sie plädieren eher für die hands-off-Haltung eine Facilitators. Damit konstituiert sich diese Dimension als ein Kontinuum, dem auch die Aspekte „Nur fragen oder auch anweisen?“, „Feldkompetenz nötig?“ und „Macht der Coach seinen theoretischen Ansatz transparent?“ zuzuordnen wären.
  • Persönlichkeitsentwicklung versus Ziel-/Lösungsorientierung: Wer glaubt, dass eine Problemlösung mit der Persönlichkeitsentwicklung und Lernen einher geht, muss sich mehr mit den Tiefenschichten der Persönlichkeit befassen, so beispielsweise Parsloe & Wray (2000). Peterson vertritt eher die Gegenseite, wenn er argumentiert, die Innenschau ist nicht das Zentrum des Coachings. Man muss nicht der Persönlichkeit verändert, um konkrete Probleme zu lösen. Eher therapeutisch orientierte Autoren neigen einer Defizitorientierung zu, Anhänger der Positiven Psychologie haben mehr den Lösungsfokus im Blick. Also auch hier ein Kontinuum.
  • Therapeutisch versus leistungsorientiert: Während Therapie primär Gefühle anspricht, fokussiert Coaching die Verhaltensveränderung (die Veränderung der Gefühle kommt dann als Konsequenz von alleine). Cavanagh beschreibt den Unterschied zwischen Coaching und Therapie drastisch: Der Coach treibt den Klienten ins Chaos, in eine kontrollierte Instabilität, in der er wachsen kann. Der Therapeut holt die Klienten aus dem Chaos, in dem sie gestrandet sind, zurück in Stabilität und Ordnung.

Jeder Ansatz (Approach) verfügt somit über spezielle Stärken und eignet sich für besonders spezielle Fragestellungen. Aus den genannten Dimensionen und den Ansätzen lässt sich somit eine charakterisierende Matrix erstellen. (tw)

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