Hilfreiche Verbandsmitgliedschaft?

26.10.2008

managerSeminare geht im aktuellen Heft (11/2008) der Frage nach, ob für Coachs die Verbandsmitgliedschaft wichtig ist.

Verbände können ja durchaus unterschiedliche Funktionen haben: Die Mitgliedschaft dient dem professionellen Austausch und dem Networking, möglicherweise aber auch der Akquisition. Deshalb dürfte für Coachs eine Verbandsmitgliedschaft wohl lukrativ sein. Wenn es nur nicht so viele Verbände in Deutschland gäbe… Deshalb hat managerSeminare eine Online-Befragung durchgeführt.

Als Ergebnis wird im Bericht heraus gestellt: 31 Prozent achten bei der Auswahl darauf, dass der Coach einer Interessengemeinschaft angehört. – Einmal abgesehen davon, dass wir nichts über die Merkmale der Stichprobe erfahren, ob hier also Einkäufer geantwortet haben, Coachs oder irgendwelche Sonstigen: Erst über das Studium der separaten Ergebnistabelle erfahren wir, dass die „stimmige Chemie zwischen Coach und Coachee“ offensichtlich ein entscheidenderes Kriterium der Auswahl ist (80%).

36 Prozent der Befragten, so wird im Fließtext heraus gestellt, gaben an, dass sie sich bei der Suche nach einem Coach direkt an einen Verband wenden. – In der Ergebnistabelle lesen wir dann, dass die überwältigende Mehrheit Bekannte und Kollegen um Empfehlungen bittet (84%). Autorin Corinna Moser zieht daraus den messerscharfen Schluss: Die Verbandszugehörigkeit kann bei der Neukundengewinnung hilfreich sein kann. Dies mag dem Leser dann doch etwas arg ungereimt erscheinen.

Warum Verbände wichtig sind, lässt die Autorin Professor Dr. Stefan Kühl beantworten: Die Coachs befinden sich im sogenannten „Kompetenz-Darstellungsdilemma“. Sie müssen sich kompetent präsentieren, aber Eigenlob kommt bei Kunden nicht gut an. Also müssen andere gut über einen sprechen. Neben Veröffentlichungen und Vorträgen spielen daher Verbände eine Rolle. Wenn es nur nicht so viele Verbände in Deutschland gäbe… Sie machen sich gegenseitig Konkurrenz und der Kunde verbleibt ratlos.

Unternehmen haben es an dieser Stelle insofern einfacher, als sie sich kompetente Coaching-Gatekeeper ins Haus holen, die ihr Geschäft verstehen und professionelle Auswahlprozesse implementieren – und beispielsweise Coaching-Pools aufbauen. Ob diese Experten aber immer so kompetent sind, daran lässt eine aktuelle Diplomarbeit zweifeln: Romina Henle fand heraus, dass die Verbandszugehörigkeit nur in einem einzigen der untersuchten Großunternehmen als Auswahlkriterium anerkannt war. Vielfach waren die Qualitätskriterien der Verbände gar nicht bekannt.

Das grundsätzliche Problem haben auch die Coaching-Verbände erkannt. Sie treffen sich seit Monaten im sogenannten „Round Table“, um sich abzustimmen. Dass dabei relevante Fortschritte feststellbar gewesen wären, hat man allerdings bislang nicht verlauten gehört. So macht nun zunehmend das Stichwort der Marktbereinigung die Runde. Die Zahl der Verbände werde in den nächsten Jahren schrumpfen, zitiert managerSeminare den ICF-Vorstand Marius Hansa.

Warum als Quellen im Beitrag die Verbandsvertreter Hansa (ICF), Müller (DCV) und Rauen (DBVC) zitiert werden – und lediglich eine einzige Personalmanagerin, bleibt dem Leser unerschlossen, ebenso wie, ob er sich bei dieser Auswahl der Autorin etwa etwas denken solle. Im Anhang wird dann das Verbandsspektrum in Tabellenform aufgefächert nach: Aktivitäten der Qualitätssicherung, Mitgliederzahlen, Aufnahmebedingungen, Ständige Anforderungen, Kosten. Auch das macht nicht wirklich schlauer: So wird beispielsweise angeführt, der BDP habe 12.000 Mitglieder, dabei wird im Text erklärt, es gäbe ein Psychologenportal mit einer eigenen Datenbank für Coachs. Dort finden sich dann lediglich etwas mehr als 50 Coachs. Der BDP ist eben kein Coaching-Verband - im Gegenteil: er ist  überwiegend ein Psychotherapeutenverband. Ein Argument, das auch auf andere gelistete Verbände zutrifft wie den BDVT oder den dvct, die mehrheitlich Trainer organisieren. Unscharfe Kriterien, unscharfes Verbandsspektrum - vielleicht macht dies ja die Schwierigkeit der (und mit der) Branche aus, das Problem hat Autorin Moser völlig korrekt erkannt; doch ihr Beitrag zur Lösung bleibt fragmentarisch.

Die Fragen, ob die Verbandsmitgliedschaft hilfreich ist, oder welche Qualitätssicherung die Coaching-Verbände betreiben (Untertitel) werden im Beitrag (leider) nicht wirklich geklärt. (tw)

Die Ergebnisse der Online-Befragung:
www.managerseminare.de/Community/Umfragen/Detail/Ergebnis?urlID=164578

Weitere Informationen:
www.managerseminare.de/managerSeminare/Archiv/Artikel?urlID=168405

Coaching-Newsletter

Sie möchten regelmäßig über Neuigkeiten der Coaching-Branche informiert werden? Dann abonnieren Sie den kostenlosen Coaching-Newsletter, der monatlich über Hintergründe und aktuelle Entwicklungen im Coaching berichtet.

Nach oben