04.03.2008
Die Logik der Leistungsgerechtigkeit fordert, dass diejenigen, die viel leisten, auch viel verdienen sollen. Andererseits will der Staat allen beste Chancengerechtigkeit gewährleisten und auch im Sinne der Bedarfsgerechtigkeit vor bitterer Armut schützen. Das ist prinzipiell ein Widerspruch, den der Bürger mit Steuern bezahlt. Je stärker das Leistungsprinzip ausgeprägt ist, desto größer dürften die Verletzungen des Ziels der Bedarfsgerechtigkeit ausfallen. Und umgekehrt beeinträchtigt eine weit reichende Umverteilung zur Angleichung der Bedürfnisbefriedigungsmöglichkeiten die Leistungsgerechtigkeit - so die klassische Annahme der Ökonomie. Doch wie erleben die Bürger diesen Zielkonflikt zwischen Leistungs- und Bedarfsgerechtigkeit? Wird nicht auch immer der Gedanke der Solidarität hochgehalten?
Dr. Stefan Liebig vom Institut für Soziologie an der Universität Duisburg-Essen wollte es genauer wissen. Anhand von Umfrageergebnissen einer theoriegeleiteten Zusatz-Erhebung der Längsschnittstudie Sozio-oekonomisches Panel (SOEP) aus dem Jahr 2005 analysierte der Forscher, wie Erwerbstätige ihr Einkommen unter dem Aspekt der Lohngerechtigkeit bewerten und welche Bedeutung dabei wohlfahrtsstaatliche Eingriffe haben. Die Ergebnisse wurden soeben in der Zeitschrift „Wirtschaftspsychologie“ (4/07) veröffentlicht:
Fazit der Forschung: Von einer generellen Tendenz, das eigene Einkommen als ungerecht anzusehen – wie dies oftmals in den Medien oder öffentlichen Debatten geäußert wird – kann auf der Grundlage dieser Befragungsergebnisse, die auf einer sehr umfangreichen Stichprobe der Erwerbstätigen in Deutschland beruht, nicht die Rede sein. Doch auch der für die Makroebene der Gesellschaft konstatierte normative Zielkonflikt zwischen Leistungs-und Bedarfsgerechtigkeit scheint auf der individuellen Ebene nicht wirksam zu sein: