Coaching auf den Petersberger Trainertagen

27.04.2008

Coaching ist für Trainer ein attraktives zusätzliches Spielfeld. Aber auch ein Marketingansatz, wie unter anderem ein siebenzügiges Simultan-Live-Coaching zeigte.

Unter dem Motto „Weiterbildung zwischen Wertschätzung und Wertschöpfung“ waren ca. 350 Teilnehmer zum vierten Mal auf den Petersberg bei Königswinter (Bonn) gekommen. Der Veranstalter, der Bonner Verlag Managerseminare, hatte wie gewohnt zum zweitägigen Meeting der Szene eingeladen und am 18. und 19. April ein abwechslungsreiches, dreizügiges Programm nebst kleiner Ausstellermesse und einer Abendveranstaltung „Rheinischer Abend“ präsentiert – und durfte mit den Trainertagen wieder durchaus zufrieden sein.

Unter den zwei Veranstaltungen, die sich ausdrücklich auf Coaching bezogen, stach vor allem ein siebenzügiges Simultan-Live-Coaching hervor. Unter dem Titel „Unter vier Augen vor der Gruppe – Coaching als Methode für Trainer und Personalentwickler“ hatte der Berufsverband der Verkaufsförderer und Trainer (BDVT) in den großen Bankettsaal geladen, und an die 150 Teilnehmer waren erschienen.

Coach sei der schönste Job, den man sich vorstellen könne, führte BDVT-Vizepräsidentin Christa Mesnaric ins Thema ein. Man müsse sich nicht vorbereiten, man müsse einfach nur da sein und interessante Fragen stellen. Damit könne man beim Klienten Erfolgserlebnisse bewirken, zudem viel Geld verdienen; und nachbereiten müsse man sich auch nicht. - Da wird sich gar mancher Teilnehmer gefragt haben, ob diese Ansage als Witz– oder tatsächlich platt naiv gemeint war.

Die Teilnehmer hatten sich schon um sieben kleine Tische platziert. Hier stieß nun einer der sieben Coachs (fünf Frauen und zwei Männer) hinzu und bat jeweils einen Freiwilligen als Anliegenträger zum Coaching. Die Coachs präsentierten einen sehr individuellen Coaching-Stil. Während die eine hauptsächlich mit dem Flipchart arbeitete, auf das sie zu Analyse- und Visualisierungszwecken ein Portfolio gemalt hatte, versuchte sich die nächste an einer Trance-Induktion und die dritte stellte – auch wenn sie sich zuvor dezidiert zum systemisch-konstruktivistischen Gedankengut bekannt hatte, ziemlich unsystemische - Fragen. Die Teilnehmer beobachteten nun die jeweilige Coaching-Session; oder wanderten – mit der Zeit nahm dies zu - von einer Runde zur nächsten.

Eins muss man den Coachs lassen: Sie waren mutig, sich einem Live-Coaching vor Publikum zu stellen – und dem sich anschließenden Feedback. Andererseits darf man gewiss auch das Setting als recht gewagt kritisieren: Die Akustik im Saal war nicht gerade geeignet für diese Simultan-Beratung, die sieben Runden und die umher ziehenden Teilnehmer störten den Coaching-Prozess doch merklich; was gerade bei der Trance-Induktion auffiel. Wer als Teilnehmer von jedem Coach etwas mitnehmen wollte, nahm natürlich von jedem auch nur einen Teil mit. Statt Simultan- wäre hier nur ein sequenzielles Setting zieldienlicher gewesen.

Die Beratungssequenzen selber waren gut gemeint und anregend, dafür sprach auch das große Publikumsinteresse – aber sicher nicht mehr als ein Appetizer. Insgesamt hatte man deshalb den Eindruck, dass der verkaufsfördernde Charakter der netto einstündigen Veranstaltung ein nicht minder wichtiges Motiv war.

Die zweite - dezidiert auf Coaching bezugnehmende - Veranstaltung hatte den Titel: Erfahrungsschätze aufdecken für mehr Wert im Coaching. Christiane Grabow (CSG Medien) hat Aufstellungsfiguren entworfen und stellte diese vor. Die dreizehn verschiedenen, abstrakten Symbolsteine aus Lava und anderen Materialien (LPScocoon) dienen dazu, Problemkonstellationen des Klienten aufzustellen und so besprechbar zu machen.

Der Ansatz als solcher ist natürlich alles andere als neu. So begründete Grabow ihre Neuentwicklung damit, dass sie die Aufstellungsarbeit, wie sie beispielsweise von Dr. Astrid Schreyögg mithilfe von bunt-dragierten Schokolinsen (Smarties), oder von Gunter König mit den Inszenario-Figuren erfolge, nicht angesprochen habe, da sie diese als zu abstrakt oder zu voreingenommen, weil schon an Bekanntes erinnernd, erscheine. Ihre Steine, so Grabow, würden die projektive Fantasie besser anreizen.

In der Gestaltung hat sie sich vom Ur-Schach inspirieren lassen (Horn und Edelstein). Der Koffer mit ihren 13 Steinen sowie Instruktionsmaterial wiegt ca. sechs Kilogramm und kostet 528 Euro. Königs in den Oberschwäbischen Werkstätten für Behinderte gefertigter Inzenario-Koffer kostet 187 Euro. Die schon 1937 in Großbritannien eingeführten Smarties, mit denen Dr. Schreyögg so gerne arbeitet, kosten im Supermarkt „um die Ecke“ pro „Riesenrolle“ rund 1,49 Euro.

Ein Argument allerdings, dass nicht alle beeindruckte: Etliche Workshop-Teilnehmer bewerteten Frau Grabows Steine als den Klienten angemessenes, repräsentativ-wertschätzendes Instrumentarium. Für andere stand eher die Frage im Vordergrund, ob man ohne spezifische Ausbildung (Psychodrama) überhaupt angemessen mit der Methode arbeiten könne – oder dürfe?

Der Beratungsprozess durch Laien sei halt weniger intensiv, konterte Frau Grabow – und ist schon einen Schritt weiter: Demnächst kann man mit ihren Steinen mittels 3D-Applikation Aufstellungen im Internet durchführen. (tw)

Weitere Informationen:
www.petersberger-trainertage.de

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