Wie die Gerüchte-Küche funktioniert

06.09.2007

Gerüchte verbreiten sich scheinbar unkontrolliert und schnell. Doch was für den Laien chaotisch aussieht, hat System.

Im Tübinger Unternehmen Explosys simulieren Professor Martin Eichner vom Institut für Medizinische Biometrie der Universität Tübingen und sein Kollege, der Informatiker Dr. Markus Schwehm, normalerweise Epidemien und Pandemien, deren Folgen und mögliche Gegenmaßnahmen. Doch dann brachte die Berliner Marketingfirma VM-People die Forscher auf eine neue Idee: Um herauszufinden, wie sich Mundpropaganda-Epidemien in komplexen sozialen Netzwerken ausbreiten, simulieren die beiden nun im Computer 10.000 Individuen, die miteinander in unterschiedlichem Kontakt stehen. "Wenn wir in das Programm unserer simulierten Population an verschiedenen Tagen immer wieder neue Gerüchte reingeben, dann sind das aufeinanderfolgende Wellen, die sich gegenseitig auslöschen, und es brodelt richtig", sagt Markus Schwehm in einem Beitrag der Financial Times Deutschland.

Gerüchte verbreiten sich fast wie Krankheitserreger, das war die These der Berliner Marketingfirma VM-People. VM steht für Viral Marketing, eine Strategie, die davon ausgeht, dass die Verbreitung einer werblichen Botschaft nach denselben Gesetzmäßigkeiten verläuft wie eine Grippewelle, so deren Geschäftsführer Thomas Zorbach. Und das soll die Werbung mit dem Gerücht gemeinsam haben: Sie benutzen als „Treibstoff“ einen Mehrwert für den Sender. "Wer vom neuesten Techtelmechtel weiß, weist sich als Mitglied gut informierter Kreise aus und wertet damit seinen Status als Besserwisser auf", so Zorbach. Das Gerücht funktioniert als soziale Währung.

Der Unterschied zu den Grippeepidemien sehen die Explosys-Forscher darin, dass sich Menschen bei der Gerüchteweitergabe nicht unbedingt treffen müssen. Doch das Anstecken funktioniert offenbar ähnlich. Bei der Verbreitung spielen die gleichen Kontaktmuster und Kontaktnetzwerke eine Rolle - egal, ob der Mensch Informationen oder Viren weitergibt. (tw)

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