Über die Rolle der "Konsultanten", postheroisches Management und X-Organisationen

18.11.2007

In Berlin fand soeben die 2. Biennale für Management und Beratung statt.

Nach dem Auftakt in 2005 traf sich die systemische Beraterszene - unter ihnen auch bekannte und renommierte Coachs wie Dr. Wolfgang Looss und Klaus Eidenschink - wieder zur Biennale in Berlin. Das Management Zentrum Witten, vertreten durch die bekannten Vordenker Fritz Simon, Rudi Wimmer und Dirk Baecker, hatte mit allerlei Aufwand gelockt. Und rund 180 Teilnehmer sowie um die 50 Referenten und etliche Pressevertreter waren gekommen.

Höhepunkt der Veranstaltung war der Vortrag des Philosophen Peter Sloterdijk zum Thema „Konsultanten“ und das anschließende Podiumsgespräch mit dem Soziologen Dirk Baecker. Auf die konkrete Teilnehmeranzahl bei diesem Highlight lief während der gesamten Kongressdauer eine Wette in Form eines rechnergestützen Informationsmarkts. Wie an der Börse (oder bei Günter Jauch) konnten die Teilnehmer Stimmungen und Meinungen bewerten und in Aktienform setzen.

Weitere Key Notes gab es von Dirk Baecker, Fritz Simon, Amar Bhidé und Kathleen Sutcliffe. Der postheroische Geist - nach Dirk Baeckers essayistischen Veröffentlichung der 90er Jahre benannt und vor kurzem als Titel einer neuen eigenen Zeitschrift wiederbelebt - wurde durch derlei Fokussierung auf VIPs sowie das großartige Ambiente am Berliner Gendarmenmarkt und die gesamte gediegene und stilvolle Kongressdesign allerdings gehörig konterkariert. So war extra für den zweiten Abend eine Revue im Konzerthaus Berlin komponiert worden, die zu später Stunde Musik, Theater- und Filmelemente sowie ein philosophischen Diskurs zu einer Performance verband.

“Ein anspruchsvolles Publikum erwartet ein anspruchsvolles Kongressdesign,“ kommentierte Professor Fritz Simon den außergewöhnlichen Rahmen. Erstmalig experimentierte man so mit dem Veranstaltungsformat „Rent a Referent“. An ca. 30 Tischen saßen am dritten Tag die Berater-Referenten, die an den ersten beiden Kongresstagen Workshops als Berater-Klienten-Tandems angeboten hatten, und boten sich für 20-minütige Konsultationen an. Die anfängliche Skepsis und Vorsicht auf Seiten der Teilnehmer machte schon bald einer zunehmenden Begeisterung Platz.

Die Veranstaltung insgesamt war reichhaltig und anregend dramaturgisch gestaltet. Sie bot neue Ansichten und Erkenntnisse wie die des Harvard-Forschers Amar Bhidé, der zeigte, das viele erfolgreiche Unternehmen eben nicht wie sonst gelehrt mittels Masterplan erfolgreich wurden, sondern durch Kopieren, Ausprobieren und das Ausnutzen von Gelegenheiten. Aber es gab auch eher schwache, wenn auch kurzweilige Impulse wie der Key Note von Fritz Simon zum Thema Langeweile in Organisationen: Da war es nun, das X der Organisationen in Form des von James March früher schon organizational slack genannten, notwendigen Überschusses und Unverplantseins.

Auch die Workshops wurden von den Teilnehmern durchaus unterschiedlich bewertet. Das von Mitinitiator Fritz Simon benannte anspruchsvolle Publikum hatte ja auch einen anspruchsvollen Preis für die Veranstaltung bezahlt. Aufgefallen war zudem dem ein oder anderen, dass gewisse Beraterkreise, die man bei der ersten Biennale-Veranstaltung in 2005 noch gesehen hatte, nun offensichtlich fehlten; was natürlich zu diversen Spekulationen führte.

So blieb zum Schluss der Eindruck, an einem großen Klassentreffen teilgenommen zu haben. Das Management Zentrum Witten - sich selbst Denkwerstatt nennend - hat sich alle Mühe der Markenbildung gegeben. Und dass man sich in zwei Jahren in Berlin wieder sieht, ist sowieso klar. Die, die nicht teilnehmen konnten, werden sicher bald DVDs und andere Materialien erstehen können. (tw)

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