Klatsch und Tratsch sind wichtig fürs Sozialleben

17.10.2007

Das Lästern über nicht anwesende Personen galt lange Zeit als Unsitte. Forscher vom Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie im schleswig-holsteinischen Plön konnten nun zeigen, dass Klatsch und Tratsch für Menschen eine wesentliche Rolle für die Erlangung und Verbreitung sozialer Informationen spielt.

Im Rahmen einer Studie zur sogenannten Indirekten Reziprozität (Menschen helfen anderen Menschen, wenn diese selbst hilfsbereit sind und einen guten Ruf haben) wurden mehrere Tests an Studenten durchgeführt. Die Ergebnisse verblüfften das Team um den Evolutionsbiologen Ralf Sommerfeld.

Jeder Teilnehmer erhielt im Experiment zehn Euro und durfte sich entscheiden, ob er einem Partner davon einen Teil abgab oder das Geld für sich behielt. In weiteren Runden erfuhren sie dann vor ihrer Entscheidung durch verteilte Notizen, wie sich ihr Gegenpart in den Augen anderer zuvor verhalten hatte. Wurde ein Mitspieler von anderen als großzügig bezeichnet, tendierten sie dazu, ihm auch eher Geld zu geben. Doch für die Richtigkeit der Notizen hatten sie keine Belege. Sogar als die Spieler konkrete Informationen über das tatsächliche Verhalten ihrer Mitspieler in vorherigen Runden bekamen, vertrauten sie lieber dem Klatsch auf den Notizen - selbst wenn er der Realität widersprach.

Auch wenn man sämtliche neutralen und wichtigen Informationen über eine Person hat, so das Fazit der Forscher, lässt man sich in seinen Entscheidungen maßgeblich von Gerüchten beeinflussen. Sie konnten den Effekt recht deutlich messen: „Unabhängig vom tatsächlichen Verhalten der Teilnehmer kooperierten 20 Prozent mehr, wenn sie zusätzlich positiven Klatsch hörten, und sie kooperierten um 20 Prozent weniger, wenn sie zusätzlich etwas Negatives gehört haben," erläutert der Evolutionsbiologe Sommerfeld.

Die Strategie, Entscheidungen aufgrund von Tratsch, Gerüchten oder anderen mündlich überlieferten Informationen zu treffen, ist kulturell verankert. Sie nutzt in Situationen, in denen ein Mensch nicht alles selbst beobachten kann. Dann ist er auf indirekte Informationen aus anderen Quellen angewiesen.

Die Forscher fanden auch heraus, dass der persönliche Kontext, in dem Gerüchte zwischen Personen kommuniziert werden, von entscheidender Bedeutung ist: Ein Lästern unter befreundeten Personen hat dabei deutlich positivere Auswirkungen als eines zwischen Menschen, die sich nicht leiden können oder in Konkurrenz zueinander stehen. Gerüchte haben offensichtlich eine wichtige Funktion für den Gruppenzusammenhalt. Der Tratsch ermöglicht es, die Werte einer Gemeinschaft durch den Vergleich mit anderen Gruppen immer wieder klar zu definieren. (tw)

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