Die Schattenseite von Diversity

13.08.2007

Eine großangelegte amerikanische Studie stellt ernüchternd fest: Je unterschiedlicher eine Gemeinschaft zusammengesetzt ist, desto mehr neigen die Menschen zum Misstrauen und Rückzug.

Wird eine Gesellschaft durch Zuwanderer reicher? Die einen bejahen dies freudig, andere haben Angst vor Überfremdung. Eine großangelegte Studie unter Leitung des renommierten amerikanischen Sozialforschers Robert Putnam (Harvard University) stärkt nun die Argumente der Gegner von multikulturellem Zusammenleben: Je höher die Diversität in einer Gemeinschaft ist, desto geringer ist ihr soziales Kapital, so das Ergebnis, das soeben das Online-Magazin Telepolis veröffentlicht.

Die Studie, die Putnam in Zusammenarbeit mit der Universität von Manchester durchführte, dürfte die größte ihrer Art sein: über 30.000 Personen aus 41 "communities", verstreut über die ganzen USA und aus den unterschiedlichsten Lebensverhältnissen wurden interviewt: Weiße, Latinos, Schwarze und Asiaten. Putnam ist übrigens ein engagierter Wissenschaftler, der sich öffentlich immer wieder für zivilgesellschaftliche Beteiligung stark macht; eine amerikanische Zeitung bezeichnete ihn vor kurzem als "nationalen Guru des Bürgerengagements".

Putnam interessiert das soziale Kapital. Damit meint er den Nutzen, den soziale Netzwerke und damit verbundene elementare Werte wie Austausch und Vertrauen anhäufen. Als konkretes Beispiel führt der Sozialwissenschaftler an, dass etwa die meisten Jobs über soziale Netzwerke vergeben werden. Und das soziale Kapital, so ergaben die Auswertungen von Putnam und seinem Team, nimmt mit dem Maß der Diversität der Gemeinschaft ab. Je unterschiedlicher eine Gemeinschaft zusammengesetzt ist, desto kleiner wird das soziale Kapital der Community: Die Bewohner haben weniger enge Freunde und Vertraute, sehen mehr fern zur Unterhaltung, haben ein geringeres Vertrauen in den eigenen Einfluss und die Gestaltungsfähigkeit, erwarten weniger Kooperation anderer, nehmen sich als weniger glücklich wahr und stufen ihre Lebensqualität niedriger ein und auch die Wahlbeteiligung ist niedriger. Die Studie demonstriere, so Putnam, dass sich Menschen in solch heterogenen Gemeinschaften immer weiter zurückziehen - wie Schnecken. Das Misstrauen gegenüber anderen sei vorherrschend, es wird defensiv agiert - und nicht offensiv aggressiv, wie das gerne angenommen wird. Und Defensivität herrscht nicht nur gegenüber den „anderen“ vor, sondern bestimmt auch den Umgang mit der eigenen Gruppe.

Derartige Veränderungen stellen eine Herausforderung für die Gesellschaft dar, so Putnam. Seien sie aber gemeistert, dann würden sich langfristig positive Perspektiven ergeben: "Erfolgreiche Zuwanderergesellschaften erfinden neue Formen der sozialen Solidarität und mindern die negativen Aspekte der Diversität, in dem sie neue Identitäten mit wesentlich mehr Mitgefühl aufbauen". (tw)

Weitere Informationen:
www.heise.de
www.blackwell-synergy.com

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