Jürgen Hargens

Werkstattbuch Systemisches Coaching. Aus der Praxis für die Praxis. Dortmund: Borgmann.

Rezension von Thomas Webers

3 Min.

Aus der Praxis für die Praxis, da mag sich der Leser fragen, was da wohl kommen mag: Banales, eine Rezeptsammlung...? Doch Skeptiker werden hier positiv enttäuscht: Dieses Buch erlaubt einen gnadenlosen ehrlichen und erhellenden Einblick in die Praxis hochprofessionell arbeitender Coachs. Es ist, um keine Irritationen aufkommen zu lassen, höchst gelungen und wertvoll - auch, weil es im wahrsten Sinne des Wortes ein Werkstattbuch ist, ein Buch, das man durcharbeiten muss, aus dem man lernen kann. - Und die besagten Rezeptsammlungen haben in der Regel zumeist ja auch einen ultimativ peppigeren Titel, was zu ihrer Entlarvung beitragen mag.

Die versammelten Autoren, neben dem Herausgeber Jürgen Hargens, der in der Szene seit vielen Jahren bekannt und als systemischer Coach durchaus berühmt ist, treffen wir hier auf weitere ebenfalls bekannten Charakterköpfe: Beispielsweise auf den Peter Szabó und seinen Kollege Daniel Meier. Weitere lernt man hier mit Genuss kennen: Den "Douglas Adams" (Per Anhalter durch die Galaxis) des Coachings - oder sollte man ihn eher "österreichisches Urviech" nennen? - Eugen Prehsler. Den "Grüßjohann" Gerald Grüssl mit seinem "etwas anderem Vorwort". Oder Michael Dahm-Landsberg, der uns das dreidimensionale Navigieren beim Coachen erklärt. 

Alle Autoren, und da kann man auch den das Vorwort beisteuernden Bernd Schmid hinzuzählen, verbindet der systemische Ansatz und die Orientierung am Gedankengut der Kurzzeittherapie nach Steve de Shazer und Insoo Kim Berg. Und sie lassen die Leser tief in ihre Praxis hinein schauen, zeigen ihnen ihr Vorgehen an konkreten Fällen auf, diskutieren und begründen ihr Vorgehen. Keine leichte Kost, weil sie Mitdenken und Nachvollziehen, eigenes Infragestellen erfordern, aber eine sehr erbauliche, weil erhellende und anregende Lektüre. 

In ihrer Vielfalt und eben auch Vergleichbarkeit bringt diese Sammlung an Aufsätzen dem eher erfahrenen Anwender gar manche Anregung, vielleicht auch Bestätigung, sicher aber einigen Stoff zum Reflektieren - ja, Theorie gibt es auch in diesem Buch, und zwar solche, von der Kurt Lewin meinte, dass nichts so praktisch sei wie eine gute Theorie. Dem weniger bewanderten Anwender mag dieses Büchlein eröffnen, dass was oft so leicht und einfach aussieht, höchste Disziplin, Reflektiertheit und Übung erfordert - selbst so "respektloses Poltern" wie von Eugen Prehsler berichtet, verlangt höchste Sensibilität für den und Können im Coaching-Prozess. Ein Buch also, das hilfreich ist und sicher sein wird, und dem man viele Leser wünscht.
 

Nach oben