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Bettina von Troschke, Bernhard Haas

Teamcoaching: Exzellenz vom Zufall befreien. Wiesbaden: Gabler.

Rezension von Dr. Walter Schwertl

3 Min.

Der Titel, ein handliches Format und ein optisch schöner Einband machten positiv gestimmt neugierig. Zusätzlich ist Coaching von Teams mit einer interessanten praktischen, aber auch theoretischen Herausforderung verbunden, nämlich Methoden und Theoriereferenzen zur Verfügung zu stellen, die einem Mehr-Personen System gerecht werden. Ungefähres über Gruppen oder eine wolkige Form Plural von Mensch ist hier nicht mehr ausreichend. Wenn Exzellenz vom Zufall befreit werden soll, hängt die Messlatte nochmals höher.
Eine erste Durchsicht lässt auf ein ambitioniertes, reichhaltiges und vom Umfang her angenehmes Buch schließen. Checklisten, Fragen, Fotos, Zeichnungen, Tabellen und viele andere Listen verweisen auf didaktisches Geschick. Nimmt man all dies nur als Beiwerk für Praktiker und beginnt, sich in das Buch zu vertiefen, sind Irritationen kaum vermeidbar. Es beginnt damit, dass Team-Coaching als Führungsaufgabe und Führungsstil definiert wird. Dies wird in keiner Weise argumentativ oder durch Referenzen abgesichert. Immerhin würde es bedeuten, die Mitarbeiter verständnisvoll, indirekt und wertschätzend in ihrer Entwicklung zu fördern. Kennzahlen, Zielvereinbarungen, Entlassungen, Disziplinierungen, Verantwortung für Andere würde es in Folge dann als Aufgabe der Führungskräfte nicht mehr geben. Eine Erörterung dieser Konsequenzen findet nicht statt. Wir werden schnell um zwei weitere grundsätzliche Markierungen bereichert: Alles ist mit allem irgendwie verbunden, alles ist konstruiert und wo Menschen agieren, menschelt es. Dies ist noch weniger als Vulgärkonstruktivismus. Passend hierzu wird später die Leistung eines Coachs mit der Konsistenz seines Rückgrats definiert. Es heißt, er müsse vor allem ein starkes Rückgrat haben.
Eine weitere Schwäche des Buchs besteht darin, dass die Wahl der Methoden, der Sprachduktus den Unterschied zwischen Therapie und Coaching verwischt. Systemische Aufstellungen in einem Buch über Business-Coaching dürfen natürlich nicht fehlen. Hier dient die Hypothese, dass nicht berufliche Lebensaspekte indirekt Einfluss auf Teamleistungen haben können, zur Begründung von Familienaufstellungen in Teams. Von Wahrung und Beschützen persönlicher Grenzen, von Recht auf Intimität der Angehörigen auf Grenzen war leider nicht die Rede. Der Umstand, dass Aufstellungsrituale als mittelalterliche Beugerituale, die unter Sektenverdacht stehen (Stichwort: morphologisches Feld) kritisiert werden, wird nicht erörtert. Zusätzlich stören immer neue Plattitüden (eigentlich bin ich ganz anders, aber ich komme so selten dazu).
Es wird immer unklarer, handelt es sich um ein Buch über Gruppentherapie mit neuer Wortwahl, ein Coaching-Lehrbuch oder eine Methodensammlung ohne Theoriereferenz. Stattdessen wird Team-Coaching als multifunktionale Allzweckwaffe gepriesen. Behauptungen, wie mit Teamarbeit werden mehrheitlich gute Erfahrungen gemacht, werden nicht belegt. Über weite Strecken gewinnt man den Eindruck, dass die armen Teams nur im Sinne des Nürnberger Trichters mit den vorgestellten Instrumenten bearbeitet werden müssen, dann mutieren sie wie gewünscht.
Systemtheoretisch argumentiert wird das hohe Lied der instruktiven Intervention gesungen. Der Mensch als triviale Maschine, der nur mit den richtigen Instrumenten bearbeitet werden muss, theoretisch längst überwunden, wird hier als Exzellenz angeboten. Deutliche handwerkliche Fehler sind zu bemängeln. Im Text genannte Autoren (z. B. Peter Drucker) sind nicht im Literaturverzeichnis enthalten und angegebene Literatur taucht nicht im Text auf. Die üblichen Zitatverweise fehlen ebenfalls.
Ein Fazit: Coachs leben von Sprache. Ihre Operationen erfolgen im Modus von Kommunikation und deren Gesetzmäßigkeiten. Eine trivialisierende Umgangssprache im Stile von Gebrauchsanweisungen und Rezeptologien kann die Komplexität von Coaching-Prozessen nicht passend abbilden. Coaching in Exzellenz kann und darf sich solche Trivialisierungen nicht erlauben. Schade, es hätte mehr daraus werden können. Empfehlung: geeignet nur für Liebhaber einfacher Rezepte.

Dr. Walter Schwertl

Schwertl & Partner Beratergruppe Frankfurt
office@schwertl-partner.de