Jörg Friebe

Reflektierbar. Reflexionsmethoden für den Einsatz in Seminar und Coaching. 2. Auflage.

Rezension von Michael Tomoff

3 Min.

Über sich nachzudenken, kann manchmal Spaß machen und häufig auch wehtun. Hat man wertvolle Fragen, spielerische Methoden und wendet diese durch erfahrungs- und handlungsorientiertes Lernen an, kommt man an Persönlichkeitsentwicklung nicht vorbei.

Jörg Friebe ist Outdoortrainer, Erlebnispädagoge, Kommunikationsberater und systemischer Organisationsentwickler und bildet seit vielen Jahren Trainer und Trainerinnen aus. Auch der Fakt, dass er Vater von fünf Kindern ist, schenkt dem Thema (Selbst-)Reflexion aus seiner Feder eine gewisse Authentizität.

In „Reflektierbar” bietet Friebe auf Basis der Gesprächsprinzipien der gewaltfreien Kommunikation (gfK) sowie des eingängigen Riemann-Thomann-Modells (zur Identifikation von Grundbedürfnissen wie Dauer und Wechsel, Nähe und Distanz) zusätzliches Kontextwissen. Weiterhin sind die verschiedenen Interventionen ausgestattet mit Informationen zu Gruppenkonstellation (Einzel-, Paar-, Klein-, Halb- oder Gesamtgruppe), der Teilnehmeraktivität (von ruhig bis bewegt), der Dauer und den Materialanforderungen. Zuletzt gibt der Autor anhand der Übungskarten auch einen Überblick auf Grundlage der Theorie U und deren verschiedenen Ebenen und Blickwinkeln.

Meiner Meinung nach hätten Kategorisierungen wie die nach der Theorie U oder den zehn Handlungsformen (reden, schreiben, zeichnen, gestalten, auswählen etc.) auch wegfallen können, denn sie bringen zwar einen weiteren pädagogischen Blickwinkel ins Spiel, sind aber für die Übersicht der Methoden nicht notwendig oder zuträglich.

Inhaltlich findet der Leser eine tolle Mischung vor, die sich vom kurzen Überblick verschiedener Konzepte (z.B. der Themenzentrierten Interaktion oder dem Komfortzonenmodell) über ganz konkrete Übungen der Einzel- oder Gruppenreflexion spannt.

Einer meiner Favoriten unter den vielen sehr nützlichen und zu einer Vielzahl von Zielen einsetzbaren Reflexionsmethoden sind die Team-Geister (S. 113). Welche Geister prägen vornehmlich das Klima der Gruppe? Ist es der Kampf-Geist, der Freigeist oder vielleicht doch eher der Poltergeist? Welche Geister fehlen vielleicht noch (die gute Fee?) und wie könnte das realisiert werden?

Eine „echte Schatzkiste” (S. 101) kann nicht nur die für jeden Teilnehmer wertvollsten Learnings beherbergen, sondern auch als nachhaltige Intervention für zu Hause kreiert werden: schöne Fotos speichern Erinnerungen, ausgedruckte Lob-E-Mails erfreuen das Herz in schwierigen Momenten, emotional positiv aufgeladene Gegenstände finden ein Zuhause. Erfolge können damit genauso gut gefeiert und sichtbar gemacht wie eigene Ressourcen erneut ins Gedächtnis gerufen werden.

Und zuletzt als schöne Übung für konfliktschwere Gruppen legt jede Person einer Gruppe mit Gegenständen im Raum ein Gebiet aus, das diese Person als „Mein Claim” (S. 157) abstecken möchte. „Wie groß ist mein Feld?”, „Wie offen und einladend oder abgrenzend möchte ich sein?” oder „Neben wem will ich mein Gebiet haben?” sind spannende Fragen, ebenso wie die Frage nach den ausgewählten Gegenständen, die das eigene Gebiet abstecken.

Fazit: Vielfalt, Kontext für Betrachtung der Methoden unter verschiedenen Theorien und eine schlanke Übersicht der Rahmenbedingungen für jede Übung machen „Reflektierbar” zu einem effektiven und effizienten Nachschlagewerk.

Michael Tomoff

Dipl.-Psych.
michael@tomoff.de
www.tomoff.de 
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