Bill O'Hanlon

Probiers mal anders! Zehn Strategien, die Ihr Leben verändern. Heidelberg: Carl Auer.

Rezension von Dr. Christine Kaul

3 Min.


Menschen, die ihre Fahrerlaubnis schon länger als etwa zwei Jahrzehnte haben, werden bei diesem Buch ein intensives Gefühl des Wiedererkennens haben. Ja, so war das damals, als es zu jedem Fahrzeugmodell ein Do-it-yourself-Taschenbuch gab: Springt die Karre nicht an, dann sind nacheinander verschiedene Prüfschritte zu unternehmen, um dem Problem beizukommen. In ähnlich methodischer, einfach nachvollziehbarer Vorgehensweise will O’Hanlon seiner Leserschaft beibringen, wie die Selbstreparatur schnell und effizient erfolgen kann.
Für die Lektüre und das Verständnis des Buches ist es nützlich, dass sich der Lesende vor Augen hält, dass schon in der US-amerikanischen Verfassung den Bürgern das Recht auf Glück und die Suche danach ("the pursuit of happiness") garantiert wird. Der Autor lässt den Lesenden frühzeitig - und sozusagen als Testimonial in eigener Sache - wissen, dass er selbst erfolgreich bei der Suche nach Glück war: Er lebt in einer "wunderbaren Ehe", ist beruflich erfolgreich, hat ein gutes Einkommen, reist durch die Welt - und dies ist sein 17. Buch, das wir in Händen halten.
Alles ist im Grunde einfach zu erreichen und nach etwa der Hälfte des Buches wird der zielführende Dreisprung prägnant formuliert:
1. Man mache sich ein klares Bild von Zielzustand (z.B. "wunderbare Ehe"?).

2. Man identifiziere mögliche Hindernisse auf dem Weg.

3. Man stelle einen Plan auf, wie man mit den Hindernissen umgehen wird, wenn sie auftauchen.
Wesentliche Kernaussage des Buch ist: Wie kann man erwarten, dass sich etwas ändert, wenn man immer wieder dasselbe tut? "Es ist idiotisch, immer wieder dasselbe zu tun und trotzdem unterschiedliche Ergebnisse zu erwarten", wie Teil I des Buches heißt.

Im Teil II werden verschiedene Möglichkeiten dargestellt, die eigene Problembetrachtung bzw. das eigene Problemlöseverhalten zu verändern und der Teil III widmet sich einzelnen schwierigen Lebenssituationen. (Dort findet sich im Übrigen der wundervolle Satz: "Der einzig Unterschied zwischen einer Furche und einem Grab ist die Größe").
Das Buch ist sehr strukturiert und gliedert sich in zehn Lösungsschlüssel, denen zwischen zwei und zehn Methoden nachgeordnet sind, die wiederum gelegentlich in verschiedenen Schritten absolviert werden können. Jeder Methode ist eine - auch optisch hervorgehobene - Beispielgeschichte zugeordnet. Die Methode wird am Ende noch einmal zusammengefasst, wie auch am Ende der Darstellung des Lösungsschlüssels eine Zusammenfassung gegeben wird. Auf diese Weise liest der Rezipient fast alles mindestens dreimal: Da kann ja eigentlich nichts mehr schief gehen.
Trotz dieser überklaren pseudologischen Struktur geht dem Leser der Überblick und die Orientierung verloren. Er verirrt sich im Labyrinth der Methoden, Schlüssel, Beispiele und immer wieder der Zusammenfassungen, die gelegentlich auch dort erfolgen, wo gar kein Material vorgeführt wurde, das zusammengefasst werden könnte. So wird bei der sechsten Methode des vierten Lösungsschlüssels nach einem kurzen Beispielfall einfach die Überschrift zusammenfassend paraphrasiert.
Das Buch ist enttäuschend, so unterhaltsam es für diejenigen sein mag, die gerne skurrile Fallbeschreibungen lesen und fassungslos staunen können über die psychischen Selbstbehinderungen Anderer: "Was es nicht alles gibt…". Vom Inhalt bleiben allenfalls einige plakative Sätze, Sentenzen, Erkenntnisse hängen; wohl vor allem deshalb, weil das Gehirn sie als "bereits bekannt" identifiziert oder sie einfach witzig sind (wie der oben erwähnte Furche-Satz).
Wer Bücher Carl Auer Verlages kauft, erwartet durchaus Sprachwitz und unterhaltsames Lesen von schwierigen Sachverhalten; eine verlagsgeleitete Kaufentscheidung wird in diesem Fall für die meisten aber zu Enttäuschung führen. Empfehlenswert nur für Sammler von populärwissenschaftlichen Ratgebern.

Dr. Christine Kaul

willkommen@kaul-coaching.de
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