Mechtild Erpenbeck

Mitschwingen und Dazwischengehen. Systemisch-gruppendynamische Prozesskompetenz in Beratung und Training

Rezension von Jan-Christoph Horn

2 Min.

Mechtild Erpenbeck, die mit „Wirksam werden im Kontakt“ (4. Aufl., 2021) eine gelungene Einführung in die Haltung systemischer Beratung geschrieben hat, legt mit „Mitschwingen und dazwischengehen“ ein Buch vor, in der sie sich des systemisch-beraterischen Handelns in der Wirklichkeit einer Gruppe versichert. Systemische Beratung macht sich konzeptionell von Hause aus wenig Gedanken um das Setting und so ist es gut, dass systemische Berater und Beraterinnen, die sich im Mehrpersonenkontext bewegen, Bewusstsein und Handlungswissen vermittelt bekommen. Erpenbeck verbindet dafür ihre Expertisen in systemischer Beratung und Gruppendynamik miteinander.

Die dynamischen Titelworte des Buches finden sich in der Anlage des Bandes wieder. Über systemisch-gruppendynamische Prozesskompetenz wird nicht einfach referiert, sondern die Lektüre bildet den Prozess Schritt für Schritt ab: von der definitorischen Klarheit („Kleine Artenkunde“) und Phänomenen des Anfangs über Prozessinterventionen bis zu den Abschieden.

Es ist für Berater bzw. Beraterinnen als Prozessgestalter bzw. Prozessgestalterinnen ertragreich, dass Erpenbecks Interesse nicht in einer Einführung in Gruppendynamik liegt, sondern in der Kompetenz der Begleitung von Gruppen. Entsprechend verlangsamt sie an den richtigen Stellen: Die Begleitung von Gruppenprozessen benötigt sowohl einen „anderen Blick“ auf ab- und mitlaufende Prozesse als auch emotionale Kompetenz in Achtsamkeit in Bezug auf sich, die anderen und das Miteinander. Umgekehrt verkünstelt sich die Autorin nicht in systembeschreibender Komplexitätsbewunderung, sondern leitet in Handlungsorientierung über: „Qualifiziert im Nebel stochern“. Das ist augenzwinkernd leicht und sinnstiftend tief formuliert und spricht für das gesamte Buch: Die Sprache entfaltet sich häufig entlang von Metaphern, der Stil wird durch die kurz und bündig gehaltenen Kapitel geprägt und die Ansprache an die Lesenden ist durchweg zutrauend. Das ist gekonnt. 

Drei Tiefenbohrungen beschäftigen sich mit Macht, Gender und Vertrauen in Gruppen. Dies ist keineswegs nur dem Zeitgeist, sondern den fundamentalen Prägungen in Gruppen geschuldet. Daher erhalten diese Themen mit recht mehr Aufmerksamkeit. 

Fazit: Das Thema des Buches gehört zu den Must-haves professioneller Beratung. Das Buch beschäftigt sich sehr empfehlenswert damit.

Jan-Christoph Horn

janchrhorn@icloud.com

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