Annette-Christina Kopatz

Kosten-Nutzen-Analyse von Coachingmaßnahmen. Tools, Prozess und Wertschöpfung.

Rezension von Prof. Dr. Frank Strikker

3 Min.

Annette-Christina Kopatz hat sich mit ihrer Dissertation ein schweres Terrain vorgenommen: Es geht um die Kosten-Nutzen-Analyse von Coaching-Maßnahmen. Die Herausforderung besteht vor allem darin, dass die Autorin ein klassisches „people business“ mit ökonomischen Kategorien analysieren möchte.
Der Ansatz ist als innovativ zu bewerten, da die Autorin quantitative und qualitative Forschungsmethoden trianguliert (kombiniert). Bei der explorativen Studie werden aus drei Unternehmen, die Coaching-Maßnahmen durchführen, jeweils drei Personengruppen befragt: Klienten, die Vorgesetzten der Klienten und eine Kontrollgruppe, die kein Coaching erhalten hat. Allein dieser Zugang verspricht spannende Erkenntnisse, da mit den Vorgesetzten eine zusätzliche Feedbackqualität gewonnen werden kann. Zudem dient die Kontrollgruppe zur Absicherung der Ergebnisse im Sinne der wissenschaftlichen Erfordernisse. Die gewählten Indikatoren werden durch leitfadengestützte Interviews mit Coaches abgesichert. 
Auf der theoretischen Ebene bieten die Systemtheorie und die Handlungskontrolltheorie den angemessenen Rahmen. Für die Praktiker ist zu erwähnen, dass die Autorin sich sogar
mit einzelnen Tools und ihrer Nutzenfunktion beschäftigt. Dieses Ansinnen dürfte in der bisherigen Coaching-Forschung einmalig sein. Als besondere Wirkungsfelder werden beispielsweise Selbstreflexion, Selbstorganisationsfähigkeit und Veränderungskompetenz hervorgehoben (S. 112ff). 
Im Ergebnis ihrer Untersuchung entwickelt Kopatz ein Modell der Nutzendimensionen von Coaching, in dem immaterieller wie materieller Nutzen platziert sind und die Auswirkungen von Coaching auf Organisations- und Personalentwicklung in den drei Kategorien kognitiver, emotionaler und verhaltensbezogener Nutzen differenziert werden. Die Nutzendimensionen werden als Teil eines dynamischen Prozesses verstanden und können die Kontextvariablen wie Unternehmenskultur, Persönlichkeit oder Situation des jeweiligen Arbeitsprozesses angemessen berücksichtigen. Mit diesem Wissen entwickelt Kopatz eine differenzierte Formel zur Abbildung einer Kosten-Nutzen-Relation von Coaching-Maßnahmen. 
Auf der Basis ihrer Ergebnisse weist Kopatz auf einige zentrale Faktoren hin, die den Nutzen von Coaching weiter erhöhen können. Dazu gehören die systematische Implementierung von Coaching-Maßnahmen im Unternehmen, die differenzierte Auswahl von Coaching-Anlässen, die Themenfelder Selbstmanagement und Veränderungskompetenz sowie die Durchdringung aller Managementebenen mit Coaching, um eine gegenseitige Verstärkung von Einzeleffekten zu erreichen. Zudem deutet Kopatz an, dass eine offene Unternehmenskultur und Weiterbildung sowie Potenzialförderung sich gegenseitig bedingen und stärken können (S. 145). 
Abschließend soll darauf hingewiesen werden, dass die Dissertation an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Universität Bielefeld angenommen wurde und damit die Interdisziplinarität der Arbeit wie auch der Autorin, die ursprünglich Diplompädagogin ist, bestätigt. 
Fazit: Insgesamt bietet die Untersuchung eine überzeugende, empirisch abgesicherte und verschiedene Dimensionen berücksichtigende Antwort auf die Frage vieler Coaches und Auftraggeber: Was bringt Coaching?

Prof. Dr. Frank Strikker

Frank.Strikker@Euro-FH.de

 

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