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Eric D. Lippmann

Intervision. Kollegiales Coaching professionell gestalten (2., akt. Aufl.). Heidelberg: Springer.

Rezension von Dr. Klaus Stulle

3 Min.

Wie schreibt man – erfolgreich – ein ganzes Buch über ein Vorgehen, das im Prinzip in wenigen Sätzen erklärt ist? Im konkreten Fall geht es um kollegiales Coaching. Dieses basiert darauf, dass eine Gruppe von gleichrangigen Angestellten (in der Regel Führungskräfte) sich mit einem Experten als Moderator trifft und überwiegend selbstgesteuert Probleme und Schwierigkeiten aus der Praxis bespricht. Diese Idee wurde auch schon im Unternehmen des Rezensenten angedacht und dort etwas despektierlich unter dem Arbeitstitel „Anonyme Führungskräfte“ gehandelt – angelehnt an die weitreichenden Erfahrungen aus verschiedensten Selbsthilfe- und Therapiegruppen.

Doch dem Autor – Trainer, Coach und Dozent am IAP in Zürich – gelingt es, über den engen „Tellerrand“ dieses Unterfangens zu schauen, eine Menge Wissen verständlich zu vermitteln und dabei stets auch den Praxisbezug zu gewährleisten. So bemüht er sich zunächst um eine Unterscheidung ähnlich klingender Konzepte wie (Einzel-/Gruppen-) Supervision und Intervision. Etwas weiter in die Theorie reicht dann die Betrachtung von Rollen, Normen sowie die Erkenntnisse zu Gruppenprozessen. Zu Teambuilding oder Konflikten im Team wurden schon zuvor viele Seiten gefüllt, aber die Beschreibungen von Lippmann sind durchweg griffig und gut nachvollziehbar.

Noch stärker praxisorientiert ist dann der anschließende Abschnitt, der sich mit den Modellen und Methoden für kollegiales Coaching beschäftigt. Hier findet sich eine wirklich schätzenswerte Zusammenstellung von klassischen Instrumenten der Gruppenmoderation, vom Harvard-Konzept über Mindmapping, Beziehungslandkarten bis hin zur Systemdarstellung mit Holzfiguren oder anderen symbolischen Hilfsmitteln. Über den Fokus des Gruppen-Coachings hinaus findet der Novize allerhand Hilfsmittel im Umgang mit schwierigen Gesprächssituationen, die zur Zeit als „state-of-the-art“ gelten können. Auch der Fachmann nimmt es nicht übel, bei den hier vorgestellten Werkzeugen auch auf „alte Bekannte“ zu stoßen. Insbesondere im Bereich der Fragetechniken wie „Wunderfrage“, zirkulären, dissoziierenden oder paradoxen Fragen oder den „fünf Warums“ ergeben sich direkte Berührungspunkte mit der systemischen Therapie und/oder dem Einzel-Coaching. Auch Reflecting-Team, Brainstorming (mit 6-5-4-Methode) oder das Doppeln von Einzelbeiträgen wurden schon in anderen Kontexten erfolgreich angewendet, eignen sich aber in besonderer Weise auch für das Gruppen-Coaching.

Im letzten Abschnitt erläutert Lippmann dann aber auch konkret die erforderlichen Schritte, um Intervisionsgruppen erfolgreich im Unternehmen einzuführen. Insgesamt erlebte der Rezensent das hier besprochene Buch als eine willkommene Lektüre zu einem zeitgemäßen, wenngleich nur vereinzelt praktiziertem Thema. Erleichtert wurde dies auch durch die ansprechende Aufmachung, unterstützt durch gut ausgewählte Cartoons und den überschaubaren Umfang, so dass der Käufer sich am Ende über eine gelungene Investition freuen wird. Die Tatsache, dass der Titel mittlerweile nun kaum verändert in der zweiten Auflage erscheint, mag diese allgemein wohlwollende Bewertung unterstreichen.

Dr. Klaus Stulle