Mirja Anderl, Uwe Reineck

Handbuch Prozessberatung. Für Berater, Coaches, Prozessbegleiter und Führungskräfte. (2., überarbeitete und erweiterte Auflage).

Rezension von Björn Rohde-Liebenau

2 Min.

Was ist eigentlich Prozessberatung? Dazu stellen Mirja Anderl und Uwe Reineck ihrem Buch „Zehn bestreitbare Grundannahmen“ voran – Schlaglichter, die eher anregen als abgrenzen sollen. In Teil 1 vertiefen die Autoren ihre Annäherung und erläutern, auf welche Wurzeln (Kurt Lewin und Jakob Moreno) und Leitfiguren (Ed Schein) sie die von ihnen dargestellte Prozessberatung zurückführen und wie diese insbesondere von der Moderation abzugrenzen ist.

Prozessberatung, so erschließt es sich aus dem Buch, ist eine durchaus direktive Begleitung von Gruppen und Organisationen in Veränderungsprozessen. Prozessberater sind keine quasi neutralen Coaches oder Moderatoren. Vielmehr haben sie eine konkrete Vorstellung, wo es hingehen soll, und bewerten die bestehenden Prozesse im wohlmeinenden Interesse eines radikalen Wandels.

Als Anlässe oder Einsatzszenarien werden Einschnitte und Entwicklungsprozesse genannt, vom neuen Chef über Sanierungs- und Personalabbaumaßnahmen bis hin zu Fusionen und Übernahmen. Verallgemeinert ausgedrückt handelt es sich um Situationen, in denen blinde Flecken entstanden sind und jegliche Veränderung Sorgen und Ängste auslöst. Hier sorgen dann Prozessberater mit ihrem Know-how einerseits für Vertrauen und Sicherheit (Begleitungsfunktion) und brechen gleichzeitig mit (den Profis oft doch vertrauten) Interventionen verkrustete Strukturen auf.

Neben umfangreichen Literatur- und Stichwortverzeichnissen enthält das Buch ein siebenseitiges Register der vorgestellten Methoden, die alphabetisch nach 34 Themen, einschließlich stichwortartiger Kurzbeschreibung, dargestellt werden.

Fazit: Das Handbuch liefert mit seinem „unerhörten Ansatz“ erfrischende Antworten zum komplexen Themenfeld Prozessberatung. Die Autoren bieten dem Leser dank der ungeheuren Methodenvielfalt einen breiten und umfassenden Einblick. Implizit warnt das Autorenduo jedoch: Prozessberater müssten mindestens ebenso konfliktfreudig wie mutig und freundlich sein. Denn vielleicht wird kein Stein auf dem anderen bleiben. Und: Prozessberater sollten die Methoden verwenden, die zu ihnen passen und sich an der Gruppe ausrichten – Haltung ist alles.

Björn Rohde-Liebenau

Ombudsmann, Mediator und Coach
RCC@risk-communication.de
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