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Oliver König, Karl Schattenhofer

Einführung in die Fallbesprechung und Fallsupervision.

Rezension von Thomas Webers

3 Min.

Es soll Coaches geben, die halten sich für dermaßen erfahren, dass sie keine Supervision brauchen. Leider! Denn eine solche Haltung ist unprofessionell. Jeder Mensch hat einen blinden Fleck, ist mal unaufmerksam, lässt sich mal verstricken. Doch jeder Coach kann immer wieder neu schauen, staunen und lernen. Supervision ist daher ein professionelles Muss für jeden Coach.

Oliver König und Karl Schattenhofer sind nicht nur lange schon im Supervisionsgeschäft tätig, sondern altgediente Gruppendynamiker. Diese Verbindung erweist sich als Mehrwert. Ihr Büchlein "Einführung in die Fallbesprechung und Fallsupervision" führt nicht nur in die Geschichte der Supervision ein, sondern legt auch ganz praktisch die konzeptionellen Grundlagen dar. Sie spannen den Bogen zwischen Reflexion und Kontrolle. Dabei benennen sie Schamgefühle und Angst vor dem Scheitern als zentrale Emotionen, die beim sozialen Vergleich entstehen können: „Wie gut und kompetent mache ich meine Arbeit, die in der Regel unter Ausschluss der kollegialen Öffentlichkeit stattfindet, im Vergleich zu anderen?“ (S. 38). Was einerseits beunruhigen mag, kann auf der anderen Seite allerdings auch Bestätigung geben und dient allgemein der Qualitätssicherung und -entwicklung.

Fallbesprechungen bewähren sich nur, wenn sie ein Geben und Nehmen sind. Die Autoren stellen verschiedene Settings vor: Gruppensupervision, Fallbesprechungen in der Organisation, solche in einer Ausbildungsgruppe, solche im Team und solche zu zweit. Auf jeden Fall ist die Komplexität einer Gruppe eine zentrale Ressource. Sie ermöglicht Multiperspektivität. Formale Kontraktaspekte sind natürlich wichtig, damit die vertrauensvolle Arbeit starten kann und sich erfolgreich etabliert: Ziele, Arbeitsebenen, Rollen, zeitliche und räumliche Anforderungen et ceterac. Fehlen dürfen natürlich auch nichtebensowenig ein typischer Phasenverlauf, der Struktur gibt, Hinweise zu einsetzbaren Methoden sowie solche zum Thema Datenschutz, Anonymisierung und Vertraulichkeit.

Die Autoren verstehen den Fall als Erzählung, die verstanden werden will. Hierbei geht es nicht nur um unterschiedliche Wirklichkeitskonstruktionen, sondern gleichfalls darum, dass eine Erzählung eine Beziehungsgestaltung im Hier und Jetzt ist. Womit ein gruppendynamisches Kernstück thematisiert wird: Das Da und Dort korrespondiert mit dem Hier und Jetzt. Der Fall bildet sich in der Gruppe ab und die Gruppe sich im Fall. Resonanz findet statt. Und damit kann man produktiv arbeiten, das ist eine alte Erkenntnis der Gruppendynamik. An einer größeren Fallgeschichte wird dies konkret vorgeführt. So werden diverse Haken und Ösen sichtbar und auch, wie geschulte Supervisioren damit umgehen.

Die Multiperspektivität des Verstehens ist eine wertvolle Ressource für alle Beteiligten. Die Autoren deklinieren dazu verschiedene Ebenen von der inneren Welt bis zur äußeren Welt durch. Fehlen dürfen auch nicht Anmerkungen zur Rolle der Leitenden bei Fallbesprechungen. Zum Schluss bilanzieren die Autoren Funktionen der Fallsupervision für den Coach: Entlastung, Kompetenzentwicklung, Kooperationssteigerung.

Fazit: Die Leserschaft hat ein schönes, kompaktes Büchlein in der Hand, das Orientierung gibt – und Lust macht auf die Arbeit in der Supervision.