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Sonja Radatz

Einführung in das systemische Coaching. Heidelberg: Carl-Auer.

Rezension von Thomas Binder

3 Min.

Dies ist ein weiteres Buch der sehr gelungenen compact-Reihe aus dem Carl-Auer Verlag, eine Reihe von kurzen Einführungen zu verschiedenen systemischen Themenbereichen. Insofern darf man erwarten, dass das häufig breit getretene Thema "systemisches Coaching" hier kurz und übersichtlich in den wesentlichen Grundaspekten erklärt wird. Kann es diesen Anspruch erfüllen? 

Sonja Radatz, der vor einigen Jahren mit "Beratung ohne Ratschlag" ein interessantes und in Beraterkreisen recht bekannt gewordenes Buch gelang, hat sich dieser Aufgabe erfolgreich gestellt. Heraus gekommen ist ein gut lesbarer und viele praktische Anregungen gebender Überblick zum systemischen Ansatz im Coaching. Wenngleich - und das gleich vorneweg - eher ein Buch entstanden ist, das "Systemisches Coaching nach Radatz" heißen müsste, und einen Schwerpunkt auf den lösungsorientierten Ansatz von Steve de Shazer setzt. 

Im ersten Kapitel (Coaching ein gemeinsamer Tanz) wird knapp dargestellt, was das Besondere beim systemischen Coaching ist und inwiefern es sich von anderen Coaching-Ansätzen abhebt. Darauf folgt ein Überblick über systemisches Fragen, die als Kern des systemischen Arbeitens verstanden werden. Hieran schließt sich ein Kapitel über den Ablauf systemischen Coachings an, in dem die einzelnen Phasen anschaulich vorgestellt werden. Interessant sind die sehr strukturiert dargestellten Coaching-Instrumente im darauf folgenden Kapitel sowie deren Zuordnung zu verschiedenen Themenstellungen, so dass man einen guten Überblick erhält, wann diese einsetzbar sind. In weiteren Kapiteln wird dargestellt, wie man systemisches Coaching in speziellen Situationen (z. B. Coaching des eigenen Vorgesetzten) anwenden sowie Aspekte davon in Alltagssituationen mit einbringen kann. Abgerundet wird das Buch durch ein kurzes Kapitel zum Selbst-Coaching. 

Einige Stellen des Buches wirken - sicherlich durch die Kürze der Darstellung - etwas unrund. Beispielsweise wenn betont wird, dass man der Situationsschilderung keinesfalls mehr als drei bis fünf Minuten widmen sollte und in der Übersicht zum Coaching-Ablauf dann fast zwanzig umfangreiche Fragen zu diesem Punkt aufgeführt werden. Ein ähnliches Gefühl beschleicht einen, wenn beschrieben wird, wie einfach und ohne längeren Entwicklungsprozess sich eine Veränderung durch Selbst-Coaching bewerkstelligen lässt. Hier erinnert das Buch an schnelle NLP-Konzepte und einige Coachs werden sicherlich zweifeln, dass diese Veränderungen von Dauer sind, wenn man sich nicht ebenso um Stabilisierung bemüht, von der allerdings nirgendwo die Rede ist. 

Insgesamt ist dies eine gelungene, knappe Einführung zum systemischen Coaching und Sonja Radatz besitzt die Gabe, schwierige Sachverhalte klar und strukturiert darzustellen. So ist dieses Buch vor allem Einsteigern zu empfehlen. Und etwas bescheidener geschrieben, könnte das Buch sicher noch mehr Freude bereiten - allein die Danksagung zu Beginn liest sich so, als ob die Pioniere systemischen Denkens in ihren letzten Lebensjahren nichts anderes zu tun gehabt hätten, als nach Wien zu reisen, um diese Autorin noch in ihr Beratungs-Know-how einzuweihen…

Thomas Binder

systemics™ - Beratung und Training, Berlin
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