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Thomas Rückerl, Torsten Rückerl

Coaching mit NLP-Werkzeugen. Weinheim: Wiley-VCH.

Rezension von Till Mrongovius

4 Min.

NLP und Coaching werden seit Längerem von manchen Branchenvertretern als eng verzahnte Konzepte begriffen. So bieten Rückerl und Rückerl in diesem Buch eine alphabetische Sammlung von Kernkonzepten und Techniken aus dem NLP und stellen sie in den Coaching-Kontext. Coaching wird hierbei als "besonderes Beziehungsmodell" verstanden.
Das Buch ist in zwei Teile geteilt. Im ersten Teil findet der Leser - wie in vielen Büchern üblich - die Grundlagen, während der zweite Teil auf die Werkzeuge eingeht. Nach einer kurzen Begriffsbestimmung beschäftigt sich das nächste Kapitel des ersten Teils mit den nach Maßgabe der Autoren wichtigen Kompetenzen und Eigenschaften, die einen "guten" Coach ausmachen.
In den nachfolgenden Kapiteln stellen die Autoren dann einige Aussagen auf, die sich sehr von den weit verbreiteten Einstellungen in der Coaching-Welt unterscheiden. So sprechen sich die beiden Autoren ohne Vorbehalte für das Modell des Vorgesetzten als Coach aus und beeinflussungsfreies Coaching wird als "theoretisches Modell" dargestellt, demgegenüber sie die "gezielte Beeinflussung zum Vorteil des Coachees" vorziehen. Beide Thesen sind in anderen Coaching-Schulen umstritten. Der Fairness halber muss man den Autoren zugute halten, dass der "Ökocheck" - die Überprüfung der Verträglichkeit einer Veränderung - im Kapitel über Coaching-Phasen viel Raum einnimmt. Der erste Teil schließt mit einer etwas unglücklichen Analogie, die NLP mit Magie vergleicht und die etwas befremdlich in einem Buch über Business Coaching wirkt.
Im zweiten Teil des Buches werden lexikonartig ausgewählte NLP-Werkzeuge für das Coaching dargestellt. Zu jedem Instrument werden Nutzen oder Ziel und die Anwendungsfelder kurz vermerkt. Darüber hinaus stellen die Autoren die Verwendung des Werkzeugs im Coaching dar. Danach folgen eine detailliertere Abhandlung und gegebenenfalls Coaching-Übungen, bevor der Abschnitt mit Verweisen auf andere Werkzeuge und Informationen endet.
Gute, eingängige und kurze Beschreibungen der Techniken machen das Lesen und das Verständnis auch komplexer Konzepte leicht. Zwischen den Erklärungen findet der Leser in grauen Kästen praktische Hinweise zur Anwendung des besprochenen Konzeptes: Formulierungsbeispiele, Ablaufbesprechungen, Coaching-Übungen. Auch das trägt zum guten Verständnis bei. Dank der Querverweise kann man sich leicht an einem Oberthema "entlang schmökern". Die Themen reichen von NLP-Klassikern wie der "Time Line", den "Logischen Ebenen" und dem "Reframing" bis zur Besprechung von Widerstand im Coaching und einem Schlagwort zum sekundären Leidensgewinn, und sind damit durchaus vielfältig. Ein Glossar rundet das Ganze ab.
Es gibt allerdings auch Punkte, die negativ auffallen. So hätte der zweite Teil bei anderer Organisation sehr viel kürzer sein können, da viele Informationen höchst redundant besprochen werden. So gibt es alleine fünf Schlagworte, in denen das Thema "Ziele setzen" besprochen werden. Ein weiterer Punkt sind die Ratschläge, wie "ein guter Coach" nach Meinung der Autoren zu sein oder zu arbeiten hat. Sie finden sich bei fast jedem Schlagwort unter dem Abschnitt "Im Coaching". Was am Anfang noch hilfreich klingt, wirkt später bevormundend. Leider fehlen konsequent Quellenangaben und ein Schlagwort-Register mit Verweisen auf die verschiedenen Übungen sucht man vergeblich. NLP-typisch, aber störend fallen die häufigen Anglizismen auf.
Um es vorweg zu nehmen: Das Buch hat einen mittelmäßigen Eindruck hinterlassen. Nichtexistente Quellenangaben oder anerkannt theoretische Untermauerung der einzelnen Abschnitte zeigen den fehlenden wissenschaftlichen Anspruch. Erwartungsgemäß wird NLP sehr unkritisch beschrieben und Gegenindizierungen der einzelnen Interventionen fehlen fast völlig. Die permanente Belehrung, was ein "guter Coach" zu können oder zu tun habe, und die Redundanz der meisten Inhalte irritiert.
Trotzdem: Gerade deshalb bekommt man Gleiches aus unterschiedlichen Blickwinkeln und Kontexten geboten, was zu einem tieferen Verständnis führt. Komplizierte Interventionen wie die logischen Ebenen sind eingängig beschrieben, und die konkreten Ablaufbeschreibungen und Formulierungsvorschläge helfen bei der Anwendung. Als Ergänzung zu Grundlagenwerken ist das Buch gerade im zweiten Teil tauglich, dafür jedoch auch nicht billig. Als Grundlagenwerk, die alphabetische Sortierung legt das nahe, ist das Buch allerdings zu oberflächlich.

Till Mrongovius

Perspektiven.leben
dialog@perspektivenleben.de