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Gerhard Roth, Alica Ryba

Coaching, Beratung und Gehirn. Neurobiologische Grundlagen wirksamer Veränderungskonzepte.

Rezension von Björn Holtze

3 Min.

„Wie sollte Coaching (…) aussehen, um psychologisch-neurobiologischen Erkenntnissen einerseits und den Ergebnissen der Wirksamkeitsforschung andererseits genügen zu können?“ (S. 20). In der Beantwortung dieser zentralen Frage sehen Gerhard Roth und Alica Ryba eine vielversprechende Entwicklung, da sie dem Bezug zur Wissenschaft eine bedeutende Rolle für mehr Professionalität im Coaching zuschreiben.

Für ihre Ausführungen ziehen Roth und Ryba sowohl Erkenntnisse der Neurowissenschaften als auch Erkenntnisse der Wirksamkeitsforschung unterschiedlicher Beratungsformen heran. Den größten Anteil der in diesem Buch behandelten Wirksamkeitsforschung nimmt die der Psychotherapie ein, aus der Rückschlüsse zur Wirksamkeit von Coaching gezogen werden. Einen großen Gewinn bei dieser Herangehensweise bietet die Kombination des fachlichen Wissens beider Autoren. Als Professor am Institut für Hirnforschung der Universität Bremen liefert Roth Kenntnisse aus der Neurobiologie und Philosophie, während Ryba Kenntnisse aus der Psychologie und Coaching-Praxis einbringt, die sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Coach besitzt.

Anhand der Ansätze erfahrener Coaches, wie Loos, Schreyögg und Böning, definieren die Autoren zunächst den Begriff „Coaching“ und stecken dabei gleichermaßen dessen Zuständigkeitsbereich ab. Auf diese Weise schaffen sie eine Grundlage für den daran anschließenden Vergleich zwischen Coaching und Psychotherapie. Hier werden Unterschiede und Gemeinsamkeiten herausgearbeitet und Parallelen zwischen Coaching und Psychotherapie gezogen, die legitimieren, dass die Wirksamkeitsforschung der Psychotherapie im Folgenden auf das Coaching übertragen wird. Allerdings gibt es auch bei der Wirksamkeitsforschung im Allgemeinen einige Herausforderungen zu beachten, wie das Autorenduo herausstellt: Was bedeutet z.B., dass eine Therapie erfolgreich ist oder wie kann man sichergehen, dass der Erfolg einer Therapie nicht maßgeblich von Ereignissen außerhalb der Therapie bestimmt wird?

Aus diesem Grund wenden sich Roth und Ryba einem neurowissenschaftlichen Ansatz zu und belegen die Wirksamkeit von Coaching mit Erkenntnissen, die auf der bisher erforschten Funktionsweise des menschlichen Gehirns fundieren. Für diesen Ansatz werden dem Leser die grundlegenden Strukturen und Funktionen des gesamten Gehirns in einer sehr kompakten Darstellung vermittelt. Aufgrund der Komplexität des Themas fällt diese dennoch relativ umfangreich aus, wobei die Tabellen und Graphiken für das Verständnis äußerst hilfreich sind. Anhand dieser neurowissenschaftlichen Grundlagen werden im weiteren Verlauf des Buches verschiedene coaching-relevante Aspekte hinterfragt: Inwiefern sind die Persönlichkeit eines Menschen und der Mensch im Allgemeinen veränderbar? Unter welchen Bedingungen lernen Menschen etwas dazu? Kann man sich das Unbewusste bewusst machen?
Mit der Beantwortung dieser Fragen und den Erkenntnissen der Wirksamkeitsforschung stellen Roth und Ryba zum Ende des Buches ihren Coaching-Ansatz vor, der beides miteinander vereint.

Fazit:
Das Buch unternimmt den Versuch eines Brückenschlags zwischen Coaching und den Neurowissenschaften – ein richtungsweisender Ansatz, der mit dem Fortschritt in den Neurowissenschaften zunehmend an Bedeutung gewinnen wird.

Björn Holtze

bholtze95@gmail.com